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Eltern – Schule – Migrationsgesellschaft
Neuformation von rassistischen Ein- und Ausschlüssen in Zeiten neoliberaler Staatlichkeit
Ellen Kollender
Transcript
EAN: 9783837650914 (ISBN: 3-8376-5091-X)
378 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2020, 2 Farbabb., 1 SW-Abb.
EUR 29,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Das Verhältnis von Eltern und Schule ist aktuell tief greifenden Veränderungen ausgesetzt. Ellen Kollender fragt nach der Rolle, die hierbei migrationsgesellschaftlichen Differenz- und Zugehörigkeitsordnungen zukommt: Wie werden Eltern in politischen Diskursen um Migration, Integration und Bildung positioniert? Welche Zuschreibungen erfahren vor allem türkisch-arabisch-muslimisch gelabelte Eltern in der Schule ihrer Kinder? Und welche Antworten entwickeln die Eltern hierauf?
Mit Blick auf Berlin wird rekonstruiert, wie sich im Zuge des neoliberalen staatlichen Wandels rassistische Grenzziehungen verschleiern und neue Einfallstore für Diskriminierung von Eltern entstehen.
Die Dispositivanalyse liefert Schlussfolgerungen für eine diskriminierungssensible Entwicklung von Schule als öffentlichem Raum.
Ellen Kollender (Dr. phil.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich für interkulturelle und vergleichende Bildungsforschung an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg und Mercator-IPC-Fellow am Istanbul Policy Center der Sabanci University in Istanbul. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit Bildungspolitik, Schulentwicklung und pädagogischer Professionalisierung im Kontext migrationsgesellschaftlicher Differenz- und Ungleichheitsverhältnisse, Rassismustheorien, neoliberalen Transformationen in Schule und Bildungssystem sowie mit der Rolle von Zivilgesellschaft bei der Gestaltung inklusiver Bildungssysteme und -räume in Deutschland und der Türkei.
Rezension
Auf Schüler/innen wurden und werden immer auch Vorurteile seitens der Lehrkräfte und sonstigen schulischen Mitarbeiter hinsichtlich deren Eltern übertragen; hier kann sich ein verdeckter Rassismus entfalten vor allem im Hinblick auf Eltern mit Migrationshintergrund. Das untersucht diese Studie am Beispiel der Migrationsgesellschaft in Berlin, wo einem Drittel der Berliner/innen ein sog. Migrationshintergrund statistisch zugewiesen wird, vor allem in den Stadtteile Kreuzberg und Neukölln. Insbesondere fragt die Studie: Welche Zuschreibungen erfahren vor allem türkisch-arabisch-muslimisch gelabelte Eltern in der Schule ihrer Kinder? Und welche Antworten entwickeln die Eltern hierauf? Schulen sind zentrale Orte, an denen Kämpfe um gesellschaftliche Zugehörigkeit allgemein sowie speziell um Zugangsrechte zum Bildungssystem und um privilegierte Positionen in diesem ausgetragen werden. Diese Studie sucht die Hintergründe und Herstellungsweisen von migrationsgesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnissen und Zuschreibungsprozessen zu ergründen. Sie fragt insbesondere, welche Rolle die hier beschriebenen Dynamiken im Verhältnis von Schule und den Eltern von Schüler/innen spielen. Das Buch geht subtilen Ausschlüssen von Eltern und ihren Kindern in Schule und Migrationsgesellschaft auf den Grund.
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Dank 9
1. Einleitung: Familien und Schulen im Zentrum migrationsgesellschaftlicher Grenzproduktionen 11
TEIL I: THEORETISCHE UND METHOD(OLOG)ISCHE ZUGRIFFE
2. Konstruktionen der_des Anderen im Kontext von Rassismus und Neoliberalismus 25
2.1 Rassismus als flexible Strukturierungslogik migrationsgesellschaftlicher Verhältnisse 28
2.1.1 Othering und machtvolle Verschränkungen von Differenzkonstruktionen 28
2.1.2 Kontinuitäten und Wandelbarkeiten von Rassismus 34
2.1.3 Verhandlung von (rassistischer) Diskriminierung im Post-PISA-Diskurs 38
2.2 Neoliberalismus als (migrations-)gesellschaftliche Vernunft 46
2.2.1 Neoliberale Konfigurationen von Staat und Subjekt 46
2.2.2 Neoliberale Regierensweisen im Rahmen von Bildungs-, Integrations- und Stadtentwicklungspolitik 54
2.3 Figurationen von Rassismus und Neoliberalismus im Feld von Schule und Elternhaus – Implikationen für die Analyse 66
3. Dispositive als Produzenten und Stabilisatoren migrationsgesellschaftlicher Grenzen 71
3.1 Strategische Formationen von Macht und Wissen 71
3.2 Subjektivationsprozesse von Eltern und Pädagog_innen, oder: Zu den (Un)Möglichkeiten von Widerstand im Dispositiv 77
4. Analyse dispositiver Verknüpfungen. Von politischen Diskursen, schulischpädagogischen
Wissensbeständen und elterlichen Subjektivationen 85
4.1 Dispositivanalyse als Bricolage 85
4.2 Analysekorpus 89
4.2.1 Politische, behördliche und rechtliche Dokumente 89
4.2.2 Interviewtexte aus qualitativen leitfadengestützten Interviews mit Pädagog_innen, Eltern und (Eltern-)Vereinen 91
4.3 Interviewform(en) und -durchführung 94
4.4 Der Datenauswertungsprozess hin zur Analyse dispositiver MachtWissens-Formationen 97
TEIL II: ANALYSE
5. Verhandlung von Pluralität, Differenz und Elternschaft im Migrationsdispositiv 109
5.1 Der politische Diskurs um ›migrationsbedingte Heterogenität‹ im Berliner Schulsystem und darin stattfindende Konstruktionen von Eltern als… 111
5.1.1 »Ausländische Arbeitnehmer« 111
5.1.2 »Eltern nicht-deutscher Herkunft« 114
5.1.3 »Eltern mit Migrationshintergrund« 118
5.1.4 »Muslimische Eltern (mit Migrationshintergrund)« 124
5.1.5 »Flüchtlingseltern« 128
5.1.6 Zusammenfassende Analyse 133
5.2 »Das ist eine ganz andere Bildungswelt« – Positionierungen von Eltern als ›migrantische und muslimische Andere‹ in Berliner Schulen 136
5.2.1 Othering von Eltern im schulischen Sprechen und Handeln 140
5.2.2 Latente schulische Ausschlüsse von migrantisierten Eltern 152
5.2.3 De-Thematisierung von Rassismus und Diskriminierung 156
5.2.4 Kritische Reflexionen dominanter Wissensbestände 159
5.2.5 Zusammenfassende Analyse 162
5.3 »Dann ist man wieder die mit dem Migrationshintergrund« – Subjektivationsprozesse von Berliner Eltern und Vereinen 165
5.3.1 Identifikationen mit kulturalistischen Fremdzuschreibungen 165
5.3.2 Kritische Reflexionen und Handlungsstrategien 171
5.3.3 Zusammenfassende Analyse 189
5.4 Zwischenfazit: Zur Rolle von Rassismus bei der Verhandlung von Elternschaft im Migrationsdispositiv 192
6. Zwischen Integrationsförderung und -forderung. Verhandlung von Elternschaft im
Integrationsdispositiv 197
6.1 Eltern im Fokus neo-assimilationistischer Integrationspolitik 198
6.1.1 Einseitige Integrationsanforderungen an Eltern 198
6.1.2 Eltern als (ethnisierte) ›Unternehmer_innen ihrer selbst‹ 207
6.1.3 ›Migrant_innenorganisationen‹ als ›Förderer elterlicher Selbsthilfe‹ 216
6.2 Individualisierende Perspektiven auf die ›Integration‹ von Eltern und Schüler_innen in Berliner Schulen 218
6.2.1 Fehlende Deutschkenntnisse als ›mangelnde Integrationsleistung‹ von Eltern 218
6.2.2 Responsibilisierung von ›arbeitslosen Eltern (mit Migrationshintergrund)‹ 222
6.3 Ambivalente Subjektivationen von Eltern im Spiegel des Integrationsund Aktivitätsprimats 226
6.3.1 Kritik an schulischen Sprachpolitiken und Integrationsimperativen 226
6.3.2 »Ich zeige den Finger selbst auf mich«: Selbstpositionierung als ›aktive‹ und ›verantwortliche‹ Eltern 228
6.3.3 ›Migrant_innenorganisationen‹ als Träger von ›welfare-to-work‹-Maßnahmen 231
6.3.4 »Kiezväter« zwischen Anerkennung und Aktivierung 235
6.4 Zusammenfassende Analyse 239
Exkurs I: »Und da sind ganz viele Ängste in der Schule«:
Die Konstruktion von ›Zuwandererfamilien‹ als Sicherheitsrisiko 244
7. Neue Ein- und Ausschlüsse von Eltern im Bildungsdispositiv 257
7.1 Diskursive (Neu-)Konfiguration des Verhältnisses von Eltern und Schule im Kontext neoliberaler Bildungsreformen 258
7.1.1 Eltern und Schulen im Zentrum neuer bildungspolitischer Steuerungstechniken 258
7.1.2 Verhandlung von »herkunftsbedingten Disparitäten« im Berliner Post-PISA-Diskurs 264
7.2 Dominante Wissensbestände über ›bildungsferne Familien (mit Migrationshintergrund)‹ in Berliner Schulen 268
7.2.1 Individualisierung von Schulmisserfolg über die Kategorie der elterlichen ›Bildungsferne‹ 268
7.2.2 Schulische Performanzsteigerung als Legitimation für Diskriminierung 274
7.3 Elterliche Subjektivationen zwischen Leistungsdruck und Diskriminierungskritik 278
7.3.1 Kritische Reflexionen des schulischen Leistungsprinzips 279
7.3.2 Selbsverständnisse von ›Migrant_innenorganisationen‹ als ›Helfer_innen zur Selbsthilfe‹ 282
7.4 Zusammenfassende Analyse 285
Exkurs II: »Die Gentrifizierung hat sich hier sehr wohl ausgewirkt.«
Schulische Ein- und Ausschlüsse vor dem Hintergrund neoliberaler Stadtentwicklung 288
TEIL III: ABSCHLIESSENDE BETRACHTUNGEN
8. Eltern – Schule – Migrationsgesellschaft. Neuformation von rassistischen Ein- und Ausschlüssen in Zeiten neoliberaler Staatlichkeit 303
8.1 Fünf Hypothesen zu Formationen eines neoliberalen Rassismus am Schnittfeld von Schule und Migrationsgesellschaft 305
8.2 Implikationen für eine rassismuskritische Schulentwicklung 322
Literaturverzeichnis 327
Dokumentenverzeichnis 357
Abkürzungsverzeichnis 371
Transkriptionsnotation 375
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