Liebe Leserin, lieber Leser,
Gleichnisse im Religionsunterricht - sicherlich kein ungewöhnliches Thema; aber gerade deshalb darauf angewiesen, dass von Zeit zu Zeit einmal neue Möglichkeiten der Bearbeitung im Unterricht in den Blick genommen werden.
Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. In der Gleichnistheorie ist vieles in Bewegung geraten, enge Grenzen des Verständnisses haben sich geöffnet. Gleichnisse erscheinen als »offene Kunstwerke«, darauf angelegt, sich mit Erfahrungspotenzial und Vorstellungskraft der Leserin, des Lesers kreativ zu verweben. Übrigens in vielfältiger Weise auch bei Kindern, wie Gudrun Neebe im einführenden Beitrag zeigt, der zugleich eine kleine aktuelle Literaturübersicht zum Thema bietet.
Petra Hilger geht im Medienbeitrag »Gleichnisse und Bilder« von eindrucksvollen Linolschnitten der Künstlerin Ingrid Arnscheidt aus. Die Bildhaftigkeit der Gleichnistexte wird aufgenommen und durch Linolschnitte spezifisch »verdichtet« bzw. akzentuiert. In der Bearbeitung zeigt sie, wie vielfältig die Möglichkeiten sind, Bilder und Texte im Unterricht wirken zu lassen.
In »Verlorengehen und Wiedergefunden werden« zeigt Ulrike Havers-Dietrich, wie durch die Methode der »Jeux Dramatiques« die Erfahrungen, die im Gleichnis vom verlorenen Schaf schlummern, ans Licht gebracht und von den Kindern selbst gemacht werden können.
Im Beitrag »Das Reich Gottes ist wie ...« entwickelt Bernhard Böttge einen mehrperspektivischen Zugang zu Gleichnissen im Gesamt-Zusammenhang der Bibel als der »großen Erzählung von Gott, Welt und den Menschen«. Unter der Perspektive, dass die Rede von Gott oder vom Reich Gottes nie anders als gleichnishaft, metaphorisch sein kann, wird deutlich, wie das Sichtbare, anscheinend Alltägliche zum Zeichen für Nichtsichtbares, für Transzendenz werden kann.
Christian Marker bearbeitet die Parabel »Vom verlorenen Sohn« im Spiegel von drei Kinderbibeln - aber nicht, wie zu erwarten wäre, für Grundschulkinder, sondern für Jugendliche der Sek I oder sogar Sek II, die die Aufgabe haben, für ihre kleine Kusine die beste Kinderbibel herauszufinden. In drei erzählerisch ausgeweiteten Varianten wird der Text angeboten. Die Schüler/innen haben die Aufgabe, diese Erzählungen und ihre Kombination mit den Bildern zu analysieren. Ganz nebenbei gewinnen sie dadurch nicht nur eine geeignete Kinderbibel für ihre Kusine, sondern auch einen vertieften Einblick in die Parabel selbst.
Wir hoffen, dass die Beiträge im Heft auch für Sie manchen vertieften und überraschenden Einblick in die unerschöpfliche Welt der Gleichnisse Jesu eröffnen.
Bernhard Böttge
Inhaltsverzeichnis
zum thema
Gudrun Neebe
(Wie) Können Grundschulkinder Gleichnisse verstehen?
medienbeitrag
Petra Hilger
Gleichnisse und Bilder
Eine Kombination von Text- und Bildarbeit mit Linolschnitten (Sek I) 5
werkstatt schule
Ulrike Havers-Dietrich
»Verloren gehen und wiedergefunden werden«
Mit »Jeux Dramatiques« das Gleichnis vom verlorenen Schaf (Lk 15, 4-6) erlebbar gestalten 10
unterrichtsentwurf
Bernhard Böttge
»Das Reich Gottes ist wie ...«
Mehrperspektivische Arbeit mit Gleichnissen im RU (Sek I/II) im biblischen Zusammenhang 16
Christian Marker
»Ein Vater hatte zwei Söhne ...«
Die »Parabel von den beiden Söhnen« (Lk 15,11-32)
im Spiegel ausgewählter Kinderbibeln Sek I/II 31
materialien 40