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Zwischen Affirmation und Verweigerung Bertolt Brecht und die Revolution
Zwischen Affirmation und Verweigerung
Bertolt Brecht und die Revolution




Juergen Hillesheim

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826067518 (ISBN: 3-8260-6751-7)
318 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, 2019

EUR 44,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Zum hundertsten Mal jährten sich die Ereignisse, die 1918/1919 fast zu einem politischen Umsturz geführt hätten. Eine deutsche bzw. bayerische Räterepublik sollte konstituiert werden. Trommeln in der Nacht, Brechts Drama der Revolutionsverweigerung, wurde angeregt durch die Vorgänge in Berlin und München. Später, im April 1919, befand er sich in Augsburg mitten im Geschehen. Durchaus interessiert an den Ereignissen war der junge Autor, aber auch distanziert. Diese erste Begegnung mit dem Kommunismus bestimmte Brechts Sicht der Revolution und die Vorbehalte ihr gegenüber. Das erweisen Werke wie der Gesang des Soldaten der Roten Armee, das Lehrstück Die Maßnahme und die Buckower Elegien. Brecht entwickelte „aus seiner Wahrnehmung des Ersten Weltkriegs und des Elends, das dieser brachte, ein Verständnis der Revolution als Fortsetzung des Krieges und des Leids unter anderer ideologischer, nun roter Flagge. [...] Immun gegenüber der Revolution blieb er, trotz aller Lippenbekenntnisse, bis zu seiner Zeit in der DDR." (Jürgen Hillesheim, FAZ, 17.11.2918)

Dr. Jürgen Hillesheim, Leiter der Brecht-Forschungsstätte Augsburg, Professor der Universität Augsburg, Professor h.c. der Staatlichen Iwan-Franko- Universität Zhytomyr (UA). Gilt weltweit als einer der ausgewiesensten Brecht-Forscher.
Rezension
"Brecht – Werk und Kontext" ist eine Schriftenreihe der Brecht-Forschungsstätte Augsburg, deren Band 8 sich dem Thema zuwendet: Zwischen Affirmation und Verweigerung - Bertolt Brecht und die Revolution. Brecht hatte zeitlebens ein durchgängig ambivalentes Verhältnis zur Revolution. - Für alle Brecht-Liebhaber und solche, die im Unterricht Werke Brechts behandeln, sei auf diese Reihe "Brecht – Werk und Kontext" hingewiesen: eine Schriftenreihe der Brecht-Forschungsstätte Augsburg, die Ende 2016 ihr 25-jähriges Bestehen feiern konnte. Bert Brecht (1898 Augsburg - 1956 Berlin), Begründer des Epischen Theaters, eines analytischen Theaters, das den Zuschauer zum distanzierten Nachdenken und Hinterfragen anregt, zählt unbestritten zu den schaffensreichsten deutschen Dramatikern und Lyrikern des 20. Jhdts. und gehört im schulischen Unterricht zum regelmäßigen Lektüre-Kanon.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
1 Die Räterepublik als deutsche und bayerische Episode 11
2 Der Beginn einer Schriftstellerkarriere: Brecht im Ersten Weltkrieg 16
3 Brecht rechtfertigt sich 24
4 Ein Wanderer zwischen den Welten des Ersten Weltkriegs und der Räterepublik: Die Legende vom toten Soldaten 28
4.1 Grotesker Missbrauch 28
4.2 Der „tote Soldat" ist Caspar Neher 31
4.3 Caspar Neher zurück in Augsburg: Die Räterevolution im Spiegel seiner Tagebuchaufzeichnungen 34
5 „Ich vergesse meine Anschauungen immer wieder" oder Von der Tugend, „Abstand zu halten" 37
6 Brecht unter Revolutionären und jenseits von ihnen 42
7 Privates oder: Die Selbststilisierung zum großen Revolutionär 46
8 Brecht als Mitarbeiter der USPD-Zeitung Volkswille 50
9 Ein Stiefbruder Andreas Kraglers: Baal 53
10 „die Welt ist zu alt für die bessere Zeit ..." Trommeln in der Nacht 55
10.1 Ein erfolgloser Giftmischer mit Augsburger Hintergrund 55
10.2 Gute Bürger 58
10.3 Antirevolutionäres Episches Theater 60
10.4 „Ewige Wiederkunft" versus Revolutionsutopie 61
10.5 „Und als der Krieg im fünften Lenz..." Die Legende vom toten Soldaten klärt auf über die Räterevolution 62
10.6 Kraglers „Kind" 67
11 Toller-Kontradiktion: Von expressionistischer Revolutionsverkündigung zu Kraglers Abgeklärtheit 71
12 Beharrliche Warnungen oder Antirevolutionäre Konstanten in der Hauspostillen-Lyrik 74
12.1 „Die Freiheit, Kinder, die kam nie..." Gesang des Soldaten der Roten Armee 74
12.2 „Und das Wasser fraß auf, die drin waten ..." Die Ballade von dem Soldaten 79
12.3 „Aber Blut ist immer noch rot... Lied der drei Soldaten 93
12.4 „Da kam einmal ein großer roter Bär einher ..." Liturgie vom Hauch 96
13 Philosophisches, literarisches und musikalisches Rüstzeug der Verweigerung: Friedrich Nietzsche, Arthur Schopenhauer, Georg Büchner und Wilhelm Müller/Franz Schubert 103
13.1 Die Nietzsche-Rezeption Brechts — Immoralismus, „ewige Wiederkunft des Gleichen", Episches Theater 103
13.2 Schopenhauer als Korrektiv des Vitalismus Nietzsches 113
13.3 Büchners Fatalismus als Potenzierung des Schopenhauerschen Pessimismus 118
13.4 Pessimistisch-fatalistische Romantik: Wilhelm Müllers und Franz Schuberts Winterreise 132
14 Brecht folgt Kragler und wird „Städtebewohner": Morgendliche Rede an den Baum Green, Aus dem
Lesebuch für Städtebewohner, Die Dreigroschenoper 141
15 Fatzer und „drei" weitere „Soldaten" 156
15.1 Fatzers Weg ins Nichts 156
15.2 Der Rote Platz als Richtstätte — Das Kinderbuch Die drei Soldaten 166
16 Verwertung aus der Ferne: Brecht und Piscator, Korsch und Sternberg 173
16.1 Piscators hat „Minderwertigkeitsgefühle" — Brecht ist schuld 173
16.2 Von Korschs „geistiger Aktion" zu Brechts Epischem Theater 181
16.3 Noch ein verärgerter Großmeister des Marxismus: Fritz Sternberg 188
17 Brecht scheint Kragler in den Rücken zu fallen 192
18 „Dann erschossen wir ihn und / Warfen ihn hinab in die Kalkgrube ..." Revolutionärer Barbarismus in der Maßnahme 195
18.1 Die Passion des jungen Genossen 195
18.2 Ein Individuum wird absorbiert 199
18.3 Autobiografisches? 201
18.4 „Erst kommt das Fressen ..." — auch bei den Revolutionären 202
19 Brecht bleibt ein Kommunist auf Abwegen 204
19.1 Brechts „Tarnkappe" 204
19.2 Lieder, Gedichte, Chöre — wirklich nichts als kommunistische Kampflieder? 206
19.2.1 Der „tote Soldat" ersteht aufs Neue 206
19.2.2 „Sein Gesicht war lebendig wie unseres ..." Die Gedichte vom unbekannten Soldaten unter dem Thriumphbogen 210
19.2.3 Die Winterreise und Dantons Tod in Lieder, Gedichte, Chöre 218
19.2.4 „Als er zur Wand ging, um erschossen zu werden ..." Bericht über den Tod eines Genossen 224
19.3 Metamorphose der „Masse", Metamorphose des Krieges? Einheitsfrontlied und Lied gegen den Krieg 228
19.4 Betroffenheit, Trauer — und wieder Lavieren: Der Fall Sergej Tretjakow 235
19.5 Brechts „rot-braunes" Mailied 237
19.6 Keinerlei Berührungsängste: Brechts „entspanntes" Verhältnis zu NS-Belasteten 239
19.7 Stalin prügelt die Musen 241
19.8 Im Kerker des Blumengartens 243
19.9 Resignation 248
20 Die erste Inszenierung von Trommeln in der Nacht in Westdeutschland 250
21 Grass über Brecht: „Die Plebejer proben den Aufstand" — der „Chef" bleibt derweil auf der Probebühne 252
22 Marxistisch-leninistische Literaturgeschichtsklitterung 255
23 Resümee 259

Anhang 1:
Rezensionen zur Aufführung von Trommeln in der Nacht
1922 in München und Augsburg in der Augsburger Presse. 270
München-Augsburger Abendzeitung 1. Oktober 1922 272
Augsburger Neueste Nachrichten, 15. Dezember 1922 274
Augsburger Anzeiger, 15. Dezember 1922 276
Augsburger Postzeitung, 17. Dezember 1922 278
Schwäbische Volkszeitung, 19. Dezember 1922 280

Anhang 2:
Interview mit Manfred Raymund Richter, dem Regisseur der ersten Inszenierung von Trommeln in der Nacht in der Bundesrepublik Deutschland 282

Literatur 293
Quellen 293
Brecht 293
Andere 293
Sekundärliteratur 294