Körper, Seele, Leib
Ein Dreiklang, der es in sich hat. Es geht ums Ganze. Um den Menschen und das, was wir Leben nennen, um unsere Identität als geistig-geistliches Wesen, das ausgespannt ist zwischen Himmel und Erde. Nur wenig geringer als Gott (Ps 8,6) und doch so verwundbar, endlich und vom Tode bedroht. Das zugegebenermaßen irritierende Portrait des hl. Bartholomäus auf der Titelseite (vgl. auch S. 5) bringt diese Ambivalenz des Menschseins zum Ausdruck. Unser Körper ist nicht alles, aber ohne unseren Körper ist alles nichts. Er ist die Basis unserer Leiblichkeit, die für die Ganzheitlichkeit des von Gott geschenkten Lebens steht. Unser Leib schenkt uns Leben. Er ist der Herd unserer Empfänglichkeit, ermöglicht uns einen vorbegrifflichen Weltzugang und ist die natürliche Voraussetzung, mit anderen Menschen in Beziehung zu treten. Der Leib besitzt somit eine personalrelationale Dimension. Zugleich ist er das universale Medium der Gottesbeziehung. „Das Fleisch ist der Angelpunkt des Heils“, wie Tertullian sagt. Im Menschen Jesus, in seinem Fleisch, ist uns Gott leibhaftig erschienen und hat uns ermöglicht, Kinder Gottes zu werden. Offenbarung im Fleisch. Die bildliche Darstellung von Körperlichkeit – in ihrer Schönheit wie in ihrem Geschundensein – stellte für das Christentum nie ein Problem dar, da Gott unser Fleisch durch seine Inkarnation geheiligt hat. An Weihnachten feiern wir diesen revolutionären Medienwechsel. Neben die Tafel aus Stein treten die „Tafeln aus Fleisch“. Gott kommt in Jesus Christus zu uns und lädt uns ein, uns verwandeln zu lassen, damit wir an seinem göttlichen Leben teilhaben und zum Leib Christi werden: „Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, ausgefertigt durch unseren Dienst, geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch.“ (2 Kor 3,3) Hier liegt das Geheimnis von Weihnachten, das in uns Wirklichkeit werden will.
Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und ein gesegnetes Neues Jahr.
Martin W. Ramb
Inhaltsverzeichnis
PERSPEKTIVEN
Gotthard Fuchs
Das ist mein Leib
Thomas Schumacher
Das Christentum - eine leibfeindliche Religion?
Eckhard Nordhofen
Die Einverleibung des Singulars
Holger Zaborowski
Leiblichkeit als Gabe
Charlotte Uzarewicz
Kranken-Pflege als ästhetische Arbeit
Ulrich R. Kleinhempel
Von Gottes- und Menschenbildern
Paul Platzbecker
Körperkult als verkappte Leibfeindlichkeit
PRAXIS
Ute Lonny-Platzbecker / Paul Platzbecker
Leiblich leben lernen
Ulrich Riegel / Michael Fricke
Effekte leiblichen Lernens
Elisabeth Buck
Paulus im Bewegten Religionsunterricht
Andreas Thelen-Eiselen
Totentanz - der Tod als großer Gleichmacher
Barbara Weyandt
"Es ist ein uraltes Bedürfnis den Tod zu personifizieren"
Clara Elisabeth Vasseur
Die leibliche Bibel
KULTUR
Thomas Menges
Ist das der Leib, Herr Jesu Christ ...
Matthias Cameran
Flesh Love Returns
Hubertus Holschbach
Ghost in the Shell
Karl Heinz König
Spagat zwischen figuraler und abstrakter Kunst
FORUM
Interviewreihe
Körper, Seele, Leib
Ulrike Barthelmess / Ulrich Furbach
Körper, Geist und Künstliche Intelligenz
Michael Hochschild
Aktivierung der Biomasse
Bischof Dr. Georg Bätzing
Demütiger Glaube oder ungläubiger Trotz?
Friederike Lanz
Von Gott, dem Urknall und den Simpsons
Christof May
"Wie geht's?" - "Läuft...!"
Martin Liepach
Frankfurter Judengasse
Anregungen
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