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Bildungsstandards in der Grundschule Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten aus der Sicht von deutschen und finnischen Lehrkräften
Bildungsstandards in der Grundschule
Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten aus der Sicht von deutschen und finnischen Lehrkräften




Annette Frühwacht

Verlag Julius Klinkhardt
EAN: 9783781518766 (ISBN: 3-7815-1876-0)
270 Seiten, paperback, 17 x 24cm, 2012

EUR 32,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten werden von Seiten der Bildungspolitik als Garant für Qualitätssicherung und -entwicklung gesehen. Diese neue Form curricularer Steuerung stellt besondere Ansprüche und Herausforderungen an die Lehrkräfte vor Ort, die mit der Ausführung der Standard-basierten Reform betraut sind.

Die vorliegende Arbeit rückt die Umgangsweise und das Verständnis von Bildungsstandards aus Sicht von Grundschullehrkräften in den Mittelpunkt und stellt in Form von Lehrerinterviews Nutzungsweisen und Verständnisweisen der Lehrkräfte vor.

Kontrastiert wird dies in einem internationalen Vergleich mit Finnland, wo ebenfalls Lehrkräfte zu deren Verständnis der nationalen zentralen curricularen Steuerung befragt wurden. Ausgehend davon werden Handlungsempfehlungen für den deutschen Kontext gegeben.

Das Werk kann Lehrern und schulischen Entscheidungsträgern interessante Impulse zum Umgang mit Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten liefern.
Rezension
Getragen von der Hoffnung auf eine Verbesserung und Homogenisierung der Leistungen deutscher Schüler besonders in den Fächern Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften und Fremdsprachen durch Steigerung der Unterrichtsqualität versucht die Bildungsadministration mit Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten seit PISA 2002 die Qualität schulischer Lehre zu steigern und zu sichern. Wie aber wird diese neue Form curricularer Steuerung von den Lehrkräften selbst angenommen und umgesetzt? Das ist die Forschungsfage dieser Studie, die dazu deutsche Grundschullehrkräfte befragt und mit entsprechenden Befragungen finnischer Lehrkräfte in Beziehung setzt. Aus den Ergebnissen läßt sich eine Optimierung für den Einsatz von Bildungsstandards und Vergleichsarbeiten als curriculare Steuerung zur Qualitätssicherung in der Schule ableiten.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de

Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis 8
Vorwort 9
Danksagung 10

Zusammenfassung 11

1 Einleitung 13

1.1 Aufbau der Arbeit 14
1.2 Begriffliche Anmerkungen 15
1.3 Gesellschaftlicher Kontext der standardbasierten Reform 15
1.4 Forschungsgegenstand 16
1.4.1 Bildungsstandards 16
1.4.2 Vergleichsarbeiten 23
1.4.3 Curriculare Innovationen und deren Implementation 26
1.4.4 Lehrer 27

2 Theoretische Überlegungen 29

2.1 Stand der Forschung 29
2.1.1 Lehrplanwirksamkeitsforschung 29
2.1.2 Forschung zur Implementation der Bildungsstandards 32
2.1.3 Forschung zu standardisierten Leistungsvergleichen 37
2.2 Theoretische Grundlagen 39
2.2.1 Theorie des Lehrplans 39
2.2.2 Unterrichtsentwicklungsmodell 45
2.2.3 Stages of Concern 47
2.3 Länderberichte 49
2.3.1 Bayern 49
2.3.2 Finnland 54
2.3.3 Theoretische Analyse des Ländervergleichs 58

3 Forschungsdesiderata und Fragestellung 61

3.1 Zusammenfassung der Befundlage und Desiderata 61
3.1.1 Lehrplanwirksamkeitsforschung 61
3.1.2 Forschung zur Implementation der Bildungsstandards 62
3.1.3 Forschung zu standardisierten Leistungsvergleichen 63
3.1.4 Synopse des Forschungsstands und Forschungsdesiderata des Forschungsfelds 65
3.2 Entwicklung von Fragestellungen 67
3.2.1 Die Fragestellungen im Überblick 68
3.2.2 Rezeption und Nutzung von Bildungsstandards durch Grundschullehrkräfte 70
3.2.3 Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeiten durch Grundschullehrkräfte 72
3.2.4 Einfluss von länderspezifischen Regelungskontexten auf das Rezeptionsverhalten von Lehrkräften 74
3.2.5 Einfluss von Reformelementen der standardbasierten Reform auf die professionelle Reflexion 75

4 Methode 77

4.1 Vorgehensweise und Sample 77
4.1.1 Forschungsdesign 77
4.1.2 Fallauswahl 78
4.1.3 Kurzporträts 82
4.2 Datenerhebung 89
4.2.1 Zeitpunkt 89
4.2.2 Instrumente 89
4.2.3 Vorbereitung auf die Interviewdurchführung 91
4.2.4 Besonderheiten der Interviews 92
4.3 Datenaufbereitung 93
4.4 Auswertungsmethode 93
4.4.1 Besonderheiten des Ländervergleichs 95
4.5 Gütekriterien 97
4.5.1 Objektivität 97
4.5.2 Reliabilität 100
4.5.3 Nähe zum Gegenstand 101
4.5.4 Validität 102

5 Ergebnisse der Interviewstudie 109

5.1 Rezeption und Nutzung von Bildungsstandards 109
5.1.1 Wahrgenommene Implementation 109
5.1.2 Konzeption 113
5.1.3 Unterricht 116
5.1.4 Zusammenfassung 118
5.2 Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeiten 119
5.2.1 Konzeptionelles Verständnis 120
5.2.2 Durchführung 120
5.2.3 VERA als Element der Elternberatung 121
5.2.4 Testdesign/Aufgaben 125
5.2.5 Kritik am Testdesign 127
5.2.6 Umgang mit den Ergebnissen von VERA 133
5.2.7 Diagnostik 137
5.2.8 Zusammenfassung 140
5.3 Einfluss von länderspezifischen Regelungskontexten auf das Rezeptionsverhalten von Lehrkräften 142
5.3.1 Wahrgenommener Implementationsweg 142
5.3.2 Konzeptionelles Verständnis 150
5.3.3 Nutzung der Bildungsstandards 160
5.3.4 Zusammenfassung des Ländervergleichs 167
5.4 Unterschiedlicher Einfluss von Reformelementen auf die Unterrichtsentwicklung von Lehrkräften 169
5.4.1 Veränderungen vor VERA 169
5.4.2 Veränderungen nach VERA 171
5.4.3 Zusammenfassung 174

6 Theoretische Perspektiven auf die Ergebnisse 176

6.1 Rezeption und Nutzung von Bildungsstandards 176
6.1.1 Theorie des Lehrplans 176
6.1.2 Unterrichtsentwicklungsmodell 181
6.2 Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeiten 185
6.2.1 Stages of Concern 185
6.2.2 Unterrichtsentwicklungsmodell 190
6.3 Einfluss von länderspezifischen Regelungskontexten auf die professionelle Reflexion von Lehrkräften 198
6.4 Testdurchführung als einflussreiches Reformelement auf die professionelle Reflexion 202

7 Diskussion der empirischen Ergebnisse 204

7.1 Zusammenfassung und Interpretation der Befunde 204
7.1.1 Rezeption und Nutzung von Bildungsstandards 204
7.1.2 Rezeption und Nutzung von Vergleichsarbeiten 205
7.1.3 Einfluss von unterschiedlichen Regelungskontexten auf das Rezeptionsverhalten von Lehrkräften 207
7.1.4 Testdurchführung als einflussreiches Reformelement auf die professionelle Reflexion 208
7.2 Limitationen der Studie 209
7.3 Die Empirie und die Legitimationsproblematik der Bildungsstandards 210
7.4 Wie Innovationen von Lehrern aufgenommen werden 213
7.5 Anschlussfähigkeit an andere Studien 215
7.6 Handlungsempfehlungen für curriculare Innovationen 216

8 Ausblick 218

Literaturverzeichnis 221
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis 230
Anlagen 231



Vorwort
Die 2002 von der KMK beschlossene Einführung nationaler Bildungsstandards zunächst
für die PISA-relevanten Fächer gehört zweifellos zu den gravierendsten und folgenreichsten
Entscheidungen der jüngeren deutschen Schulgeschichte. Denn sie bedeutet in
zweierlei Hinsicht einen Paradigmenwechsel in der staatlichen Steuerungspolitik von
Schule: zum einen durch die Ablösung der traditionellen sogenannten Inputsteuerung
durch eine verstärkte Outputsteuerung; zum anderen durch die Zentralisierung wichtiger
curricularer Entscheidungsbefugnisse von der Länder- auf die Bundesebene. Begründet
wird dieser Paradigmenwechsel mit der Hoffnung auf eine Verbesserung und Homogenisierung
der Leistungen deutscher Schüler besonders in den Fächern Deutsch, Mathematik,
Naturwissenschaften und Fremdsprachen durch Steigerung der Unterrichtsqualität.
Ob diese Hoffnung berechtigt ist, lässt sich derzeit noch nicht definitiv abschätzen. Dass
dieser Paradigmenwechsel gravierende Auswirkungen auf den Unterrichtsalltag deutscher
Schulen hat und zunehmend haben wird, steht aber außer Frage. Allerdings haben
die bisherigen wissenschaftlichen Aussagen darüber noch weitgehend hypothetischen
Charakter. Empirisch abgesicherte Ergebnisse sind noch rar. Das betrifft insbesondere
die Frage nach der konkreten Rezeption und Nutzung von Bildungsstandards und der
damit verbundenen Vergleichsarbeiten durch die Lehrkräfte.
Die vorliegende Studie von Annette Frühwacht trägt dazu bei, diese Forschungslücke zu
schließen indem sie auf qualitativ-explorativem Wege aufschlussreiche Einblicke in das
Rezeptions- und Nutzungsverhalten der Lehrer bezüglich der Bildungsstandards und
Vergleichsarbeiten eröffnet. Sie beschränkt sich dabei zunächst auf den Bereich der
Grundschule und auf Bayern, erweitert das Forschungsfeld aber durch einen äußerst
instruktiven Ländervergleich mit dem „PISA-Sieger“ Finnland, um den Einfluss länderspezifischer
Regelungskontexte zu ermitteln.
Dabei zeigt sich, dass aufgrund der unterschiedlichen Regelungskontexte in Finnland
alle intendierten Funktionen der nationalen Bildungsstandards erfüllt werden, während
sich in Bayern diese Funktionen nur partiell entfalten können. Vor allem die in Deutschland
mit den Bildungsstandards verbundenen Steuerungs- und Orientierungsabsichten
für den Unterricht sowie die daran geknüpften didaktisch-methodischen Innovationserwartungen
scheinen sich nicht zu erfüllen. Allenfalls durch die im Zusammenhang mit
den Bildungsstandards durchgeführten Vergleichsarbeiten wie z.B. VERA üben Bildungsstandards
einen indirekten Einfluss auf den Unterricht aus.
Dieser zentrale Befund der vorliegenden Studie ist nicht nur lehrplantheoretisch höchst
interessant, sondern kann auch hilfreiche Anregungen für die Bildungspolitik geben.
Deshalb ist der Arbeit von Frau Frühwacht eine weite Verbreitung zu wünschen.

Würzburg im Juli 2012, Prof. Dr. Walter Müller