Liebe Leserin, lieber Leser
Zuhause hängen kaum Fotografien, die mich an die Vergangenheit erinnern. Ebenso wenig hängt an prominenter Stelle ein dreijähriger Familienplaner mit Terminen für alle im Haus einschliesslich Hund. Und trotzdem sind die Vergangenheit präsent und die überschaubare Zukunft einigermassen im Blick. Dieser Tage begegnete mir eine Frau mit einem 10-Jahres-Planer, mit Einträgen bis 2018. Zugegeben, diese Zukunft habe ich nicht im Blick, und ich nehme an, viele Leserinnen und Leser auch nicht. Erstaunlich, denn «Zukunft» ist sowohl das Schicksal der Welt (Schöpfung) als auch die Kernaussage christlichen Glaubens.
Für die Zukunft kann man ein Dreifaches annehmen: Sie kann besser sein als die Gegenwart (Utopie oder Eutopie), schlechter als die Gegenwart (Dystopie), oder es bleibt, wie es ist, welche Zukunft man erwartet, ist bedeutsam für das Leben in der Gegenwart: Eine Haltung der Zukunftshoffnung lässt Anfänge zu und Unfertiges, spornt an zu mutigem Handeln, lässt sich von Idealen locken, findet Sinn im eigenen Leben und in dem anderer, hinterfragt Unrecht und sucht einen Weg aus Schuldverstricktheit; sie kann aber auch allzu grosse Sorglosigkeit begünstigen und zu Leichtsinn verführen.
Eine Haltung der Zukunftsangst entmutigt, hält Ideale für Überforderung, lässt Unrecht geschehen und findet sich damit ab, erkennt keinen Sinn im Leben und wertet das Schlechte, das erwartet wird, immer höher als das Gute, das unerwartet eintrifft; sie kann aber auch auf gegenwärtiges Fehlverhalten aufmerksam machen und zur Umkehr bewegen.
Religionen nutzen beide Haltungen, gewichten sie aber deutlich: Obwohl die Zukunft aus vielen guten Gründen Angst macht, nimmt jede Religion die Sehnsucht nach dem Guten auf und entwirft Idealbilder einer Zukunft, auf die zu hoffen es sich lohnt.
In diesem reli. thematisieren wir einige dieser Utopien. Die Beiträge sprechen von einer Sehnsucht nach Glück, nach Gerechtigkeit, nach Heimat, aber auch von der Sehnsucht nach einem Ort, an dem Gott zu finden ist. Dass die Sehnsucht nicht erst im himmlischen Jerusalem gestillt wird, hofft und glaubt
Markus Zimmer,
Redaktor «reli.»
markus(Punkt)zimmer(at)reli(Punkt)ch
Inhaltsverzeichnis
Grundsätzlich
Jörg Frey: Das letzte Bild der Bibel
Rifa’at Lenzin: Al-Quds – Jerusalem
Loten Dahortsang: Shambala
Satish Joshi: Moksha
Praktisch
Anika Biwer: Reise nach Utopia (US)
Kevin Solioz, Andreas Hohn: Die Legende vom unheiligen Trinker (MS/OS)
Patrik Böhler: Von Mondlandschaften (OS)
Christina Caprez: Der Traum von der Rückkehr ins gelobte Land (OS)
Luisa Hafner: Traumwerkstatt Jugendparlament (OS)
Matthias Wörther: Realiter! Virtualiter! (OS)
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