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Kritik des Moralismus  Herausgegeben von Christian Neuhäuser und Christian Seidel
Kritik des Moralismus


Herausgegeben von Christian Neuhäuser und Christian Seidel
Suhrkamp
EAN: 9783518299289 (ISBN: 3-518-29928-X)
490 Seiten, kartoniert, 11 x 18cm, Dezember, 2020

EUR 28,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
„Kritik des Moralismus“ verweist zu einen darauf, dass es gilt, den Moralismus – im Sinne einer Beanstandung – als problematisch zu kritisieren, um zum anderen darauf, dass die Kritik – im Sinne einer Prüfung – durch den Moralismus zur Schärfung unserer moralischen Urteile beiträgt.


Rezension
„Oberlehrertum“, „Gutmenschentum“, „Prinzipienreiterei“, „Rigorismus“ oder „politischer Aktivismus“ sind Begriffe, die mit dem Moralismus in Verbindung gebracht werden. Auch politische Statements und Forderungen gelten in der Öffentlichkeit vielfach als oberflächliches Moralisieren. Was meint der Begriff „Moralismus“ genau? Welche Varianten des Habitus sind zu unterscheiden? Begehen Moralist*innen einen kognitiven Fehler? Waren Kant und Nietzsche Vertreter des Anti-Moralismus? Wodurch unterscheidet sich Moralismus, von Moralisierung und von moralischer Urteilskraft? Sind Veganer*innen per se Repräsentanten des Moralismus?
Fundierte Antworten auf diese Fragen der Metaethik und der Moralkritik gibt der Sammelband „Kritik des Moralismus“, erschienen als suhrkamp taschenbuch wissenschaft. Herausgeber des Bandes sind Christian Neuhäuser, Professor für Praktische Philosophie an der TU Dortmund, und Christian Seidel, Professor für Philosophische Anthropologie am Karlsruher Institut für Technologie. Ihr Buch enthält 18 Beiträge, die überwiegend von ausgewiesenen Philosophie-Professor*innen stammen. Von ihnen werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Moralismus, seine Kritik, seine Rezeption in der Moralphilosophie, sowie seine Bedeutung in aktuellen politischen Debatten analytisch scharf, überaus differenziert und auf einem hohen Abstraktionsniveau beleuchtet. Als Ergebnis der „Arbeit am Logos“ kristallisiert sich heraus, Aussagen als Ausdruck von Moralismus zu begreifen, in denen nicht-moralische Normen als moralische Normen deklariert werden und von dem an sie Adressierten ein moralisches Urteil eingefordert wird. Mit anderen Worten, Moralist*innen beurteilen eine bestimmte Handlung nicht aufgrund eines ethischen Urteilsbildungsprozesses, sondern wegen der moralischen Qualität der Akteur*innen. Lehrkräfte der Fächer Philosophie- und Ethik werden durch die fundierten Fachbeiträge motiviert, sich in ihrem Unterricht problemorientiert mit dem Moralismus auseinanderzusetzen. Ethische Urteilsbildung, die mit guten Gründen als Kernziel des Ethikunterrichts angesehen werden kann, ist nicht mit Moralismus zu verwechseln.
Fazit: Der anspruchsvolle Sammelband „Kritik des Moralismus“ leistet einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die in der spätmodernen Gesellschaft verbreitete mediale Instrumentalisierung von Moral.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
In politischen Debatten und den Medien ist regelmäßig zu hören und zu lesen, man solle das Moralisieren lassen, denn es führe zu nichts, bringe die Menschen nur gegeneinander auf und sei damit sogar unmoralisch. Doch stimmt das? Und was ist überhaupt Moralismus? Wann moralisieren wir und wann machen wir anderen berechtigte moralische Vorwürfe? Der Band versammelt Originalbeiträge, die sich diesen Fragen auf unterschiedliche Weise nähern – einige kritisieren den Moralismus, andere verteidigen den Bedarf an moralistischer Kritik. Gemeinsam ist ihnen das Ziel, die philosophischen Grundlagen für eine differenziertere Betrachtung des Moralisierens in öffentlichen Debatten zu erschließen.
Inhaltsverzeichnis
I. Das Phänomen des Moralismus
Christian Neuhäuser und Christian Seidel
Kritik des Moralismus. Eine Landkarte zur Einleitung 9
Corinna Mieth und Jacob Rosenthal
Spielarten des Moralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Oliver Hallich
Was ist Moralismus? Ein Explikationsvorschlag . . . . . . 61
II. (Wann und warum) Ist es falsch,
moralistisch zu sein?
Erasmus Mayr
Moralismus und die Zuständigkeit für
moralische Vorwürfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
Monika Betzler
Moralismus und die Tugend der Aufgeschlossenheit . . 106
Michaela Rehm
Ist moralistisches Handeln eine Form des
de dicto motivierten Handelns? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
Michael Schefczyk
Der Moralismusvorwurf als Verkennungs- und
Übermaßkritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
Eva Buddeberg
Wer kritisiert wen im Namen welcher Moral? . . . . . . . . 183
Christian Seidel
Wie moralistisch dürfen wir sein? Moralismus als
Herausforderung für eine »praktische« praktische
Philosophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206
III. Moralismus in der Geschichte der Ethik
Beatrix Himmelmann
Nietzsches Kritik des Moralismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
Tim Henning
Wann geht dein falsches Handeln mich etwas an?
Moralischer Antimoralismus in Kants Rechtslehre . . . . . 273
Maike Albertzart
Kant und das »phantastisch Tugendhafte«
in Zeiten globaler Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300
IV. Moralismus in Aktion
Bernd Ladwig
Ist der Veganismus ein Moralismus? . . . . . . . . . . . . . . . 331
Sabine Hohl
Ist es moralistisch, andere zum ethischen Konsumieren
anzuhalten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359
Christian Neuhäuser
Moralismuskritik und normative Erwartungen:
Das Beispiel der Managementgehälter . . . . . . . . . . . . . . 383
Fabian Wendt
Moralismus in der Migrationsdebatte . . . . . . . . . . . . . . . 406
Eva Weber-Guskar
Der Online-Kommentar: Moralismus in
digitalen Massenmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422
Martina Herrmann
Moral und Moralismus im öffentlichen Raum
(oder: Ruhe im Ruhewagen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 448
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471
Über die Autorinnen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 488