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Flucht, Ankommen und sozialer Wandel Perspektiven für Geflüchtete in der deutschen Aufnahmegesellschaft
Flucht, Ankommen und sozialer Wandel
Perspektiven für Geflüchtete in der deutschen Aufnahmegesellschaft




Birgit Glorius

Transcript
EAN: 9783837677959 (ISBN: 3-8376-7795-8)
392 Seiten, paperback, 16 x 24cm, August, 2025

EUR 49,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Auch zehn Jahre nach dem »Langen Sommer der Migration« gehören Flucht und die Aufnahme von Geflüchteten zu den politischen Dauerthemen in Deutschland. Basierend auf Interviews mit Geflüchteten und Mitgliedern der Aufnahmegesellschaft zeichnet Birgit Glorius den Prozess des Ankommens und den Start in ein neues Leben in Deutschland nach. Dabei fokussiert sie besonders auf die regionalen Unterschiede von Städten und Regionen Deutschlands hinsichtlich der Offenheit, Neugier, Anteilnahme oder Abwehr in Bezug auf Geflüchtete. Die Ergebnisse bieten Erklärungsansätze für unterschiedliche Integrationsverläufe und zeigen, wie Migration und Integration zur Transformation lokaler Gesellschaften beitragen.

Birgit Glorius (Dr.), geb. 1970, ist Professorin für Humangeographie mit dem Schwerpunkt Europäische Migrationsforschung an der Technischen Universität Chemnitz und Mitglied des Sachverständigenrats für Integration und Migration.
Rezension
Die Aufnahme von Geflüchteten ist auch zehn Jahre nach dem ›Langen Sommer der Migration‹ ein brennendes Thema. Dieses Buch blickt auf die konkreten Lebensrealitäten sowohl der Geflüchteten als auch der Kommunen und der Aufnahmegesellschaft. Lebensläufe Geflüchteter bilden dabei den konkreten Ausgangspunkt, die mit den Perspektiven der Aufnahmegesellschaft gespiegelt werden. Konkrete lokale Fallbeispiele zeigen die Vielfalt der ›kommunalen Antworten‹ auf die Herausforderung Geflüchtetenaufnahme auf. Es zeigen sich deutliche regionale Unterschiede von Städten und Regionen Deutschlands hinsichtlich der Offenheit, Neugier, Anteilnahme oder Abwehr in Bezug auf Geflüchtete. Dieses Buch zeigt, wie ein Neuanfang nach der Flucht gelingen kann und welche bedeutende Rolle die Aufnahmegesellschaft dabei spielt.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Migration, Flüchtlingsforschung, Qualitative Sozialforschung, Migrationspolitik

Editorial
Die Reihe "Kultur und soziale Praxis" präsentiert sozial- und kulturwissenschaftliche Studien, die zwischen empirischer Forschung, theoretischer Reflexion/Konzeption und textueller Praxis neue Zugänge zu Kultur und sozialer Praxis entwickeln. Im Rahmen dieses Programms werden soziale Differenzen und identitäre Prozesse auf verschiedenen Ebenen und entlang verschiedener raumzeitlicher Achsen – etwa als (trans-)lokale oder (trans-)nationale Prozesse – untersucht.
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1 – Vorgeschichte 9

1.1 Der Begriff und die Figur des Flüchtlings 14
1.2 Zur konzeptionellen Idee und Struktur dieses Buchs 17
1.3 Zeitliche, regionale und biographische Einbettung 19
1.4 Datenbasis, Methodik und Lesehinweise 21
1.5 Nicht jeden Stein umdrehen – zur thematischen Auswahl und Validität der Forschungsdaten 24

Teil I
Fliehen und Ankommen


Kapitel 2 – Auf der Flucht 29

2.1 Europas Rolle im weltweiten Fluchtgeschehen 30
2.1.1 Wege nach Europa 31
2.1.2 Zwischen Mitgefühl und Kontrolle 34
2.1.3 Das europäische Grenzregime 36
2.2 Die Fluchtentscheidung und das Erleben der Flucht 39
2.2.1 Der Ort der Träume – wie Entscheidungen über das Zielland zustande kommen 42
2.2.2 Navigation durch den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts 45
2.3 »Wir dachten, wir müssen sterben« – Vulnerable Gruppen auf der Flucht 46
2.4 Die Selektivität der Flucht nach Europa: Ein Zwischenfazit 50

Kapitel 3 – Ankommen 53

3.1 Gelenkte Mobilität: Ankommen und Weiterverteilung 54
3.2 Rahmenbedingungen der Flüchtlingsaufnahme und Unterbringung in Deutschland 57
3.3 Erstaufnahmeeinrichtungen, Lager, Ankerzentren 60
3.3.1 Besuch im AnkER-Zentrum 63
3.3.2 Leben im Lager 66
3.3.3 Aufnahme in den Kommunen 70
3.3.4 »Das Leben ist in einer langen Pause« 74
3.4 Rückblende: Ankommen in Oberfranken 77
3.5 Zwischenfazit 80

Kapitel 4 – Neu Anfangen 81

4.1 Geschichten vom Neuanfangen 81
4.1.1 Ramin Jafari* und Sahar Mahmoudi*: »Im Flüchtlingsleben kann man nicht heiraten« 82
4.1.2 Familie Salloum*: »Jeden Tag kommt jemand, klopft an und sagt ›Ich hab’ was für Euch‹« 85
4.1.3 Adila und Mohammed Aboud*: »Wir haben ein Ziel. Wir müssen weitermachen!« 88
4.2 Das Asylverfahren und die ›Bleibeperspektive‹ 90
4.3 Fortsetzung von Bildungsbiographien 96
4.4 Die Herausforderung des Deutsch-Lernens 100
4.4.1 Deutsch-Lernen im Erwachsenenalter 101
4.4.2 Verteilung und Zugang zu Lerninfrastrukturen 102
4.4.3 Spracherwerb und Elternschaft 103
4.4.4 Gesundheit als Ressource 104

Kapitel 5 – Autonomie und Beschränkung: Geflüchtete und der Arbeitsmarkt 107

5.1 Was ist anders an der Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten? 108
5.2 Rückblende: Neustart in Oberfranken 110
5.3 »Ich habe nur eine Frage: Warum kann ich nicht in der Schule arbeiten?« – Erfahrungen
Geflüchteter mit dem Arbeitsmarktzugang in Deutschland 113
5.4 »Wer arbeiten will, der findet auch Arbeit« – »Aber so einfach ist es dann doch nicht« 117
5.5 Geflüchtete Frauen auf dem Arbeitsmarkt 125
5.6 »Ich trage Hut!« – Frauen mit Hijab auf dem deutschen Arbeitsmarkt 130
5.7 Zwischenfazit 133

Teil II
Aufnehmen und Teilhaben lassen


Kapitel 6 – Perspektiven auf die Aufnahmegesellschaft 137

6.1 Das Ereignis der Massenankunft 138
6.1.1 Auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten 140
6.1.2 Nur der Konflikt um Unterbringung? 142
6.1.3 Wer engagiert sich, wie und warum? 145
6.2 Was macht eigentlich Aufnahmebereitschaft aus? 147
6.2.1 Berglach*: »das ist relativ ruhig und gelassen gelaufen« 148
6.2.2 Hornsdorf*: »das Experiment hat bis jetzt funktioniert« 149
6.3 Wie erforscht man die Aufnahme von Geflüchteten in ihrer sozialräumlichen Verankerung? 152
6.3.1 Von der Chicagoer Schule zum Integrationsparadigma 152
6.3.2 Was wir aus der Forschung zu New Immigrant Destinations lernen können 155
6.3.3 Erkenntnisse der Einstellungsforschung 157
6.3.4 ›Wir‹ und ›die Anderen‹: Von individuellen Einstellungsmustern zu kollektiven Handlungsorientierungen 160

Kapitel 7 – Identitätsformationen der Aufnahmegesellschaft 163

7.1 »Ihr seid ja auch alles Flüchtlinge!« Eine Außenperspektive auf die imaginierte Gemeinschaft 163
7.1.1 Salzgitter: ›Turm der Arbeit‹ – ein kollektives Gedächtnis mit Lücken 164
7.1.2 Die Herausbildung einer vorgestellten Gemeinschaft 167
7.2 Lokale Migrationsbiographien 167
7.2.1 »Das waren ja Deutsche, die aus dem Osten gekommen sind«: Kriegsflüchtlinge und Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg 168
7.2.2 Ostdeutsche Erinnerungslücken an die Ankunft der Vertriebenen 172
7.2.3 »Die sind ja gekommen, um hier zu arbeiten« – Erinnerungen an die ›Gastarbeiter‹ 173
7.2.4 »Das lief eher im Verborgenen ab« – Erinnerung an die Arbeitsmigration in die DDR 176
7.2.5 Einwanderung in eine Welt im Umbruch – Erinnerungen an die Ankünfte der 1990er Jahre in Ost und West 179
7.2.6 Die neue Unübersichtlichkeit – Migrationen der 2000er Jahre 185
7.3 Von der Störung der Ordnung zur Unsichtbarkeit – Einwanderergruppen im kollektiven Gedächtnis 188

Kapitel 8 – Begegnung und Kontakt zwischen Einheimischen und Fremden 193

8.1 Sehen und gesehen werden 194
8.1.1 »Wo sind wir denn hier gelandet?« Befremdung und erste Begegnungen 196
8.1.2 Störung der lokalen Ordnung 198
8.1.3 Riskante Begegnungen 201
8.1.4 Vielfaltsakzeptanz und Urbanität 203
8.2 Offenheit für Begegnung? Die Kontakthypothese 205
8.2.1 Begegnungsort Nachbarschaft 206
8.2.2 Ehrenamtliche als Türöffner 211
8.3 Von everyday otherness zu everyday sameness: Im Anderen das Eigene erkennen 214
8.3.1 Das Kopftuch als Symbol des Anders-Seins 215
8.3.2 »Everyday sameness« und »transversal enablers« 218
8.3.3 Das Waldschwimmbad 220
8.4 Etablierte und Außenseiter: wirkmächtige Zuordnungen 223

Kapitel 9 – Integration vor Ort gestalten 227

9.1 Was verstehen Sie unter Integration? 227
9.2 Wer ist zuständig? Die Perspektive der Bürgermeister:innen 231
9.3 Integration und Teilhabe gestalten: Drei Gemeindeporträts 235
9.3.1 Trabsen*: Offenheit als Grundvoraussetzung 242
9.3.2 Ehrsfeld*: »Es ist eine Herausforderung, die Menschen zu integrieren« 248
9.3.3 Friedenau*: »Kann das überhaupt funktionieren?« 253
9.3.4 Integration vor Ort im Vergleich 261

Teil III
Land in Sicht


Kapitel 10 – Nach der Flucht 271

10.1 Nach dem ›Langen Sommer der Migration‹ 272
10.1.1 Enttäuschte Erwartungen 272
10.1.2 Die Radikalisierung der ›stillen Mitte‹ 277
10.2 »Corona hat alles ruiniert!« – eine Gesundheitskrise wird zur Integrationskrise 281
10.3 Flucht aus der Ukraine 284
10.3.1 Was ist 2022 anders als 2015? 286
10.3.2 Techniken der Selbstbehauptung 288
10.3.3 In Deutschland leben lernen 291
10.3.4 Zwischen Hier und Dort – ambivalente Entwicklungen 294
10.3 Eskalationen des Migrationsdiskurses 297
10.3.1 Die Erzeugung von ›Moralpanik‹ 298
10.3.2 Historische Kontinuitäten des Migrationsdiskurses 300
10.4 Schließung oder Öffnung? 301

Kapitel 11 – Migration als soziale Transformation 307

11.1 Aufbrüche: Transformationen in individuellen Biographien 309
11.1.1 »Ich wollte genauso werden wie sie!« 309
11.1.2 »Die Generation ist halt schon anders« 314
11.1.3 Flucht, Migration und Resilienz 317
11.2 Flucht, Ankommen und Sozialer Wandel 320
11.2.1 Soziale Innovationen vor Ort und Solidarität Weltweit 321
11.2.2 Ostmigrantische Perspektiven auf sozialen Wandel 327
11.2.3 Migration als soziale Transformation 332
11.3 Was jetzt zu tun ist – ein Ausblick 341
11.3.1 Intersektionale Perspektive auf Geflüchtete und ihre Bedürfnisse 342
11.3.2 Die Frage des Tempos: Integration als Langstrecke 343
11.3.3 Integration durch Bildung 346
11.3.4 Lokale Rezeptivität versus überlastete Kommunen 348
11.3.5 Rassismus in der Mitte der Gesellschaft bekämpfen 350
11.3.6 Gemeinsam Geschichte schreiben, gemeinsam Zukunft definieren 355
11.4 Nachbetrachtung 358

Abbildungsverzeichnis 361
Tabellenverzeichnis 363
Literaturverzeichnis 365