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Rassismus im Alltag Theoretische und empirische Perspektiven nach Chemnitz
Rassismus im Alltag
Theoretische und empirische Perspektiven nach Chemnitz




Heidrun Friese, Marcus Nolden, Miriam Schreiter (Hrsg.)

Transcript
EAN: 9783837648218 (ISBN: 3-8376-4821-4)
218 Seiten, paperback, 15 x 23cm, Oktober, 2019, 15 SW-Abb.

EUR 24,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Proteste, aufgebrachte Bürger_innen und eine Stadt in Aufruhr – die Bilder von Chemnitz im Herbst 2018 haben die meisten noch vor Augen. Ereignissen wie diesen liegt ein deutschlandweites Phänomen zugrunde: ein Rassismus, der sich im Alltäglichen zeigt, in unangemessenen Bemerkungen, in Bildern und Diskursen, in sozialen Praktiken und Ausschlussmechanismen, in Gewalt und auch in Versuchen, ihn selbst zu leugnen. Die Beiträger_innen des Bandes setzen sich hiermit kritisch auseinander und analysieren aus unterschiedlichen Perspektiven die Mobilisierung rechter Szenen, antisemitischer Einstellungen, Hass und Radikalisierung in sozialen Medien sowie die Erfahrungen von Betroffenen. Damit werden Einblicke in die aktuelle Forschung ermöglicht, die auch engagierte Bürger_innen adressiert.

Heidrun Friese (Prof. Dr.) ist Professorin für Interkulturelle Kommunikation an der TU Chemnitz. Ihre Forschungsinteressen umfassen Migration/Mobilität, Gastfreundschaft, Sozial- und Kulturtheorie.

Marcus Nolden (Dr. phil.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Extremismus, Rassismus, Erinnerungskulturen und Religion.

Miriam Schreiter (Dr. phil.) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Chemnitz. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen digitale interkulturelle Kommunikation, digitale Spiele und Welten, digitale transnationale Alltagspraktiken besonders mit Blick auf Tod und Körperlichkeit.
Rezension
Am Samstag, dem 26. August 2018 wird am Rande des Stadtfestes in Chemnitz ein 35-Jähriger bei einer Auseinandersetzung in der Innenstadt getötet. Als Verdächtige werden zwei Männer irakischer und syrischer Staatsangehörigkeit verhaftet. Es folgen rassistische Ausschreitungen, der Angriff auf das Restaurant Shalom und hitzige politische Debatten. Rechtsextreme und rechtspopulistische Gruppierungen nutzen die Gunst der Stunde zum öffentlichen Schulterschluss, die Polizei ist überfordert. Am 1. September folgt der sogenannte "Trauermarsch" mit ca. 10.000 Demonstrantinnen und Demonstranten, der AfD, ProChemnitz, Pegida und die gewaltbereiten, rechtsextremen Szenen zusammenbringt. - Läßt sich aus diesem Chemnitz im Herbst, einer Stadt in Aufruhr, etwas über den gesellschaftlichen Umgang mit Antisemitismus und Rassismus lernen? Ausgrenzungspraktiken sind ein Bestandteil der Alltagskultur. Alltagsrassismus findet seinen Ausdruck in scheinbar harmlosen alltäglichen Gesten. Alltagsrassismus wird gerne geleugnet, unter den Teppich gekehrt, unsichtbar gemacht. Verdrängung soll Tatsachen aus der Welt schaffen. Die Medien, so heißt es dann, hätten "alles aufgebauscht". - Dieser Band bietet interdisziplinäre Beitrage zur Auseinandersetzung mit Alltagsrassismus. Der erste Abschnitt nimmt offene, versteckte und negierte Alltagsrassismen in den Blick. Vor diesem Hintergrund werden im zweiten Abschnitt die Ereignisse von Chemnitz und darüber hinaus und deren gesellschaftliche Bearbeitung diskutiert. Rassismus, seine Mikro- und Makrostrukturen, seine ›Normalisierung‹ wird nachgezeichnet, kritisch reflektiert und seinen alltäglichen Praktiken widersprochen.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Chemnitz im Herbst
Heidrun Friese, Marcus Nolden, Miriam Schreiter 7

I. Alltagsrassismen

Wir sind das Volk
Zur Verwobenheit von race und state
Shadi Kooroshy, Paul Mecheril 17

Der Fremde als Feind
Mikrorassismus Online
Heidrun Friese 31

Anti-Rassismus zwischen Identitäts- und Alteritätspolitik
Ein praxislogischer Annäherungsversuch
Felix Hoffmann 61

Antisemitismus heute – alte Bilder, neue Herausforderungen
Juliane Wetzel 79

II. Chemnitz und darüber hinaus

Rechte Radikalisierung
Besorgte Bürger_innen, rechte Subkultur und gesellschaftliche Rahmenbedingungen: Hintergründe der Ereignisse von Chemnitz
Susanne Rippl 101

Dem Mainstream auf der Spur
Ideologische Muster, strategische Ziele und Aktionsformen der Identitären Bewegung
Thomas Pfeiffer 119

Politiken des Todes: ProChemnitz’ Online-Mobilisierungsstrategien
Miriam Schreiter 139

Hate Speech in Sozialen Medien: Motor der Eskalation?
Liriam Sponholz 157

Diskriminierungserfahrungen und ihre Folgen für die Betroffenen
Eine Befragung unter Chemnitzer Studierenden nach den Ausschreitungen in Chemnitz 2018
Frank Asbrock, Vera Kaiser, Claas Pollmanns, Daniel Corlett 179

Das laute Schweigen in Chemnitz
Zwischen Skandalisierung und Tabuisierung
Marcus Nolden 195

Autorinnen und Autoren 213