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Die Inklusionslüge Behinderung im flexiblen Kapitalismus
Die Inklusionslüge
Behinderung im flexiblen Kapitalismus




Uwe Becker

Transcript
EAN: 9783837630565 (ISBN: 3-8376-3056-0)
208 Seiten, paperback, 15 x 22cm, April, 2015

EUR 19,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Debatte um Inklusion hat seit der 2009 in Deutschland in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention deutlich an Popularität gewonnen. Auffällig ist, dass hier oftmals das Bild einer dichotomen Gesellschaft bemüht wird, in der es angeblich ein »Drinnen« und ein »Draußen« gibt. Der Inklusion wird dadurch der Charakter eines »heiligen Projekts« zugeschrieben, durch das Menschen mit Behinderung Aufnahme finden sollen in die Gesellschaft. Es gibt aber keine Exklusion aus der Gesellschaft. Allerdings bestehen innerhalb der Gesellschaft massive Ausgrenzungsprozesse. Diese zu beseitigen hieße, die Gesellschaft so zu transformieren, dass ihre Fokussierung auf Erwerbsarbeit und die Normierungen der leistungszentrierten Bildungsinstitutionen aufgegeben werden können.

Uwe Becker analysiert umfänglich die Ausgrenzungsdynamiken, die Menschen in den Bildungsinstitutionen, in Arbeitslosigkeit und Armut – begleitet von politischer Diffamierung – erleiden. Er fordert eine Korrektur der ökonomisch gesteuerten, erwerbsarbeitszentrierten Gesellschaftslogik ein, ohne die Inklusion zum Desaster für Menschen mit Behinderungen, deren Angehörige, Pädagoginnen, Pädagogen und alle gutwilligen Akteure dieses Projekts zu werden droht.

Uwe Becker ist ev. Sozialethiker, Honorarprofessor an der Evangelischen Fachhochschule Bochum, Vorstandssprecher der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Zeitpolitik. Er publiziert zu arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Themen u.a. in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Rundschau und der ZEIT.
Rezension
Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahr 2009 das "Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen" von 2006 ratifiziert (sog. UN-Behindertenrechtskonvention), das eine inklusive Schule notwendig macht. Das hat erhebliche gesellschaftliche Auswirkungen insbesondere im schulischen Sektor und für die Heil- und Sonderpädagogik. Mit dem Inkrafttreten der UN-Konvention für die Rechte behinderter Menschen 2009 ("Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen", 2006 / 2009 von der BRD ratifiziert) sind Bund, Länder und Kommunen in Deutschland gleichermaßen zur Umsetzung eines inklusiven Bildungssystems verpflichtet. Seitdem ist Inklusion quasi zu einem "heiligen Projekt" geworden, dem man nicht widersprechen darf. Das aber tut dieses Buch, das die Inklusionskompetenz unserer Gesellschaft bezweifelt, in der sich massive Ausgrenzungsprozesse finden durch Fokussierung auf Erwerbsarbeit und die Normierungen der leistungszentrierten Bildungsinstitutionen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Diese Streitschrift entmystifiziert das »heilige Projekt« der Inklusion. Es inspiziert kenntnisreich die »Innenräume« der Gesellschaft und bilanziert ernüchternd deren Inklusionskompetenz.

Schlagworte:
Inklusion, Exklusion, Arbeit, Bildung, Armut, Soziale Ungleichheit, Politik, Neoliberalismus, Behinderung, Kapitalismus, Sozialpolitik, Soziologie

Adressaten:
Inklusion, Exklusion, Arbeit, Bildung, Armut, Soziale Ungleichheit, Politik, Neoliberalismus, Behinderung, Kapitalismus, Sozialpolitik, Soziologie

Pressestimmen:

»[Uwe Becker] entlarvt die Inklusionsrhetorik im politischen Raum, die geeignete Maßnahmen zur Entwicklung inklusiver Strukturen häufig eher blockiert. Zugleich zerstört der Autor die naive Annahme, mit einem Appell an die Inklusionsbereitschaft und die Beschwörung der Zusammengehörigkeit die Interessensgegensätze in kapitalistischen Gesellschaft überwinden zu können.
Das Buch kann allen empfohlen werden, die an der Entwicklung inklusiver Strukturen arbeiten und dabei das Unbehagen des Autors an einer zunehmenden Profillosigkeit des Inklusionsbegriffes teilen.«
Albrecht Rohrmann, www.socialnet.de, 21.07.2015 »Uwe Becker, ein Anwalt der Stärkung der Chancengleichheit, hat [...] eine fulminante Kritik der seiner Meinung nach verlogenen und nicht zu Ende gedachten Debatte verfasst.«
Felix Ekardt, www.zeit.de, 15.07.2015 »Es ist eine ernüchternde Bilanz, die Beckers Ausführungen nahelegen. Aber eine mit Perspektiven, wie das umwälzende Potenzial der großen Idee im Kleinen zum Tragen kommen kann.«
Uwe Herrmann, Unsere Kirche, 27./28.06.2015 »Das Buch von Becker eröffnet eine hoch interessante, fundierte soziologische Auseinandersetzung der Praxis der gesellschaftlichen Bearbeitung von Inklusion. Für den erziehungswissenschaftlichen, insbesondere auf Schule bezogenen Fachdiskurs wirft der Autor diverse Reflexionsimpulse auf, die bereichernd sind und zugleich zur ›schonungslosen‹ Auseinandersetzung mit der eigenen Forschungs- und Lehrpraxis einladen.«
Tanja Sturm, Erziehungswissenschaftliche Revue, 14/3 (2015)

Besprochen in:
junge Welt, 06.07.2015, Michael Zander
Inhaltsverzeichnis
1. Einführung | 7

2. Politik von ganz oben – Landung im Diffusen | 19

Inklusion – wissen Sie, was gemeint ist? | 19
Völkerrecht heißt nicht unbedingt,
dass das Recht beim Volk ankommt | 22
Inklusion als Kulturleistung | 28
Bruchlandungen der Bildungspolitik | 30
Inklusion meint einen kompletten Systemwechsel | 35

3. Alle sollen mitmachen | 43

Inklusion an der Ladentheke | 43
Appelle an die Gesellschaft klingen gut und kosten nichts | 44
Ein inklusionsfreundlicher Arbeitsmarkt? | 47
Werkstätten – lieber den Spatz in der Hand | 51
Und raus bist du – Exklusionen im Inklusionszeitalter | 56

4. Chancengerechtigkeit – die Lotterie des Sozialstaates wird inklusiv | 59

Schröder, Blair und der neue Sozialstaat | 59
Die Schonräume schwinden | 61
Ein Bewegungsangebot – die Moral der Selbstaktivierung ist inklusiv | 64
Eine Einladung mit fragwürdigem Charakter | 66

5. Beschädigte Inklusionsräume | 69

Drinnen und Draußen | 69
Ausgrenzende Teilhabe | 71

6. Der Raum der Erwerbsarbeit | 77

Erwerbsarbeit – die Zentrale | 77
Die Rentenkoje | 82
Arbeitslosigkeit – die Kammer der Scham (I) | 86
Exkurs: Armut und Arbeit –
historische Notizen zur Verknüpfung zweier Phänomene | 88
Arbeitslosigkeit – die Kammer der Scham (II) | 97
Flexibel, mobil, ausgebrannt | 103
Emanzipation im Gewand des Kapitalismus | 109
Iustitia laboris | 117
Inklusionsbilanz (I) | 120

7. Der Raum der Bildung | 125

Was möchtest du denn mal werden? | 125
Die Bildungsverlierer | 126
Von der Hilfsschule zur Förderschule | 134
Normierung der Kindheit | 138
Frühkindlich erzogen zur kompetenten Arbeitskraft | 141
Zu laut, zu zappelig, zu ruhig | 146
Inklusionsbilanz (II) | 151

8. Der öffentliche Raum | 159

Der Sozialraum zwischen Erosion und Projektion | 159
In Sonneberg wird es halbdunkel | 167

9. Inklusionslogiken | 171

Die unsichtbare Hand der Inklusion | 171
Die Bankenkrise – Inklusion ohne Entrinnen | 177
Inklusionskollisionen | 182
Inklusion hat revoltierendes Potenzial | 184

Literatur | 191