|
Der Kreativitätskomplex
Ein Vademecum der Gegenwartsgesellschaft
Timon Beyes, Jörg Metelmann (Hrsg.)
Transcript
EAN: 9783837645101 (ISBN: 3-8376-4510-X)
278 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, Oktober, 2018
EUR 24,99 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Wohin man auch blickt, finden sich kreative Praktiken, Räume, Organisationen und Subjekte: der Kreativitätskomplex. Im Arbeitsalltag, im Stadtraum, in Medien und Werbung, auf den sozialen Plattformen, in Schulen und Universitäten – der Imperativ für alle lautet, neu und besonders, auffallend und einzigartig zu sein.
Doch wie ist es dazu gekommen? Mit welchen Begriffen lässt sich der vielgestaltige und in sich widersprüchliche Komplex fassen? Und wo sind seine Grenzen? In 40 kurzen Texten erschließt, untersucht und erklärt dieses Vademecum den Kreativitätskomplex.
Mit Beiträgen von Emmanuel Alloa, Elena Beregow, Timon Beyes, Monica Calcagno, Heinz Drügh, Daniele Goldoni, Dirk Hohnsträter, Michael Hutter, Christoph Jacke, Vincent Kaufmann, Sophie-Thérèse Krempl, Martina Leeker, Claudia Mareis, Jörg Metelmann, Christoph Michels, Björn Müller, Claus Pias, Sverre Raffnsoe, Maximilian Schnellmann, Florian Schulz, Chris Steyaert, Monica Titton, Paola Trevesian und Wolfgang Ullrich.
Mit einem Postskriptum von Andreas Reckwitz.
Rezension
Kreativ zu sein ist für den Menschen der Spätmoderne ein Muss. Ständig hat das Subjekt Neues zu schaffen und sich selbst zu erneuern. Seit den 1970er Jahren sei der „Kreativitätsimperativ“ dominierend, behauptet der renommierte Kultur- und Sozialtheoretiker Andreas Reckwitz (*1970). Nachzulesen ist es dieses beispielsweise in seinen preisgekrönten Werken „Die Erfindung der Kreativität. Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung“ (2012) und „Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne“ (2017) oder in dem Sammelband „Kreativität und soziale Praxis. Studien zur Sozial- und Gesellschaftstheorie“ (2016) (vgl. meine Rezension unter https://lbib.de/Kreativitaet-und-soziale-Praxis-Studien-zur-Sozial-und-Gesellschaftstheorie-100914). Mit dem „Kreativitätsdispositiv“ hat der Professor für vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt an der Oder) das zentrale Element seiner soziologischen Großtheorie entwickelt.
Aufgrund der empirisch nachweisbaren Ausweitung des Kreativen, man denke nur an die creative industries, wird im soziologischen Diskurs sogar von einer „Kreativitätspandemie“ gesprochen, so der Lüneburger Soziologe Timon Beyes und der Kulturwissenschaftler Jörg Metelmann in dem von ihnen herausgegebenen Sammelband „Der Kreativitätskomplex. Ein Vademecum der Gegenwartsgesellschaft“. Dessen Beiträge basieren auf zwei Tagungen, die unter dem Motto standen, die „Erfindung der Kreativität“ von 2012 weiterzudenken. In dem Buch finden sich 40 Begriffe aus dem „Kreativitätskomplex“ aufgeführt, die in sechs- bis siebenseitigen Texten die Prozesse der Singularisierung bzw. Kulturalisierung in der Spätmoderne kaleidoskopartig beleuchten. In dem Sammelband sind sowohl spezielle Begriffe der Kulturtheorie von Reckwitz berücksichtigt wie „Ästhetisierung“, „ästhetischer Kapitalismus“, „Dispositiv“ oder „Valorisierung“ als auch typische Termini der Kultursoziologie wie „Arbeit“, „Konsum“, „Mode“, „Spiel“ oder „Museum“. Letzteres avanciert gegenwärtig zur „Kreativitätsagentur“, da man in ihm nicht nur Werke bestaunt, sondern selbst kreativ tätig wird, beispielsweise durch Artselfies.
Unter den Lemmata vermisst man allerdings auch Einträge zu pädagogischen Praxisfeldern, denn Kreativität ist beispielsweise eine in der Unterrichts- und Schulentwicklung nicht zu vernachlässigende Größe. Die einzelnen Stichworte, verfasst u.a. von Soziologen, Philosophen, Literaturwissenschaftlern, Kulturwissenschaftlern und Psychologen, demonstrieren überzeugend, dass die soziologische Großtheorie von Reckwitz präziser die spätmoderne Gesellschaft erfassen und kartieren kann als andere Sozialtheorien, etwa die Rational-Choice-Theorie von James Samuel Coleman, die Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas oder die Systemtheorie von Niklas Luhmann. Besondere Erwähnung verdient zudem das dem Sammelband beigefügte „Postskriptum“ von Andreas Reckwitz, in dem er in pointierter Form ein hervorragender Überblick über den theoretischen Zusammenhang zwischen seinen beiden Büchern „Die Erfindung der Kreativität“ und „Die Gesellschaft der Singularitäten“ liefert. Durch das „Vademecum der Gegenwartsgesellschaft“ werden auch Lehrkräfte gesellschaftswissenschaftlicher Fächer dazu angeregt, Themen aus dem „Kreativitätskomplex“ zum Gegenstand ihres Unterrichts zu machen.
Fazit: Wer auf der Höhe des aktuellen soziologischen Diskurs sein möchte, dem sei das Buch „Der Kreativitätskomplex“, erschienen im transcript Verlag, zur Lektüre und als Kreativitätsgenerator empfohlen.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Timon Beyes / Jörg Metelmann (Hg.)
Der Kreativitätskomplex
Ein Vademecum der Gegenwartsgesellschaft
Wohin man auch blickt, finden sich kreative Praktiken, Räume, Organisationen und Subjekte: der Kreativitätskomplex. Im Arbeitsalltag, im Stadtraum, in Medien und Werbung, auf den sozialen Plattformen, in Schulen und Universitäten – der Imperativ für alle lautet, neu und besonders, auffallend und einzigartig zu sein.
Doch wie ist es dazu gekommen? Mit welchen Begriffen lässt sich der vielgestaltige und in sich widersprüchliche Komplex fassen? Und wo sind seine Grenzen? In 40 kurzen Texten erschließt, untersucht und erklärt dieses Vademecum den Kreativitätskomplex.
Mit einem Nachwort von Andreas Reckwitz.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Einleitung
Im Kreativitätskomplex
Timon Beyes, Jörg Metelmann | 9
Affektkultur
Jörg Metelmann | 19
Arbeit
Sophie-Thérèse Krempl | 25
Ästhetischer Kapitalismus
Elena Beregow | 31
Ästhetisierung
Heinz Drügh | 38
Atmosphäre
Christoph Michels, Chris Steyaert | 44
Bühne
Maximilian Schellmann | 50
Coaching
Florian Schulz | 57
Computer
Claus Pias | 64
Creative Cities
Christoph Michels, Chris Steyaert | 70
Design
Claudia Mareis | 76
Dispositiv
Sverre Raffnsøe | 83
Entkunstung
Vincent Kaufmann | 89
Farbe
Timon Beyes | 95
Genealogie
Sverre Raffnsøe | 101
Imagineering
Jörg Metelmann | 108
Improvisation
Daniele Goldoni | 115
Innovation
Monica Calcagno | 122
Kapital
Emmanuel Alloa | 128
Ko-Kreation
Björn Müller | 135
Konsum
Dirk Hohnsträter | 143
Kreative Masse
Paola Trevisan | 149
Kreativitätstechniken
Claudia Mareis | 155
Kritik
Dirk Hohnsträter | 162
Künstler
Heinz Drügh | 167
Kuratieren
Timon Beyes | 173
Mode
Monica Titton | 179
Museum
Wolfgang Ullrich | 185
Naturalisierung
Emmanuel Alloa | 191
Organisation
Timon Beyes | 197
Performativität
Martina Leeker | 204
Plastizität
Emmanuel Alloa | 211
Pop
Christoph Jacke | 218
Produkt
Dirk Hohnsträter | 225
Queer
Chris Steyaert | 230
Schuld
Daniele Goldoni | 236
Selbstgenerierung
Emmanuel Alloa | 243
Spiel
Michael Hutter | 248
Valorisierung
Michael Hutter | 252
Postskriptum
Die Gesellschaf t der Singularitäten und das Kreativitätsdispositiv
Andreas Reckwitz | 257
Autorinnen und Autoren | 273
Weitere Titel aus der Reihe Kulturen der Gesellschaft |
|
|