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Kritik des Transhumanismus Über eine Ideologie der Optimierungsgesellschaft
Kritik des Transhumanismus
Über eine Ideologie der Optimierungsgesellschaft




Dierk Spreen, Bernd Flessner, Herbert M. Hurrka, Johannes Ruester

Transcript
EAN: 9783837642872 (ISBN: 3-8376-4287-9)
178 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, Oktober, 2018

EUR 26,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der Transhumanismus ist eine Sozialtheorie, die die moralische Pflicht zur Überschreitung der Grenzen des Menschen formuliert. Im Kontext des Wandels hin zu einer Optimierungs- und Upgradekultur sowie der umfassenden Digitalisierung kommt einer solchen Sozialtheorie besondere Bedeutung zu. Aber kann man aus den gesellschaftlichen Veränderungen, die Leben und Körper, Kommunikation und Arbeit sowie Selbst- und Weltverhältnisse in der Tat zutiefst betreffen, wirklich die Anzeichen einer innerweltlichen transhumanen Erlösung herauslesen?



Die Autoren des Bandes zeigen Perspektiven auf, die diese gesellschaftlichen Wandlungsprozesse ernst nehmen, aber zu ihrer humanen Gestaltung aufrufen.
Rezension
Ist der Transhumanismus ein Humanismus? Transhumanismus, auch „Posthumanismus“ genannt, bezeichnet eine Weltanschauung, die eine Transformation des Menschen in eine smarte Maschine anstrebt. Dadurch könnte der Mensch, so die Vision von Transhumanisten wie Hans Moravec, Max More, Raymond Kurzweil oder Nick Bostrom, endlich Unsterblichkeit erlangen und sogar zum Homo Deus avancieren. Was auf den ersten Blick nur als beliebtes Thema von Science-Fiction-Romanen oder Filmen erscheint, soll durch die digitale Revolution, insbesondere die KI-Entwicklung im 21. Jahrhundert - so der Wunsch der transhumanistischen Bewegung - Realität werden.
Anders sehen dieses die Autoren des Buches „Kritik des Transhumanismus“, erschienen im transcript Verlag. Dierk Spreen, Bernd Flessner, Herbert M. Hurka und Johannes Rüster decken in ihren ideologiekritischen Beiträgen sehr gut auf, dass es sich beim Transhumanismus um eine „Ideologie der Optimierungsgesellschaft“ handelt, so der Untertitel des Bands. Dierk Spreen, Verfasser der Monographie „Upgradekultur. Der Körper in der Enhancement-Gesellschaft“ (2015), gelingt es in seiner sozioökonomischen Analyse überzeugend nachzuweisen, dass der neuere Transhumanismus eine neoliberale „Sozialtheorie“ ist, deren Attraktivität sich aus den Anforderungen gegenwärtiger Optimierungsgesellschaft wie z. B. Arbeitsmarktpolarisierung, Exklusionsdynamik, Individualisierung von Berufsrisiken speist. Zahlreiche fundierte Argumente gegen das „transhumane Erlösungsversprechen“ werden von Spreen „aus einer sozial- und kulturtheoretischen Perspektive“ (S. 49) angeführt. Manche Argumente wären genauer als kulturphilosophische und ethische zu qualifizieren, beispielsweise wenn von Transhumanisten die Eigenlogik (technischer) Kultur gegenüber der Logik der Evolution des Menschen nicht erkannt wird oder wenn Optimierung unkritisch zur „überhistorischen Orientierungsnorm“ (Ebd.) erhoben wird, ohne überhaupt zu fragen, ob eine „Upgradekultur“ überhaupt einen Beitrag zum guten Leben leistet. Entgegen den Rationalitätsbekundungen der Transhumanisten demonstriert die Analyse von Bernd Flessner, dass ihre Vertreter von einem „Computerzauber“ ergriffen sind und damit prämodernen Mythen anhängen.
Zu Recht wird in dem Buch gesehen, dass die kritische Auseinandersetzung mit dem Narrativ Transhumanismus im Ethik- und Religionsunterricht die Chance bietet, einen Beitrag zur ethischen Urteilsbildung zu leisten. Die didaktische Relevanz dieser Weltanschauung haben die Verfasserinnen und Verfasser des neuen baden-württembergischen Bildungsplan für das Fach Ethik erkannt. Dort findet sich zum Neigungskurs Ethik der Bildungsstandard „Freiheit und digitale Welt“, wo es u.a. heißt: „Die Schülerinnen und Schüler können […] Auswirkungen der Digitalisierung und Virtualisierung auf das Menschenbild der Moderne untersuchen und diskutieren (zum Beispiel Cyborg, digitales Selbst, Transhumanismus)“ (http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/ETH/IK/11-12-4s/01/03).
Den Autoren des Buches „Kritik des Humanismus“ kommt mit ihren gut verständlich geschriebenen Beiträgen das Verdienst zu, qualifizierte Argumente geliefert zu haben, warum der Transhumanismus gerade nicht als neue Variante des Humanismus einzuschätzen ist. Der interdisziplinär ausgerichtete Band ist eine lohnenswerte Lektüre für alle Lehrkräfte der Fächer Philosophie-, Ethik- und Religion, die sich in ihrem Unterricht mit anthropologischen, moral-, sozial-, kultur- und technikphilosophischen Problemstellungen des digitalen Zeitalters reflektiert auseinandersetzen möchten.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Zur Einleitung

Dierk Spreen, Bernd Flessner | 7

Politische Ökonomie nach dem Menschen

Die transhumane Herausforderung

Dierk Spreen | 15

Die Rückkehr der Magier

Die KI als Lapis philosophorum des 21. Jahrhunde rts

Bernd Flessner | 63

Stelarcs Ver-und Entkörperung

Kunst und Transhumanismus

Herbert M. Hurka | 107

Ist das Körper oder kann das weg?

Transhumanismus zwischen Literatur, Mythos und
Religion –
und die didaktischen Konsequenzen

Johannes Rüster | 143

Zu den Autoren | 175