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Das mißhandelte Kind Ein psychoanalytisches Konzept zur integrierten Behandlung von Kindern und Jugendlichen
Das mißhandelte Kind
Ein psychoanalytisches Konzept zur integrierten Behandlung von Kindern und Jugendlichen




Sibylle Drews (Hrsg.), Yecheskiel Cohen

Brandes & Apsel
EAN: 9783860997925 (ISBN: 3-86099-792-0)
259 Seiten, hardcover, 16 x 22cm, 2004, 1. Auflage

EUR 29,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Cohens Behandlungskonzept und seine praktische Umsetzung in der Therapie von Kindern und Jugendlichen beziehen sich auf Einsichten des Psychoanalytikers Donald W. Winnicott. Ausgehend von der zerstörerischen Macht, den der Mangel eines potential space - d.h. eines Raumes, in dem das Kind sich von Geburt an in seinen Potentialitäten erst entfalten kann - auf die frühe psychische Entwicklung hat, legt der Autor zahlreiche, erschütternde Beispiele auf unterschiedliche Weise mißhandelter Kinder vor. Die Beispiele zeigen das entwicklungstheoretische Verständnis und die Praxis der Psychoanalyse, die durch ihre Einfühlsamkeit und Parteinahme für die Not des Kindes und späteren Jugendlichen beeindrucken.



Dieses Buch ist der Behandlung von Borderline- und anderen Störungen von Kindern und Jugendlichen gewidmet, einer Behandlung, die in dieser Konzeptualisierung wohl einzigartig sein dürfte.



Yecheskiel Cohen, Dr., geb. in Bernburg an der Saale, 1938 nach Palästina emigriert, ist Lehranalytiker der Israelischen Psychoanalytischen Gesellschaft, deren Präsident er 1988-1990 war und in der er zahlreiche Funktionen innehatte, und Mitglied der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Er lehrte als Gastdozent an der Hebräischen Universität im Department of Psychology, ist Mitglied verschiedener Komitees des Staates Israel zu Fragen der Adoption und Delinquenz und war 40 Jahre lang Direktor des B'nai B'rith Residential Treatment Centre in Jerusalem.
Rezension
Das Buch ist der sechste Band der Reihe Schriften zur Psychotherapie und Psychoanalyse von Kindern und Jugendlichen.

In dieser Aufsatzsammlung stellt Yecheskiel Cohen auf Grundlage seiner jahrzehntelangen Erfahrung sein Heimkonzept zur Behandlung von misshandelten, missbrauchten sowie vernachlässigten und dementsprechend schwer gestörten Kindern und Jugendlichen vor. Hintergrund ist dabei die besondere Situation in Israel, die unter anderem durch den Nahostkonflikt durch Terror und Gewalt aber auch durch Migrationsprozesse sowohl unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg als auch in der Gegenwart (Zuwanderung aus Russland und Afrika) gekennzeichnet ist. Die Konzepte sind aber auch auf die Behandlung traumatisierter und entwicklungsgestörter Kinder in anderen Ländern übertragbar.

Ausgangpunkt der Behandlung bildet hierbei, in Anlehnung an Winnicott, das Konzept des „potential space“, das es dem Kind erst ermöglicht, seine eigene Persönlichkeit und ein differenziertes Selbst zu entfalten, was ihm aufgrund ungünstiger Entwicklungsfaktoren und Rahmenbedingungen innerhalb der Familie bisher nicht möglich war. Der „potential space“ ermöglicht dem Kind, die Welt, die bereits vorhanden ist, kreativ zu erschaffen und so zu einem kohärenten Selbstgefühl zu gelangen. Hierbei geht es nicht darum, sich an eine bestehende Welt anzupassen, sondern seine eigene zu erschaffen.

Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen vor allem narzisstische Störungen sowie Borderlinestörungen, deren zentrale Charakteristiken und Merkmale sowie Unterschiede deutlich herausgearbeitet werden. Dabei geht Cohen auch auf Konzepte und Themen u.a. wie Objektbeziehungstheorie, Geschlechtsidentität, kognitive Beeinträchtigungen und Trennungsangst ein. Die spezifische Situation im Heim, die Anforderungen an das Personal sowie typische Entwicklungen und Phänomene werden verständlich und nachvollziehbar dargestellt.

Positiv hervorzuheben ist die sehr gute Lesbarkeit des Buches, die es auch einem breiten Lesepublikum ermöglicht sich in die Materie einzuarbeiten. Psychoanalytische Fachtermini werden nur äußerst zurückhaltend verwendet, wobei die Grundkonzepte- und Begriffe der Psychoanalyse, wie z.B. Selbst, Übertragung, ödipale Phase usw. jedoch als bekannt vorausgesetzt werden. Zahlreiche Fallbeispiel aus der Praxis verdeutlichen die Ausführungen. Durch die Konzentration auf die wesentlichen Aspekte verliert sich das Buch nicht in Einzelheiten sondern lässt die zentralen Erkenntnisse deutlich hervortreten. Genau hierin liegt die didaktische Qualität der Darstellung.

Fazit: Sehr gut lesbare Darstellung eines innovativen Heimkonzeptes zur Behandlung von traumatisierten und entwicklungsgestörten Kindern unter Berücksichtigung theoretischer Grundlagen.

Björn Hillen, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Dieses Buch ist der Behandlung von Borderline- und anderen Störungen von Kindern und Jugendlichen gewidmet, einer Behandlung, die in dieser Konzeptualisierung wohl einzigartig sein dürfte. Der Psychoanalytiker Yecheskiel Cohen integriert seine langjährigen Erfahrungen in ein Behandlungskonzept, dessen Prinzipien er mit seinen Mitarbeitern am Bnai Briith Residential Treatment Center in Jerusalem, erfolgreich entwickelt hat. Cohens Behandlungskonzept und seine praktische Umsetzung im Alltag der Kinder und Jugendlichen stimmen mit den Ansichten des Psychoanalytikers Donald W. Winnicott überein. Ausgehend von der zerstörerischen Macht, den der Mangel eines potential space d.h. eines Raumes, in dem das Kind sich von Geburt an in seinen Potentialitäten erst entfalten kann auf die frühe psychische Entwicklung hat, legt der Autor zahlreiche, erschütternde Beispiele auf unterschiedliche Weise mißhandelter Kinder vor. Die Beispiele zeigen das entwicklungstheoretische Verständnis und die Praxis der Psychoanalyse, die durch ihre Einfühlsamkeit und Parteinahme für die Not des Kindes und späteren Jugendlichen beeindrucken. Mögen die Lebensbedingungen dieser Patienten zum Teil auch Spiegel der schwierigen Geschichte Israels, der Einwanderungsprobleme und dem bedrohten Leben dort sein, so kennen auch wir katastrophale Lebensbedingungen und schwer beeinträchtigte psychische Entwicklungen von Kindern und Jugendlichen. Deren traumatisch beschädigte Eltern waren selbst Opfer von Mißhandlungen, zerrütteten Ehen, Drogenabhängigkeit, Verwahrlosung und all den damit verbundenen Folgen. Da diese Bedingungen sich in allen Industrienationen in zunehmendem Maß bedrohlich verschärfen, möchte dieses Buch auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, Institutionen nach diesem Modell auch hier einzurichten und zu fördern.

Die Herausgeberin:

Dipl.-Psych. Sibylle Drews, 1975-1992 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Sigmund-Freud-Institut Frankfurt, Psychoanalytikerin (DPV/IPV), seit 1992 in eigener Praxis tätig, Lehranalytikerin und Dozentin am Frankfurter Psychoanalytischen Institut, Mitbegründerin und von 1985-2000 Mitherausgeberin der Zeitschrift für psychoanalytische Theorie und Praxis, Autorin, Herausgeberin und Übersetzerin psychoanalytischer Publikationen, seit 1999 Vorsitzende der Sigmund-Freud-Stiftung.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung 9

Sibylle Drews
Vorwort 11

I. Psychoanalytische Prinzipien der integrierten Behandlung von Kindern und Jugendlichen 14

II. Die "Goldene Phantasie" und die Gegenübertragung 51

III. Größenphantasien bei Kindern mit narzißtischen und Borderline-Störungen - Eine vergleichende Analyse 66

IV. Kindesmißhandlung und ihre "Verheimlichung" 85

V. Selbstmorddrohungen der Mütter - Verlassenheitsängste der Kinder 100

VI. Das mißhandelte Kind und seine kogitive Beeinträchtigung 115

VII. Die Innenwelt des mißhandelten Kindes und die Behandlungsmöglichkeiten und ihre Grenzen 126

VIII. Suizidale Handlungen bei Latenzkindern als Ausdruck ihrer inneren Objektbeziehungen 144

IX. Traumatisierung in der frühen Kindheit und ihr Einfluß auf die Geschlechtsidentität in der Adoleszenz 156

X. Konflikte mit der Geschlechtsidentität als Suizidmotiv bei Adoleszenten 176

XI. Frühe Entwicklung und Migrationsprozesse 189

XII. Überlegungen zum Konzept der Zugehörigkeit in Entwicklung und Therapie 201

XIII. Wie sieht der Jugendliche die Welt? 210

XIV. Psychotherapie - Handwerk oder Kunst? 222

XV. Die Angst zu lieben 235

Literatur 252

Quellennachweis 257