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La Belle Question Die Frage nach der Gleichheit der Geschlechter bei François Poullain de la Barre (1647–1723) auf dem Hintergrund der (früh-)neuzeitlichen Querelle des Femmes
La Belle Question
Die Frage nach der Gleichheit der Geschlechter bei François Poullain de la Barre (1647–1723) auf dem Hintergrund der (früh-)neuzeitlichen Querelle des Femmes



Edition Exodus
EAN: 9783905577150 (ISBN: 3-905577-15-1)
408 Seiten, paperback, 16 x 23cm, 1998

EUR 33,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Für François Poullain de la Barre (1647-1723) ist la belle question – die Frage nach der Gleichheit der Geschlechter – die eigentliche und zentrale Frage der gesamten Menschheit. Er stellt diese Frage nicht nur ins Zentrum seines philosophisch- theologischen Denkens, sondern sie ist für ihn das Beurteilungskriterium schlechthin, ob sich Theorie und Praxis in den verschiedensten Disziplinen als wahr oder als falsch erweisen. Dies ist wohl auch das Anliegen einer heutigen feministischen Kritik und Theologie, wenn auch mit anderen Worten und in einem anderen historischen Kontext.



François Poullain de la Barre ist aber keine Ausnahmeerscheinung des 17. Jahrhunderts, vielmehr steht er in einer bereits langandauernden Tradition frauenfreundlichen Schrifttums, eines Feminismus avant la lettre. So kann das Profil von Poullain nicht ohne Konturen und Hintergrund der Vorgeschichte gezeichnet und verdeutlicht werden: Er befand sich in einer schon damals bald 200jährigen Geschlechterdebatte, der sogenannten Querelle des Femmes, zwischen frauenfreundlichen und frauenfeindlichen Schriften, Büchern, Diskussionen und Bildern, welche die Intellektuellenszene nicht nur in Frankreich und Italien beschäftigte, sondern als gesamteuropäisches Phänomen zu betrachten ist. So werden die misogynen Schriften der Querelle des Femmes exemplarisch mit dem 2. Teil des Rosenromans von Jean de Meun vorgestellt, mit der Frauen- und Ehesatire Lamentationes von Matheolus und mit dem Alphabet de l’imperfection et Malice des Femmes von Alexis Trousset, die frauenfreundliche Richtung der Querelle des Femmes dagegen mit Christine de Pizan, Agrippa von Nettesheim, Lucretia Marinella, Marie de Jars de Gournay und den Cartesianerinnen. In dieser Debatte werden Argumentationsstrukturen der einen und der anderen Seite aufgezeigt, die sich zum Teil bis in die Gegenwart durchziehen, allerdings fehlt uns heute das Wissen um diese Ursprünge.



Mit dieser Arbeit zeigt die Verfasserin, daß ein Abklopfen der philosophischen und theologisch-kirchlichen Tradition auf verschüttete Stränge und Unterströmungen ein aussichtsreiches und erfolgversprechendes Unternehmen sein kann. Die heutige Fragestellungen und Suchbewegungen gewinnen damit zusätzlich eine historische Dimension.



Die Autorin leistet so einen systematischen Aufweis einer feministischen Anthropologie als Basis für eine (Fundamental-)Theologie, die Mann und Frau als Abbild Gottes in den Blick nimmt.



Valeria Ferrari Schiefer, geb. 1954 in Ludiano/Tessin studierte Theologie in Luzern und München. Zunächst war sie wissenschaftliche Assistentin im Bereich Fundamentaltheologie an der Theologischen Fakultät der Universitären Hochschule Luzern. Zur Zeit ist sie Rektoratsassistentin der Universitären Hochschule Luzern und daneben freiberuflich tätig.


Inhaltsverzeichnis
LEHREN DER GESCHICHTE, ABER NICHT GELERNT
Geleitwort von Dietrich Wiederkehr 12

VORWORT 14

0. EINFÜHRUNG:
DIE AMBIVALENZ DER TRADITION
17

0.1 Problemstellung . . 18
0.2 Umgang mit der Tradition: Einordnungen und Optionen 22
0.3. Gegenstand der Untersuchung und Forschungsstand 31
0.3.1 Gegenstand der Untersuchung 31
0.3.2 Forschungsbericht .34
0.3.3 Ergebnisse aus dem Forschungsbericht 43
0.4 Feminismus avant la lettre: Problematik eines Begriffes 44
0.5 Vorgehen, Methode und Aufbau der Arbeit 51

1 ERSTER TEIL:
DIE (FRÜH-) NEUZEITLICHE QUERELLE DES FEMMES UND WEITERE ZEITSTRÖMUNGFN DES 17. JAHRHUNDERTS
54

1.1 Allgemeines über die Querelle des Femmes: Definitions- und Datierungsversuche .54

1.2. Die Querelle des Femmes vor dem 17. Jahrhundert ... 61

1.2.1 Die Frau - Ursprung des Bösen: Der zweite Teil des Rosenromans (Ende des 13. Jahrhunderts) 62

1.2.2. Die Frau - die Peinigerin des Mannes: Misogynie und Misogamie in den Lamentationes von Matheolus (zwischen 1295 und 1301 ) 65
1.2.2.1 Allgemeines 65
1.2.2.2 Aufbau und Inhalt des Buches 68
1.2.2.3 Beurteilung 74
1.2.3 Die Ebenbürtigkeit zwischen Mann und Frau und die Komplementarität zwischen Körper und Geist bei Christine de Pizan (1364 oder 1365-1430) 80
1.2.4. Vortrefflichkeit der Frau trotz Gleichheit der Seelen: Henricus Cornelius Agrippa von Nettesheim (1486-1535) 88
1.2.4.1 Leben und Werk 89
1.2.4.2 Kritische Beurteilung und Würdigung 103
1.2.5. Die Vortrefflichkeit der Frau an Leib und Seele: Lucretia Marinella (1571-1653) 108
1.2.5.1 Leben und Werk 110
1.2.5.2 Kritische Beurteilung und Würdigung 129
1.2.6 Zusammenfassung 131

1.3. Die Querelle des Femmes und weitere Zeitströmungen im 17. Jahrhundert 132
1.3.1 Die Querelle des Alphabets (ab 1617) 132
1.3.2. Die Gleichheit von Mann und Frau und die Frage der
Frauenbildung: Marie de Jars de Gournay (1565-1645) 141
1.3.2.1. Leben und Werk 141
1.3.2.1.1 Das Postulat der Gleichheit der Geschlechter 146
1.3.2.1.2 Die Frage der Frauenbildung 147
1.3.2.1.3 Die Lex Salica 150
1.3.2.1.4 Philosophische Anthropologie 151
1.3.2.1.5 Theologische Anthropologie 152
1.3.2.1.6 Das Geschlechterverhältnis in der Ehe 156
1.3.2.2 Kritische Beurteilung und Würdigung 157
1.3.3 Die Femme Forte' und die Femme Herolique' (ab 1630) 160
1.3.4 Preziöse Autorinnen, Cartesianerinnen und die modernen' Salons 164
1.3.5 Zusammenfassung 174

2. ZWEITER TEIL:
DAS LEBEN UND DAS WERK FRANCOIS POULLAINS DE LA BARRE
177

2.1 Das Leben 177
2.2. Das Werk 193
2.2.1. De l'Egalite des deux Sexes 195
2.2.1.1 Methode, Plan und Ziel der Abhandlung 195
2.2.1.2 Die Vorurteile der Allgemeinheit 197
2.2.1.3 Die Vorurteile der Gelehrtenwelt 202
2.2.1.4 Beurteilung 211
2.2.2. De l'Education des Dames 214
2.2.2.1 Der Widmungsbrief 214
2.2.2.2 Ziel und Aufbau des Buches 216
2.2.2.3 Erstes Gespräch: Begegnung und Vereinbarung 219
2.2.2.4 Zweites Gespräch: Voraussetzungen für das Gelingen eines Studiums 223
2.2.2.5 Drittes Gespräch: Von der Verschiedenheit der Zweifel und von den zwei Arten von Wahrheit
2.2.2.6 Viertes Gespräch: Die science-de-soi-meme 231
2.2.2.7 Fünftes Gespräch: Weiterführen& Literatur, Ermahnung und Abschied 235
2.2.2.8 Beurteilung 238
2.2.3. De l'Excellence des Hommes contre l'Egalitd des Sexes oder das Pro und Contra der Gleichheit der Geschlechter 242
2.2.3.1 Anliegen und Aufbau des Buches 242
2.2.3.2. Preface: Schrift und Tradition in bezug auf die Gleichheit der Geschlechter 247
2.2.3.2.1 Der Grundsatz der Gleichheit der Geschlechter oder la belle Question 247
2.2.3.2.2 Genesis 1 250
2.2.3.2.3 Genesis 2 252
2.2.3.2.4 Genesis 3 253
2.2.3.2.5 Paulusbriefe. ihm zugeschriebene und weitere neutestamentliche Briefe 260
2.2.3.2.6 Die Weisheitsliteratur 264
2.2.3.2.7 Lesemodus für den Hauptteil 268
2.2.3.3. De l'Excellence des hommes contre l'Egalite des Sexes: I.Teil 268
2.2.3.3.1 Allgemeine Gründe als Beleg flür die Ungleichheit der Geschlechter 268
2.2.3.3.2 "Physische Gründe für die Excellence der Männer" 270
2.2.3.4. De l'Excellence des hommes contre l´Egalite des Sexes: II.Teil 274
2.2.3.4.1 Biblische Belege für die Ungleichheit der Geschlechter 274
2.2.3.4.2 Andere theologische Gründe gegen die Gleichheit der Geschlechter 276
2.2.3.4.3 "Belege grosser Autoritäten der Vergangenheit gegen die Frauen" 280
2.2.3.5. "Notwendige Bemerkungen, um einiges über die Gleichheit der Geschlechter und die Vortrefflichkeit des einen über das andere zu klären 282
2.2.3.5.1 Erneute Widerlegung von neueren Argumenten gegen die Gleichheit 282
2.2.3.5.2 Die Rede der jungen Dame 284
2.2.3.6 Beurteilung 287
2.2.4. Vergleichende Zusammenfassung und Beurteilung der Werke 294
2.2.4.1 Scholastische Übung oder echtes Engagement? 294
2.2.4.2 Beurteilung der Werke auf dem Hintergrund
der Querelle des Femmes 297
2.2.4.3. Beurteilung der Werke: Gemeinsamkeiten, Unterschiede und
Entwicklungen 299
2.2.4.3.1 Darstellungsform 300
2.2.4.3.2 Methode und Argumentationsweise 300
2.2.4.3.3 Denkrichtungen 301
2.2.4.3.4 Thema, Inhalt und Anliegen 301
2.2.4.3.5 Umgang mit Tradition 302
2.2.5 Ergebnisse 303

3. DRITTER TEIL:
PHILOSOPHISCHE UND THEOLOGISCHE ANTHROPOLOGIE DER GESCHLECHTER BEI FRANCOIS POULLAIN DE LA BARRE
304

3.1. Philosophische Begründung der Gleichheit der Geschlechter 304
3.1.1 Psycho-physiologische Grundlage für das scholastische
Menschenbild 305
3.1.2 Das Leib-Seele-Verhältnis bei Descartes 310
3.1.3. Poullains Rezeption des Cartesianismus 319
3.1.3.1 Die Methode: Die Regel der Evidenz oder die Wahrheitsregel'
und die Regel der Ordnung 319
3.1.3.2 Der methodische Zweifel und die Existenzfrage: Vom Cogito zum Ago 322
3.1.3.3 Die Gottesfrage und die Gottesbeweise 329
3.1.3.4 "Der Geist hat kein Geschlecht" Poullains Rezeption des cartesianischen Menschenbildes 332
3.1.3.5 Die Science-de-soi-méme. Die Rezeption der cartesianischen Konzeption der Wissenschaften und der Moral 335
3.1.3.6 Zusammenfassende Beurteilung 338
3.1.4. Die feministische Frage bei Francois Poullain de la Barre 341
3.1.4.1 Der Cartesianismus und die Frage nach der Gleichheit der
Geschlechter bei Poullain 341
3.1.4.2 Weitere Methoden im Feminismus Poullains 345
3.1.5 Zusammenfassung 349
3.2. Theologische Begründung der Gleichheit der Geschlechter 351
3.2.1 Die feministische Wende: La belle Question. Die Frage nach der Gleichheit der Geschlechter als wichtigste Grundlage im theologischen Denken Poullains 351
3.2.2. Pouliains Rezeption der Querelle des Femmes 352
3.2.2.1 Poullains Rezeption der frauenfreundlichen Richtung
der Querelle des Femmes am Beispiel der Auslegung
von Genesis 2 353
3.2.2.2 Poullains Rezeption der frauenfeindlichen Richtung der Querelle des Femmes 357
3.2.3 Poullains Rezeption der Kirchenvätertradition 360
3.2.4 Pouliains Widerlegung einer frauenfeindlichen Paulusexegese 364
3.2.5 Zusammenfassung 370

4. VIERTER TEIL:
ERGEBNISSE - DIE ANTHROPOLOGIE DER GESCHLECHTER BEI FRANCOIS POULLAIN DE LA
BARRE AUS HEUTIGER SICHT - EINE KRITISCHE WÜRDIGUNG
373

4.1 Poullains Anthropologie als Geschlechteranthropologie - Der Mensch als Mann und Frau 373
4.2 Gleichheit, Differenz und Gleichwertigkeit der Geschlechter 374
4.3 Anthropologie der Geschlechterbeziehung in Gesellschaft und Ehe - Herrschaft und Gewalt versus Macht der Vernunft, Gegenseitigkeit und Liebe 381
4.4 Gottebenbildlichkeit und Schöpfungsauftrag 384
4.5 Menschenbild - Gottesbild 387
5 EPILOG 388

LITERATURVERZEICHNIS . 390