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Mitleid und Heimatlosigkeit Zwei Basiskategorien einer Anerkennungshermeneutik
Mitleid und Heimatlosigkeit
Zwei Basiskategorien einer Anerkennungshermeneutik




Michael Ramminger

Edition Exodus
EAN: 9783905577129 (ISBN: 3-905577-12-7)
288 Seiten, paperback, 15 x 23cm, Januar, 1998

EUR 26,59
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der Genozid von 1492 oder die europäischen Probleme multikultureller Gesellschaften, scheinen das Ende der großen universalistischen Traditionen zu besiegeln. Die Forderung nach Gleichheit wird mit Totalitarismus in eins gesetzt; gegen Uniformisierung und Massenkultur wird die heilende Wirkung kultureller Identität und der Stärkung des Besonderen ins Feld geführt. Die Frage nach der Anerkennung der Anderen also steht auf der Tagesordnung.



Auch die jüdisch-christliche Tradition zeigt, daß gerade die kulturelle Heimatlosigkeit und Anerkennung der Anderen als Gleiche die Attraktivität des Christentums über Kultur- und Religionsgrenzen hinweg ausmachte. Die Solidaritäten, die das Christentum vorschlägt, knüpfen an den ethischen Universalismus des Bundesverständnisses Israels an, der seine Verheißung nicht an ethnische Zugehörigkeit, sondern an Bedürftigkeit und Unterdrückung bindet.



Diese Arbeit geht der befreiungstheologischen Forderung nach einer Option für die Anderen nach, indem sie Anthropologie und Philosophie zu ihrem Beitrag eines Verstehens des Fremden befragt. Sie bringt die Wurzeln des Begriffs kultureller Identität ans Licht und entwirft eine Anerkennungshermeneutik. Diese fällt einer gefährlich romantizistischen Rede ins Wort, die kulturpessisch auf Partikularität und die je besondere Identität rekurriert.



Michael Ramminger, geb. 1960 in Eutin, Studium der Theologie und Sinologie in Saarbrücken und Münster. Von 1988 bis 1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Fundamentaltheologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität. Zur Zeit am Institut für Theologie und Politik in Münster mit Arbeitsschwerpunkten Theologie, soziale Bewegungen und Entwicklungspolitik. Veröffentlichungen: Dritte Welt Gruppen auf der Suche nach Solidarität (gem. mit Ludger Weckel), Münster 1997.


Inhaltsverzeichnis
VORWORT

1. OPTION FÜR DIE ARMEN: ENGFÜHRUNG DER WAHRNEHMUNG GESELLSCHAFTLICHER REALITÄT IN DER THEOLOGIE DER BEFREIUNG?

1.1. Vorrangige Option für die Armen
1.1.1. Option für die Armen, Befreiung und Universalität
1.1.2. Marxismus und Theologie der Befreiung
1.2. Lateinamerika und die indigene Frage
1.3. Theologie der Befreiung und kulturelle Identität
1.4. Option für die Anderen und Option für die Armen
1.5. Inkulturation und Universalität
1.6. Von der Universalität zur Plurikulturalität? Anthropologie und Theologie
1.6.1. Ethnologie und Anthropologie
1.6.2. Die Aporie der Anthropologie

2. ETHNOLOGIE

2.1. Ethnologie und Kulturzerstörung
2.2. Anthropologie und Sozialwissenschaften
2.3. Anthropologie und Geschichte
2.4. Strukturale Anthropologie
2.4.1. Strukturale Anthropologie und Linguistik bei Saussure
2.4.2. Verwandschaftsbeziehungen
2.4.2.1. Tausch, Reziprozität und Gesellschaft
2.4.3. Klassifikationssysteme
2.4.4. Mythenforschung
2.5. Das Subjektverständnis und die Strukturen des menschlichen Geistes

3. HEIMATLOSIGKEIT ALS ERKENNTNISTHEORETISCHE PRÄMISSE IN DER STRUKTURALEN ANTHROPOLOGIE

3.1. Die ethnographische Erfahrung der Fremdheit und das Zerbrechen der Evidenzen des Ich
3.1.1. Die Reise
3.2. Ethnologie als Wissenschaft der Verschiedenheit
3.3. Lévi-Strauss und Sartre: Eine kritische Auseinandersetzung mit einer Philosophie der "Abkapselung des Ich"
3.3.1. Dialektik als regressiv-progressives Verfahren bei Sartre
3.3.2. Mangel und Geschichte
3.3.3. Analytische Vernunft und dialektische Vernunft
3.3.4. Die Kritik von Lévi-Strauss: Die Intelligibilität der analytischen Vernunft
3.3.4.1. Geschichte als Mythos
3.3.4.2. Heteronomie und die Unüberwindbarkeit zwischen Ich und Anderem
Exkurs: Mythos, Psychoanalyse und Ideologie

4. MITLEID ALS EPISTEMOLOGISCHE HALTUNG IM WILDEN DENKEN UND IN DER STRUKTURALEN ANTHROPOLOGIE

4.1. Die Wissenschaft vom Konkreten
4.2. Mitleid und ursprüngliche Identifikation
4.3. Die Aktualität der Philosophie der "ursprünglichen Identifikation"
4.4. Die "intellektualistische" Wendung des Mitleids: Eine unzulässige Interpretation Rousseaus?

5. DAS PRINZIP HEIMATLOSIGKEIT BEI ROUSSEAU

5.1. Introspektion und Distanzierung der Gesellschaft bei Rousseau in den "Bekenntnissen" und den "Träumereien"
5.1.1. Introspektion und Exil
5.1.2. Subjektivität und ob)ektive Problematik in der Introspektion Rousseaus
5.1.3. Introspektion in theoretischem Werk und autobiographischen Schriften
5.2. Das Prinzip Heimatlosigkeit: Die Distanzierung des Naturzustandes im Diskurs über die Ungleichheit
5.2.1. Der Naturbegriff bei Rousseau im "Diskurs über die Ungleichheit
5.2.1.1. Der physische Naturzustand
5.2.1.2. Instinkt, Sensualismus und Freiheit
5.2.1.3. Ungeselligkeit
5.2.1.4. Sprachlosigkeit
5.2.2. Das Verhältnis von Rousseau zu Hobbes
5.3. Der Übergang von der Natur zur Gesellschaft
5.4. Heimatlosigkeit, Introspektion und Distanzierung des Naturzustandes

6. MITLEID BEI ROUSSEAU

6.1. Selbstliebe und Eigenliebe bei Rousseau
6.2. Die Natürlichkeit des Mitleids
6.3. Mitleid im "Essai über den Ursprung der Sprache"
6.4. Die Unmittelbarkeit und Erfahrungsbezogenheit des Mitleids im Naturzustand
6.5. Mitleid, Affektivität und Reflexivität
6.6. Das umgekehrt reziproke Verhältnis von Eigenliebe und Mitleid
6.7. Mitleid bei Mandeville
6.8. Mitleid und Hermeneutik
6.9. Die Übersetzung der pitie' in den contrat social und die Kleinrepublik
6.9.1. Der Gesellschaftsvertrag
6.9.2. volonte' générale
6.9.3. volonte' générale und Kleinrepublik

7. OPTION FÜR DIE ANDEREN, ANTHROPOLOGIE UND DIE REHABILITATION DER HERKUNFT

7.1. Volksgeist, Nationalismus und kulturelle Identität
7.1.1. Herders' "Abhandlung über den Ursprung der Sprache "
7.1.2. Telos und Movens von Geschichte
7.2. Der Totalitarismus der Herkunft
7.2.1. Das Wesen der Sprache bei Schlegel
7.2.1.1. Sprachtypologisierung
7.2.1.2. Organische und mechanische Sprache
7.2.2. Der Ursprung der Sprache
7.2.3. Vergleichende Sprachwissenschaft als Universalsystematik
7.2.4. Ursprung und Herkunft bei Schlegel
7.3. Gemeinschaft und Gesellschaft

8. SELBSTERHALTUNG, FREMDVERNICHTUNG UND MITLEID

8.1. Hobbes' "natural condition of mankind"
8.1.1. Die Opazität des Anderen
8.1.2. Sprache und Verständigung
8.2. Mitleid und Historizität
8.3. Mitleid und Gesellschaft
8.4. Mitleidslosigkeit und dialektische Vernunft
8.5. Negative Dialektik und Rousseau
8.5.1. Zerfall des Individuums und sozial erzeugte Unfähigkeit zur Erfahrung
8.5.2. Bekenntnisse" und "Träumereien" als unglückliches Bewußtsein
8.5.3. Unglückliches Bewußtsein und das somatische Moment von Erkenntnis
8.5.4. Selbsterhaltung als allen durchsichtige Solidarität

9. THEOLOGIE, KULTURELLE IDENTITÄT UND UNIVERSALITÄT

9.1. Die Kritik des Universalismus
9.2. Das Scheitern der Universalität: Die Menschenrechte
9.3. Das Scheitern von Heimatlosigkeit und Mitleid: Die Lehre der Anthropologie
9.4. Heimatlosigkeit und Mitleid: Kritik des Identitätsdenkens
9.5. Der Universalismus von Mitleid und Heimatlosigkeit in jüdisch-christlichen Traditionen
9.5.1. Alterität, ethischer Universalismus und Verheißung im Alten Testament
9.5.2. Identität und Exklusion im frühen Christentum
9.6. Alterität, Universalismus und Hegemonie

10. LITERATUR