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Wozu noch Universitäten? Ein Essay
Wozu noch Universitäten?
Ein Essay




Reinhard Brandt

Meiner Hamburg
EAN: 9783787321421 (ISBN: 3-7873-2142-X)
250 Seiten, paperback, 13 x 21cm, 2011

EUR 18,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Ziel dieses Essays ist hochgesteckt: Es geht um die Verteidigung der Idee und der Institution der Universität als Stätte der freien Forschung und Lehre gegen die Anmaßungen einer vermeintlich progressiven Neuordnung der akademischen Ausbildung nach dem Bolognarer Reformmodell. Anzustreben ist eine Universität weder der Massen noch der Eliten, sondern der akademischen Erkenntnis.
Rezension
Die Kritik dieses Essays zielt in eine Richtung, die aus jüngeren Diskussionen in Schulen und Hochschulen hinlänglich bekannt und womöglich berechtight ist: Die immer stärkere Verschulung von Bildung und die zunehmende Veränderung von Bildung in Ausbildung, mithin die Verzweckung, Funktionalisierung und Ökonomisierung von Bildung zu vordergründigen marktpolitischen Zwecken, wie sie sich in der hochschulpolitischen Debatte vor allem durch den sog. Bologna-Prozess zeigt. Die Zäsur von 1968 führte zur Einebnung der Differenz zwischen den der Erkenntnis gewidmeten Universitäten einerseits und den an der Praxis orientierten Hochschulen andererseits, - ein Prozess, der jetzt fortgeschrieben wird. Der Autor plädiert für eine Revidierung des Bologna-Prozesses, der Erhaltung der Universitäten mit freier Forschung und Lehre gegen eine technisierte Produktion von Wissen.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Das Ziel dieses streitbaren Essays ist hoch gesteckt: Es geht um die Verteidigung der Idee und der Institution Universität als Stätte der freien Forschung und Lehre gegen die Anmaßungen einer vermeintlich progressiven Neuordnung der akademischen Ausbildung nach dem Bologna-Reformmodell.
Die heutige Zivilgesellschaft braucht unabhängige Universitäten als Institutionen der kritischen Erkenntnis in den Natur- und Geisteswissenschaften. Diese Erkenntnis strukturiert die Lehre und Forschung der freien Universität, nicht die positive Wissensvermittlung mit praktischer Zielsetzung in der Marktverwertung. "Wozu noch Universitäten?" verfolgt am Leitfaden der Unterscheidung von akkumulierbarem Wissen und kreativer Erkenntnis die Lehre und Forschung von der Antike bis zur Gegenwart.
Die Antike mit ihren vielen naturwüchsigen Wissenschaften bildete die Grundlage der mittelalterlichen Universitäten, die im 19. Jahrhundert zwar formal in der Vier-Fakultäten-Ordnung weiter bestanden, sich jedoch faktisch in die duale Anlage von Natur- und Geistes- oder Kulturwissenschaften verwandelte. Heute treten an die Stelle fester Fächerordnungen häufig föderative Bündnisse, die sich um die Lösung neuer Probleme bemühen. - Die Zäsur von 1968 führte zur Einebnung der Differenz zwischen den der Erkenntnis gewidmeten Universitäten einerseits und den an der Praxis orientierten Hochschulen andererseits.
Die sog. Bologna-Reformen nach 1999 schließlich waren der Vorwand für eine bürokratische Betonierung des Studiums auf Provinzniveau. Das Versagen von "Bologna" ist offenkundig, schon das Bezugsfeld Europa ist für die Wissenschaft, die weltweit denkt und vernetzt ist, eine eklatante Fehlleistung. Die Universität sollte sich behutsam befreien von der - pädagogisch zubereiteten - Zwangsordnung und ihr die eigenen Maßstäbe in Forschung und Lehre entgegen stellen. Kritische Erkenntnis und Begründung sind der Kern der weltweiten Universitäten, wie jede Zivilgesellschaft sie braucht und vom Staat einfordern kann.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 7

I. Erkenntnis ohne Universitäten in der Antike und im frühen Mittelalter 19

II. Die Vier-Fakultäten-Universität von ca. 1200 bis ca. 1800 29


1. Entstehung und Form der Universität 29
2. Worauf beruht die Struktur der Universität? 36
3. Stagnierende und lebendige Scholastik; außeruniversitäre Erkenntnis 49
4. Inhalt und Methode 58
5. Kants kritische Philosophie und der Streit der Fakultäten (1798) 63
6. Die Öffentlichkeit 69

III. Die deutsche Universität von 1810 bis 1968 73

1. Das neue Selbstbewußtsein 73
Wissen, Erkennen und Forschen 81
3. Verstehen und Erkennen 87
4. Geistes- bzw. Kulturwissenschaften versus Natur- bzw. exakte Wissenschaften 90
5. Zur Entstehung der Natur- und Geisteswissenschaften 94
6. Platon und Aristoteles: Geisteswissenschaften versus Mathematik 99
7. Geisteswissenschaften mit Newton; Überbau und Unterbau 103
8. Wissenschaftsgeschichte 108
9. Protektion, Gehorsam, Freiheit 110
10. Bildung 113
11. Lust und Freiheit 117
12. Staatsexamen für Gymnasiallehrer 118
13. Titel 120

IV. Die Produktion von Wissen und die Herrschaft der Verwaltung 127

1. 1968 127
2. Bologna: Wirklichkeit und Versagen 131
3. Zerstörung der Universitäten? 138
4. Lob und Kritik der Drittmittel 142
5. Die Vorgabe von Wissen 144
6. »Step into future now!« Das Machen der Zukunft gegen die Macht der Vergangenheit 149
7. Exzellenz-Zentren 153
8. A propos Eliten 154
9. Und Bildung 156
10. Corporate Identity 160
11. Das größte Problem 162

V. Wozu noch Universitäten? Und welche? 167

1. Die Rechtfertigung von Erkenntnis 167
2. Rücknahme der Bologna-Ausführungen? 172
3. Die Ersetzbarkeit der Universität durch private Ausbildungsstätten 181
4. Die Ersetzbarkeit der Ortsuniversität durch Fernstudium 186
5. Gründe für den Erhalt der Universitäten 190
6. Das Interesse und das Recht der Bürger an Universitäten mit freier Forschung und Lehre 198

Anhang l
Zum Arbeitsdienst im Studium 211
1933-1945 211
DDR 212
BRD (Hessen), ab 2006 214

Anhang II
Biochemie und Bologna 220
Anmerkungen 223
Literatur 235
Personenregister 245