Paul Austers Roman "Mr. Vertigo" (erschienen 1994/auf deutsch 1996) handelt von dem Erzähler Walter C. Rawley (Walt), der als neunjähriger Straßenjunge von Meister Yehudi, einem ungarischen Juden, aufgelesen wird. Nach Fluchtversuchen fasst er endlich Vertrauen zu dem Juden, der auch mit einem schwarzen Jungen und einer Indianerin zusammenlebt, doie vom Ku-Klux-Klan umgebracht werden. Meister Yehudi will Walt das Fliegen beibringen. Als fliegender Wunderknabe zieht Walt mit Meister Yehudi durch die USA von einer Show zur anderen, bis sein Onkel Slim ihn entführt, um Lösegeld zu erpressen. Kurz vor der Übergabe gelingt es Walt sich zu befreien. Mit der Pubertät hört die Karriere allerdings auf, da er nach jeder Aufführung unerträgliche Kopfschmerzen bekommt. Die beiden machen sich nun auf nach Hollywood, wo Meister Yehudi aus Walt einen Schauspieler machen will, werden aber auf der Fahrt dorthin Walts Onkel Slim überfallen, wobei Meister Yehudi stirbt. Walt tötet schließlich seinen Onkel Slim und wird an dessen Stelle Mafioso. Dann muß er in den Krieg und schlägt sich danach mit Gelegenheitsarbeiten durch. - Paul Austers abenteuerlicher Roman ist ein Gleichnis von ökonomischem Aufstieg und moralischem Verfall, ein Spiel mit den Mythen und Idealen eines Landes, das sich noch unschuldig wähnt, doch längst durch Gier und Übermut gefährdet ist. - Der US-amerikanische Schriftsteller Paul Auster, geboren 1947 in Newark und einer der meistgelesenen Autoren der amerikanischen Gegenwartsliteratur, gilt als postmoderner Autor, der - genau wie seine Ehefrau, die US-amerikanische Schriftstellerin Siri Hustvedt - , wenig Interesse an klassischen Erzählformen hat, sondern mit neuen experimentiert, zuletzt in seinem voluminösen neuen Roman "4 3 2 1" (Rowohlt 2017), in dem er (s)eine Lebensgeschichte erzählt in vier Variationen, unterschieden nach jeweils existenziell getroffenen Entscheidungen. Das gilt auch schon für die bekannte New-York-Trilogie, die Paul Auster 1987 zum internationalen Durchbruch verhalf. Sie besteht aus den Romanen Stadt aus Glas (City of Glass, 1985), Schlagschatten (Ghosts, 1986) und Hinter verschlossenen Türen (The Locked Room, 1987). Anfangs klassische Detektivgeschichten oder Kriminalromane, in denen die Protagonisten beauftragt werden, jemanden zu finden oder zu observieren, wird das Genre postmodern gebrochen: Auf ihrer Suche stoßen die Protagonisten auf immer neue Unklarheiten und verlieren sich schließlich selbst, zudem wird der Autor selbst in das fiktive Geschehen einbezogen. Die Beobachtungen und Nachforschungen der Protagonisten münden nicht in die Aufklärung eines Kriminalfalles; sie reflektieren vielmehr ihr persönliches Schicksal und fürchten den Verlust ihrer Identität, - typisch für die diffuse Stadtlandschaft, die postindustrielle Gesellschaft und die postmoderne Lebenswirklichkeit.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de

Themen: Kansas; USA: The Progressive Era (c 1890–1929); 1920 bis 1929 n. Chr.; Moderne und zeitgenössische Belletristik; Belletristik in Übersetzung

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