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Organismus und Freiheit. Philosophie des Lebens und Ethik der Lebenswissenschaften  Band I/1 der Kritischen Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas Böhler, Dietrich / Burkhart, Holger / Wiese, Christian / Bongardt, Michael / Zimmerli, Walther Ch. (Hg.)
Organismus und Freiheit. Philosophie des Lebens und Ethik der Lebenswissenschaften
Band I/1 der Kritischen Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas


Böhler, Dietrich / Burkhart, Holger / Wiese, Christian / Bongardt, Michael / Zimmerli, Walther Ch. (Hg.)

Hans Jonas

Rombach
EAN: 9783793095606 (ISBN: 3-7930-9560-6)
922 Seiten, hardcover, 16 x 24cm, 2010

EUR 78,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs, als Soldat der Jewish Brigade Group gegen Nazideutschland kämpfend, skizzierte Jonas Grundgedanken einer »philosophischen Biologie«. 1949 nach Kanada und 1955 nach New York berufen, entwickelte er - auf dieser Basis - in jahrzehntelanger Arbeit eine phänomenologische Ontologie des Lebendigen, welche die Philosophie des Organismus und die Philosophie des Geistes umgreift. Nach verschiedenen Teilveröffentlichungen erschien 1966 das englische Buch, dessen Neubearbeitung Jonas dann 1973 unter dem sprechenden Titel »Organismus und Freiheit« veröffentlichte.

Dieser Neuansatz - Jonas hat das Buch als sein bedeutendstes und als Grundlage seiner Ethik angesehen - bezweckt nichts Geringeres als eine Aufhebung des dualistischen Rahmens der neuzeitlichen Philosophie. Die ontologische Existenzweise des Organismus auf dem Entwicklungspfad zur Freiheit erschließt Jonas in doppelter Frontstellung: gegenüber der Spaltung des Seins in Leib und Seele, Mensch und Welt, aber auch gegenüber den monistischen Reduktionen des Seins - insbesondere vom Materialismus bis hin zur Allgemeinen Systemtheorie. Dabei zeigt er, daß der Organismus auf differenzierte Weise jene Wirklichkeitssphären vereint, welche in der abendländischen Metaphysik und ihrer Wirkungsgeschichte einschließlich Heideggers und der modernen Hirnforschung vorwiegend als getrennt gesehen werden: Notwendigkeit und Freiheit.

In dem hier vorliegenden ersten Band der Kritischen Gesamtausgabe wird das Werk textkritisch und kontextbezogen kommentiert. Zudem präsentiert dieser Band Jonas' ethische Anwendungen seiner Philosophie des Lebens auf die molekulare Biologie und die hochtechnologische Medizin. Hier habe sich der Mensch sogar eine »neue Schöpferrolle« zugeeignet, deren moralische Verantwortbarkeit es kritisch zu prüfen gelte.
Rezension
Vor uns liegt der erste Band einer Jahrhundert-Edition: Band I/1 der Kritischen Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas. - Hans Jonas, am 10.5.1903 in Mönchengladbach geboren, studierte in Freiburg und in Berlin an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und an der Friedrich-Wilhelms-Universität sowie an der Universität Marburg. 1933 wanderte er zunächst nach London aus und 1934 nach Jerusalem. 1940-45 war er Soldat der britischen Armee innerhalb der Jewish Brigade Group und 1948-49 Soldat der Israelischen Armee. 1949 siedelte er nach Kanada über und wurde Fellow an der McGill-University Montreal und 1950-1954 an der Carleton-University Ottawa. 1955 übernahm er eine Professur an der New School for Social Research. Es folgten Gastprofessuren an der Princeton University, Columbia University, University of Chicago und der Universität München. 1987 wurde ihm der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Hans Jonas ist am 5. Februar 1993 in seinem Haus bei New York gestorben. - Obwohl 1933 von seinem Vaterland entrechtet und mit dem Tod bedroht, hat Hans Jonas seine Schriften wesentlich in deutscher Sprache verfasst. Der jüdische Philosoph und Religionswissenschaftler Hans Jonas (1903-1993) hat mit seinen Werk „Das Prinzip Verantwortung“ (deutsch: 1979) (in Abgrenzung von Ernst Blochs „Prinzip Hoffnung“) einen wesentlichen Beitrag zur Ethik in einer technologischen und biomedizinischen Welt am Ende des 20. Jhdts. geliefert. Er gehört zu den größten Denkern des 20. Jahrhunderts, der sich den Geisteswissenschaften und den Naturwissenschaften gleichermaßen gewidmet hat und der der Verantwortung im technologischen Zeitalter eine zentrale Rolle zugewiesen hat. Das Prinzip Verantwortung versucht eine moralphilosophische Antwort auf die technologische und biomedizinische Macht der Gegenwart. Die neuen technologischen Fähigkeiten des Menschen verpflichten zur Verantwortung für zukünftige Generationen; eine moralische Folgensensibilität gilt es zu erarbeiten. Durch die ungeheure Potenzierung menschlich-technischen Vermögens, insbesondere durch Atom- und Biotechnik, gelten nach Hans Jonas im technologischen Zeitalter vor allem drei Voraussetzungen aller bisheriger Ethik nicht mehr: 1) die menschliche Natur ist nicht mehr eindeutig und unverrückbar, 2) das Gute ist nicht mehr eindeutig bestimmbar und 3) die Reichweite menschlicher Verantwortung ist unendlich ausgeweitet. Deshalb bedarf es einer neuen Ethik; denn Jonas These lautet: Die Verheißung der modernen Technik ist in Drohung umgeschlagen und diese hat sich mit jener unlösbar verbunden. Eine solche Ethik begründet die Forderung, so zu handeln, dass die Wirkungen unserer Handlungen verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden. Jonas plädiert für eine »Heuristik der Furcht«. Im Erschrecken vor den künftigen Gefahren, die den Menschen bedrohen, gewinnen wir erst ein wirkliches Verständnis unserer Selbst und dessen, was es zu schützen gilt. - Der hier anzuzeigende erste Band der Gesamtausgabe ist der Thematik des Prinzips Verantwortung eng verbunden.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Bongardt, Michael / Böhler, Dietrich / Burkhart, Holger / Wiese, Christian / Zimmerli, Walther Ch. (Hg.)
Kritische Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas
Herausgeben im Auftrag von Prof. Dietrich Böhler und Horst Gronke. Hans Jonas-Zentrum an der Freien Universität Berlin.

5 Abteilungen mit 11 Bänden in 13 Teilbänden, Hardcover,
15,4 x 22,8 cm, ges. ca. 8033 S.
€ 1014,00
ISBN 978-3-7930-9515-6

Kritische Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas
Hauptherausgeber:
Dietrich Böhler, Michael Bongardt, Holger Burckhart, Christian Wiese und Walther Ch. Zimmerli

Der aus Mönchengladbach stammende, 1993 verstorbene deutsch-amerikanisch-jüdische Philosoph zählt zu den bedeutendsten Denkern des 20. Jahrhunderts. Als Begründer einer Ethik der wissenschaftlich technologischen Zivilisation gelangte er zu Weltruhm. Tiefsitzende Denkgewohnheiten und den Nah-Horizont der ethischen Traditionen kritisierend, analysierte er die noch nie dagewesene Herausforderung zu einer Verantwortung für die Natur, die Menschheitszukunft und das Men¬schenbild. Z.B. warnte Jonas seit Jahrzehnten vor den Folgen einer Klimakatastrophe. Jetzt haben wir sie, sprechen aber beschwichtigend von „Klimawandel“. Und wenn heute allenthalben von „Nachhaltigkeit“ die Rede ist, so hatte Jonas bereits in den 70er Jahren deren Rechtsgrund erkannt: globale Verantwortung als Prinzip. Dabei dachte er gleich über das ökologisch ökonomische Interesse hinaus. Es gehe um Verantwortung für die Zukunft eines menschenwürdigen Daseins auf Erden.
Die Gesamtausgabe der Werke von Hans Jonas, erarbeitet am Hans Jonas-Zentrum an der Freien Universität Berlin, erschließt den interdisziplinären Denker und politisch engagierten Ethiker erstmals in voller Breite. Sie schließt damit die Kluft zwischen der Weltbedeutung von Jonas’ Denken für die Zukunftsverantwortung, für das jüdische Erbe im europäischen Geist sowie für die Religionsphilosophie und der beklagenswert unvollständigen, zerstreuten Präsentation dieses Denkens.
Die Gesamtausgabe umfaßt nicht allein die moralphilosophischen, naturphilosophischen, religionsphilosophischen sowie metaphysischen Werke und die unveröffentlichten Vorlesungen, sondern auch wichtige Briefe von und an Hans Jonas und erhellende Gespräche mit ihm – oft zeitkritisch, mahnend und orientierend oder sein Denken plastisch erläuternd. Sie erschließt die Werke durch benutzerfreundliche Register: Begriffsregister, Sachregister, Namenregister; ein Literaturverzeichnis und ein Glossar fremdsprachiger Termini. Sie kommentiert die Entwicklung von Jonas’ Gedanken, die begrifflichen, wissenschaftsgeschichtlichen und philosophiegeschichtlichen Hintergründe und Auseinandersetzungen wie auch die Antworten auf die neuartigen Herausforderungen des technologischen Zeitalters.

Die Edition wird von einem namhaften Kuratorium unterstützt: Bundespräsident a.D. Dr.h.c. Johannes Rau †, Mrs. Eleonore Jonas, Dr.h.c. Paul Spiegel sel. A., die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland Charlotte Knobloch, Staatsministerin a.D. Dr.Dr.h.c. Hildegard Hamm-Brücher, Ratsvorsitzender der EKD Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz Dr. Karl Kardinal Lehmann, Ministerpräsident a.D. Dr.h.c. Erwin Teufel.

Editionsplan Gesamtausgabe:

Abt. I: Philosophische Hauptwerke:

Band I/1 Organismus und Freiheit. Philosophie des Lebens und Ethik der Lebenswissenschaften

922 S. Erscheinen: Dezember 2009

Band I/2 Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation.

Grundlegung und Anwendung

820 S. Voraussichtliches Erscheinen: 2. Quartal 2012


Abt. II: Vorlesungen

Band II/1 Zeit und Freiheit. Über den Geist der Antike und Spätantike

1100 S. in 2 Teilbänden. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2014

Band II/2 Wissenschaftliche und ontologische Revolutionen

560 S. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2011

Band II/3 Leben und Organismus

1030 S. in 2 Teilbänden. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2014


Abt. III: Metaphysische, religions- und kulturphilosophische Schriften

Band III/1 Metaphysische und religionsphilosophische Studien

722 S. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2011

Band III/2 Herausforderungen und Profile. Jüdisch-deutscher Geist in der Zeit – gegen die Zeit

531 S. Voraussichtliches Erscheinen: 2. Quartal 2011


Abt. IV: Religionsphilosophische Hauptwerke

Band IV/1 Gnosis und spätantiker Geist I: Die mythologische Gnosis

568 S. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2013

Band IV/2 Gnosis und spätantiker Geist II: Von der Mythologie zur mystischen Philosophie

560 S. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2014

Band IV/3 Gnosis und die Anfänge des Christentums. Religion und Philosophie in der Spätantike

ca. 600 S. Voraussichtliches Erscheinen: 4. Quartal 2012


Abt. V: Zeitzeugenschaft und Engagement

Band V Briefe, Erinnerungen und Diskussionen

820 S. Voraussichtliches Erscheinen: 2. Quartal 2015
Inhaltsverzeichnis
Hans Jonas
Organismus und Freiheit
Philosophie des Lebens und Ethik der Lebenswissenschaften
A. Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie
B.
C. Ergänzende Texte
D. Anhang
E. Zur Textgestaltung der Kritischen Gesamtausgabe


EINFÜHRUNG ZUR KRITISCHEN GESAMTAUSGABE S. XV

EINLEITENDER KOMMENTAR ZU BAND I/l S. LXXXI

A. ORGANISMUS UND FREIHEIT.
ANSÄTZE ZU EINER PHILOSOPHISCHEN BIOLOGIE S. l

Vorwort S. 3
Detailliertes Inhaltsverzeichnis S. 7
Einleitung. Über die Thematik einer Philosophie des Lebens S. 11
1. Das Problem des Lebens und des Leibes in der Lehre vom Sein S. 19
2. Wahrnehmung, Kausalität und Teleologie S. 51
3. Philosophische Aspekte des Darwinismus S. 73
Anhang. Die Bedeutung des Kartesianismus für die Theorie des Lebens S. 100
4. Harmonie, Gleichgewicht und Werden S. 109
5. Ist Gott ein Mathematiker? Vom Sinn des Stoffwechsels S. 125
Anhang l. Der griechische Gebrauch der Mathematik in der Deutung der Natur S. 179
Anhang 2. Bemerkungen zu Whiteheads Philosophie des Organismus S. 184
6. Bewegung und Gefühl. Über die Tierseele S. 189
7. Kybernetik und Zweck. Eine Kritik S. 205
Anhang. Materialismus, Determinismus und der Geist S. 230
8. Der Adel des Sehens. Eine Untersuchung zur Phänomenologie der Sinne S. 243
Anhang. Sehen und Bewegung S. 268
9. Homo pictor: Von der Freiheit des Bildens S. 277
Anhang. Vom Ursprung der Wahrheitserfahrung S. 304
Überleitung. Von der Philosophie des Organismus zur Philosophie des Menschen S. 317
10. Vom praktischen Gebrauch der Theorie S. 325
Epilog. Natur und Ethik. S.357

B. S. 361

1. Technik, Ethik und biogenetische Kunst. Betrachtungen
zur neuen Schöpferrolle des Menschen S. 365
Teil l: Warum die moderne Technik ein Gegenstand für die Ethik ist S. 365
Teil 2: Mikroben, Gameten und Zygoten S. 376
2. Im Dienste des medizinischen Fortschritts: Über Versuche an menschlichen Subjekten S. 391
3. Ärztliche Kunst und menschliche Verantwortung S. 441
4. Laßt uns einen Menschen klonieren: Von der Eugenik zur Gentechnologie S. 455
5. Gehirntod und menschliche Organbank: Zur pragmatischen Umdefmierung des Todes S. 511
6. Techniken des Todesaufschubs und das Recht zu sterben S. 537

C. ERGÄNZENDE TEXTE S. 569

Spinoza and the Theory of Organism S. 571
Appendix 3: Note on the Nonparticipation of DNA in Metabolism S. 592
Vorwort zu „Technik, Medizin und Ethik" S. 595

D. ANHANG S. 599

DANK AN DIE MÄZENE - EHRENTAFEL S. 600

EDITORISCHE HINWEISE S. 602

1. Hinweise zu Teil A. Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie S. 602
2. Hinweise zu Teil B. S. 608

ANMERKUNGEN DES HERAUSGEBERS S. 616

1. Anmerkungen zu Teil A. Organismus und Freiheit. Ansätze zu einer philosophischen Biologie S. 616
2. Anmerkungen zu Teil B. S. 703

NAMENREGISTER S. 717

BEGRIFFS- UND SACHREGISTER S. 723

E. ZUR TEXTGESTALTUNG DER KRITISCHEN GESAMTAUSGABE S. 757

1. Regeln der Textgestaltung S. 759
2. Regeln der Nachlaßbearbeitung S. 762
3. Zeichen, Abkürzungen, Siglen S. 763