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Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik  Andreas Grossmann und Malte Dominik Krüger (Hrsg.)
Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik


Andreas Grossmann und Malte Dominik Krüger (Hrsg.)
Vittorio Klostermann
EAN: 9783465003083 (ISBN: 3-465-00308-X)
252 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, September, 2023

EUR 59,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In seiner Studienzeit in Marburg erhielt Hans Jonas (1903–1993) entscheidende Anstöße von seinem philosophischen Lehrer Martin Heidegger, nicht minder jedoch von dem evangelischen Theologen Rudolf Bultmann. Mit letzterem sollte ihn eine lebenslange Gelehrtenfreundschaft verbinden. Hans Jonas, so der vorgeschlagene Deutungsansatz, ist Teil der von Heidegger und Bultmann sowie ihren jeweiligen Schülern geprägten "Marburger Hermeneutik". Sie wird im Anschluss an Dieter Henrich als eine "Konstellation" begriffen, die von Zugehörigkeit und Distanz gleichermaßen gekennzeichnet ist. Aus einer internationalen und interdisziplinären Marburger Konferenz hervorgegangen, gehen die Beiträge dieses Bandes verschiedenen Spuren der Marburger Konstellationen im Denken Jonas᾽ nach. So erschließen sie ein bedeutendes Kapitel der intellectual history im Spannungsfeld von Philosophie und Theologie.
Rezension
Internationale Bekanntheit erlangte Hans Jonas (1903-1993) durch sein Buch „Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation“(1979) und seine Tübinger Rede „Der Gottesbegriff nach Auschwitz“(1987). Bei seiner philosophischen Begründung der neuen verantwortungsethischen Imperative und seiner ontologischen Verantwortungsethik macht der Philosoph von bestimmten metaphysischen Annahmen Gebrauch: Lebewesen besitzen einen Selbsterhaltungstrieb. Demnach bejahen sie ihr Leben. Leben besitzt einen Vorrang gegenüber Nichtleben, Sein gegenüber Nichtsein. Diese Prämissen sind nur verständlich vor dem Hintergrund von Jonas` Auseinandersetzung mit der „großen Marburger Union von Theologie und Philosophie“, wie er sie 1929 in einem Brief an den Philosophen Gerhard Krüger bezeichnete. Gemeint ist damit die Marburger Arbeitsgemeinschaft zwischen dem Theologen Rudolf Bultmann und dem Philosophen Martin Heidegger, bei dem Jonas 1928 mit der Arbeit „Der Begriff der Gnosis“ promovierte. Diese für das Denken von Jonas entscheidende Konstellation bezeichnen Andreas Grossmann (Wissenschaftlicher Leiter des „Forum interdisziplinäre Forschung“ an der Technischen Universität Darmstadt) und Malte Dominik Krüger (Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Philipps-Universität Marburg) kurz als „Marburger Hermeneutik“.
Welchen Einfluss diese auf das Werk und die Denkbewegungen von Jonas hatte, war Gegenstand einer Konferenz an der Philipps-Universität Marburg im Jahre 2022. Deren Beiträge wurde in dem von Grossmann und Krüger herausgegebenen Band „Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik“ veröffentlicht. In ihm werden von Vertreter:innen der Philosophie und Theologie differenziert beleuchtet u.a. Jonas` Interpretation mythischer Texte, sein Verhältnis zur Theologie, seine Paulus-Lektüre, sein Augustinus-Buch und der Zusammenhang zwischen Gnosis und Weltverantwortung. Außerdem enthält der Forschungsband zwei Beiträge zur Aktualität der Hermeneutik von dem jüngst verstorbenen Günter Figal und von Dietrich Korsch. Zugleich unterstreicht der Band die Fruchtbarkeit von „philosophisch-theologischen Konstellationen“ an den Hochschulen. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Theologie erhalten durch das vorliegende Buch hervorragendes Fachwissen, um sich differenziert mit den Prämissen von Jonas` Philosophie und seiner Verantwortungsethik auseinandersetzen zu können.
Fazit: Der Konferenzband „Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik“ leistet einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Werks des Philosophen im Kontext der philosophisch-theologischen Konstellationen an der hessischen Universität.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik
Hrsg. von Andreas Großmann und Malte Dominik Krüger
2023. 252 Seiten. Kt 59,00 €
ISBN 978-3-465-00308-3
In seiner Studienzeit in Marburg erhielt Hans Jonas (1903–1993) entscheidende Anstöße von seinem philosophischen Lehrer Martin Heidegger, nicht minder jedoch von dem evangelischen Theologen Rudolf Bultmann. Mit letzterem sollte ihn eine lebenslange Gelehrtenfreundschaft verbinden. Hans Jonas, so der vorgeschlagene Deutungsansatz, ist Teil der von Heidegger und Bultmann sowie ihren jeweiligen Schülern geprägten "Marburger Hermeneutik". Sie wird im Anschluss an Dieter Henrich als eine "Konstellation" begriffen, die von Zugehörigkeit und Distanz gleichermaßen gekennzeichnet ist. Aus einer internationalen und interdisziplinären Marburger Konferenz hervorgegangen, gehen die Beiträge dieses Bandes verschiedenen Spuren der Marburger Konstellationen im Denken Jonas᾽ nach. So erschließen sie ein bedeutendes Kapitel der intellectual history im Spannungsfeld von Philosophie und Theologie.
During his studies in Marburg, Hans Jonas (1903–1993) received decisive impulses from his philosophical teacher Martin Heidegger, but no less so from the Protestant theologian Rudolf Bultmann, establishinga lifelong scholarly friendship with the latter. Hans Jonas, according to the interpretive approach proposed in this book, is part of the "Marburg hermeneutics" shaped by Heidegger and Bultmann as well as by their respective students. Following Dieter Henrich, it is conceived as a "constellation" characterized in equal proportion by affiliation and distance. Culled from an international and interdisciplinary Marburg conference, the contributions in this volume trail various traces of Marburg constellations in Jonas᾽ thought. In this way, they open up an important chapter of intellectual history in the tradeoff between philosophy and theology.
Inhaltsverzeichnis
Andreas Grossmann/Malte Dominik Krüger
Hans Jonas und die Marburger Hermeneutik. Konstellationen,
Probleme, Themen 9
Kristian Gessner
Hans Jonas in Marburg. Ein „hermeneutischer“ Stadtrundgang 23
PHILOSOPHISCH-THEOLOGISCHE KONSTELLATIONEN
UND KONTROVERSEN
Michael Bongardt
Mythos und heutige Existenz. Hans Jonas und Rudolf Bultmann
im Ringen um die Interpretation mythischer Texte 49
Tom Kleffmann
Heidegger, Jonas und die Theologie 69
Daniel M. Herskowitz
Hans Jonas’s “Heidegger and Theology” as Text and Event 83
Christof Landmesser
Jonas’s Paulus-Lektüre 111
Ian A. Moore
Jonas’s Augustine-Book: An Early Application of
Hermeneutic-Phenomenological Destruktion 131
(RELIGIONS-)PHILOSOPHISCHE PR ÄGUNGEN UND
PERSPEKTIVEN
Christian Wiese
Wider die nihilistische Entwertung der Welt: Gnosis,
Weltverantwortung und Verantwortung für das Göttliche
in Jonas’ intellektueller Biographie 157
8 Inhalt
Alexander Becker
Von der Lahn an den Ilisos: Heidegger, der platonische Phaidros
und die Frage, warum man philosophiert 177
Sophie Loidolt
Metaphysische Bescheidenheit, welthafte Urteilsfreudigkeit.
Jonas und Arendt im Kontext der „Marburger Konstellationen“ 197
PERSPEKTIVEN DER HERMENEUTIK NACH DER
MARBURGER HERMENEUTIK
Günter Figal
Der Sinn der Hermeneutik 217
Dietrich Korsch
Insuläre Rationalitäten. Das aktuelle Geschick des Allgemeinen –
ein hermeneutisches Experiment 231
Über die Autorin und die Autoren 247
Namensregister 248
Sachregister 251