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Die historische Rückfrage in der neutestamentlichen Exegese  Quellen - Methoden - Konfliktfelder
Die historische Rückfrage in der neutestamentlichen Exegese
Quellen - Methoden - Konfliktfelder




Gerd Haefner, Konrad Huber, Stefan Schreiber (Hrsg.)

Herder Verlag
EAN: 9783451023170 (ISBN: 3-451-02317-2)
240 Seiten, paperback, 14 x 22cm, 2021

EUR 42,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Bei allen Neuaufbrüchen der Exegese in den vergangenen Jahrzehnten stand nicht grundsätzlich zur Debatte, dass sich die neutestamentliche Wissenschaft als historisch arbeitend versteht. Was das genau bedeutet, ist allerdings mehr und mehr fraglich geworden. Der Band vereinigt verschiedene Reaktionen auf diese Verunsicherung. Er beleuchtet aktuelle Ansätze in der deutschen Geschichtswissenschaft und stellt sich der Frage, ob „Erinnerung“ als historische Kategorie einsetzbar ist. Anhand der Ostertexte des Lukasevangeliums wird das Verhältnis von Ereignis und Erzählung bedacht. Außerdem steht der Charakter geschichtlicher Quellen zur Debatte, auch mit Blick auf die Frage der Parteilichkeit neutestamentlicher Zeugnisse in Kontroversen. Der klassische Quellentyp der Inschriften wird in seiner Bedeutung für die Exegese diskutiert. Die Frage, wie die Suche nach dem geschichtlichen Jesus in eine dogmatische Christologie eingebunden werden kann, schafft abschließend einen interdisziplinären Brückenschlag.

Gerd Häfner, Dr. theol., geb. 1960, Professor für Biblische Einleitungswissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Konrad Huber, geb. 1965, Dr. theol., Studium der Fachtheologie und Selbständigen Religionspädagogik in Innsbruck, seit 2011 Professor für Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Stefan Schreiber, geb. 1967, Dr. theol., 2003 bis 2010 Professor für Neues Testament an der Universität Münster, seit 2010 an der Universität Augsburg. Forschungsschwerpunkte: Paulus und das frühe Judentum; neutestamentliche Schriften in ihrer politischen Welt; Geschichte des Urchristentums; Christologie; neutestamentliche Hermeneutik und Methodik.
Rezension
Dieser Band dokumentiert eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Neutestamentlerinnen und Neutestamentler vom 8. bis 12. April 2019 in Linz. Bei allen Neuaufbrüchen der Exegese in den vergangenen Jahrzehnten stand nicht grundsätzlich zur Debatte, dass sich die neutestamentliche Wissenschaft als historisch arbeitend versteht. Insbesondere auf dem klassischen exegetischen Arbeitsfeld der Rückfrage nach Jesus wurde im Rückgriff auf neuere geschichtstheoretische Debatten zum Charakter geschichtlicher Erkenntnis die kriteriengeleitete Rückfrage kritisiert und die These vertreten, dass Jesus nur als Erinnerungsphänomen zugänglich sei. Es gebe keinen Weg zurück in die Welt hinter den Texten; der Versuch, einen historisch rekonstruierten Jesus gegen die Quellen zu stellen, sei aufzugeben und zu ersetzen durch einen quellengebundenen Entwurf des „erinnerten Jesus“. Was das genau bedeutet, ist allerdings mehr und mehr fraglich geworden. Der Band vereinigt verschiedene Reaktionen auf diese Verunsicherung. Er beleuchtet aktuelle Ansätze in der deutschen Geschichtswissenschaft und stellt sich der Frage, ob „Erinnerung“ als historische Kategorie einsetzbar ist. An die Stelle der (unmöglichen) Beurteilung des Ereignishaften hinter den Erzählungen der Evangelien tritt der Text selbst. Ein konsequent kulturwissenschaftlicher Ansatz erlaubt (sich) kein Urteil über die historische Referenz von Jesusüberlieferungen, sondern untersucht die Evangelien als Zeugnisse frühchristlicher Identitätsbildung. Eine Rückfrage nach Jesus, die mithilfe von Kriterien authentisches Material aus den Evangelien herausschälen will, gilt als undurchführbar. Vom cultural turn gehen also grundsätzliche Anfragen an etablierte Herangehensweisen der historisch-kritischen Exegese aus.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Quaestiones disputatae
Herausgeberin und Herausgeber:
Johanna Rahner, geb. 1962, Dr. theol., Professorin für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie an der Eberhard Karls Universität Tübingen
Thomas Söding, geb. 1956, Dr. theol., Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum
Die Theologie braucht offene Diskussionen ohne Denkverbote. Sie muss relevante Fragen über Gott und die Welt, die Kirche und den Glauben stellen, um sie so zu beantworten, dass neue Debatten angestoßen werden. In dieser Tradition bieten die Quaestiones disputatae, 1958 begründet von Karl Rahner und Heinrich Schlier, in der Folge herausgegeben von Heinrich Fries (1985-1994), Rudolf Schnackenburg (1985-1996), Peter Hünermann (1994-2019), Thomas Söding (seit 1996) und Johanna Rahner (seit 2019), ein wissenschaftliches Forum, um in der Breite der theologischen Disziplinen und der Tiefe theologischer Herausforderungen Themen zu reflektieren, die an der Zeit sind. Die großen Transformationen der Theologie des 20. und 21. Jahrhunderts finden hier ihren Spiegel.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 6

Zwischen cultural turn und Verflechtungsgeschichte.
Aktuelle Ansätze in der deutschen Geschichtswissenschaft 8
Claudia Tiersch

Die Büchse der Memoria. Evangelium, Erinnerung und der historische Jesus 28
Sandra Huebenthal

Bruta facta der Zeitgeschichte? Zum Stellenwert von Inschriften im Rahmen der historischen
Rückfrage 78
Bernhard Heininger

Flavius Josephus. Die Welt Jesu im Blick eines jüdischen Priesters, Aufständischen und
Historikers 115
Thomas Johann Bauer

Die Stimme der Anderen hören. Zur Methode des Erschließens von Gegner(inne)n in neutestamentlicher
Briefliteratur 138
Wolfgang Grünstäudl

Erinnerung an den irdischen Jesus in den Erscheinungen des Auferstandenen bei Lukas (Lk 24,13–49). Geschichts- und literaturtheoretische Überlegungen 159
Josef Pichler

Wahrheit der Geschichte und Geschichte der Wahrheit.
Wie Jesus von Nazaret als Grund der Dogmatik gedacht werden kann 203
Karlheinz Ruhstorfer

Autorinnen, Autoren und Herausgeber 239