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Der Bildakt Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007. Neufassung 2015
Der Bildakt
Frankfurter Adorno-Vorlesungen 2007. Neufassung 2015




Horst Bredekamp

Wagenbach
EAN: 9783803127440 (ISBN: 3-8031-2744-0)
464 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2015

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
In diesem Buch bündelt Horst Bredekamp seine gesamte Forschung, und zwar nicht nur hinsichtlich der Kunst- und Bildgeschichte, sondern auch in seinem Nachdenken über die großen Fragen zu Natur, Gesellschaft und Politik.

Seit dem byzantinischen Bilderstreit und dem Bildersturm der Reformation ist nicht mehr in solcher Intensität über Bilder nachgedacht worden wie in den letzten Jahrzehnten. Neben der Archäologie und der Kunstgeschichte haben sich zahlreiche weitere Fächer an Fragestellungen rund um das Bild geradezu festgebissen. Angesichts dessen geht einer der bedeutendsten Kunsthistoriker der Gegenwart der Frage nach, warum Begriff und Geltung sowie Macht und Ohnmacht von Bildern zu so hartnäckig verfolgten Themen unserer Tage geworden sind.

Bilder besitzen zwar als vom Menschen geschaffene Artefakte kein autonomes Leben, entwickeln aber immer wieder eine Präsenz, die sie mehr sein lässt als nur toter Stoff. Mit Blick darauf entwirft Bredekamp als Gegenstück zur Lehre vom Sprechakt eine Theorie des Bildakts.
Rezension
Wir leben nach dem sog. iconic turn. Wir erleben eine tief greifende kulturelle Umwälzung: die Gutenberg-Galaxie scheint an ihr Ende gekommen. 500 Jahre lang haben Bücher und Buchstaben unsere Kultur geprägt, jetzt werden sie zunehmend von Bildern, von Icons abgelöst. Bilder waren nie zuvor so präsent wie heute. Neben die künstlerischen Bilder sind gleichrangig technische, naturwissenschaftliche und mediale Bilder getreten. Die Allgegenwart der Bilder im Fernsehen, die zunehmenden Visualisierungen in den Naturwissenschaften und die bildgebenden Verfahren in der Medizin haben Bildern eine nie gekannte Präsenz und Bedeutung gegeben, der sich niemand entziehen kann. Seit dem byzantinischen Bilderstreit und dem Bildersturm der Reformation ist nicht mehr in solcher Intensität über Bilder nachgedacht worden wie in den letzten Jahrzehnten. Neben der Archäologie und der Kunstgeschichte haben sich zahlreiche weitere Fächer an Fragestellungen rund um das Bild geradezu festgebissen. Damit verknüpft sind elementare kulturelle Vorgehensweisen, z.B. wird die lineare, sukzessive Wahrnehmung, die Buchstabe an Buchstabe reiht, um sie logisch nacheinander zu entschlüsseln, abgelöst durch eine Simultan-Wahrnehmung, die nicht mehr logisch aufeinander aufbaut, sondern postmodern alles nebeneinander stellen kann. Der Autor entwickelt als Gegenstück zur Lehre vom Sprechakt folgerichtig eine Theorie des Bildakts.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Horst Bredekamp, geboren 1947 in Kiel, studierte Kunstgeschichte an der Universität Marburg. Nach seiner Promotion 1974 absolvierte er zunächst ein Volontariat am Frankfurter Liebighaus, bevor er ans kunsthistorische Institut der Hamburger Universität wechselte. 1992 war er zu Gast am Wissenschaftskolleg Berlin, und seit 1993 ist er Professor für Kunstgeschichte an der Berliner Humboldt-Universität. Gastaufenthalte führten ihn nach Princeton und ans Getty Center in Los Angeles sowie nach Budapest. 2005 hatte er die Gadamer-Professur an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg inne. Bredekamp, der sich in seinen zahlreichen Studien unter anderem der Renaissance sowie den Neuen Medien widmet, wurde 2000 mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet, 2005 mit dem Aby-M.-Warburg-Preis der Stadt Hamburg sowie 2006 mit dem Max-Planck-Forschungspreis.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur Neufassung 9
Vorwort zur ersten Auflage 20

Einleitung: Das Problem der Bilder 21

1. Gesteigerte Reflexion der Bilder 23
2. Leonardos Angebot zur Gefangenschaft 27
3. Bildleben und Energeia 30

I. Ursprünge und Begriffe 33

1. Allgemeine Definition des Bildes 35
a. Homo faber und ästhetische Differenz 35
b. Bilder der Elfenbeinzeit 39
c. Albertis simulacrum 42
2. Platon, Heidegger, Lacan 44
a. Platons Begründung des Bildakts 44
b. Heideggers Kehrtkehre 52
c. Lacans Blickbesänftigung 33
3. Sprechakt und Bildakt 56
a. Geschichte des »Bildakts« 36
b. Verhältnis zum Sprechakt 58
c. Definition des Bildakts 60

II. Werkaussagen als Zeugnisse der Theorie 65

1. Ursprünge der Ich-Form 67
a. Grundpositionen der Antike 67
b. Reflexive Beseelung 71
c. Formulierungen islamischer Kunst 74
2. Die Signatur als Selbstaussage 77
a. Vom Werk zur Person 77
b. Verdoppelung des Ich 84
c. Animierung von Waffen 90
3. Sprechende Werke 95
a. Der Pasquino von Rom 95
b. Memlings Weltgericht 98
c. Saint Phalles Schießbilder 100

III. Der schematische Bildakt: Lebendigkeit des Bildes 109

1. Lebende Bilder 100
a. Schemata und tableaux vivants 111
b. Lebende Bilder nach Bildern 116
c. Einfühlung und Distanznahme 128
2. Beseelung maschineller Motorik 132
a. Leben als Federspannung 132
b. Sprachen der Automaten 137
c. Transhumane Tanzformen 144
3. Animation und biofaktische Organik 147
a. Praxiteles, Pygmalion, Mozart 147
b. Surrealistische Puppen 155
c. Binäre Kentauren 164

IV. Der substitutive Bildakt: Austausch von Körper und Bild 175

1. Substitutive Medien 177
a. Vera icon 177
b. Naturselbstdruck 181
c. Photographie 187
2. Substitutionsformen des Sozialen 194
a. Gemeinschaftszeichen 194
b. Bildstrafen 198
c. Bilderstürme 205
3. Herrschaft, Aufruhr, Krieg 213
a. Agile Hoheit (Capua) 213
b. Aufruhr (Florenz) 216
c. Bilderweltkrieg (Bamiyan) 223

V. Der intrinsische Bildakt: Form als Form 229

1. Der Bildblick 231
a. Medusa als Bildhauerin 231
b. Der Chiasmus der Blicke 235
c. Der Coup d'oeil der Werke 240
2. Die Dynamis der Selbstüberschreitung 246
a. Die Transition des Punktes 246
b. Die Agilität der Farbe 249
c. Die Pluriperspektive der Zeichnung 267
3. Der Mitriß der Form 277
a. Die Resistenz der Gestalt 277
b. Das Modell als Löser und Fessel 283
c. Die Pathosformel als Distanzmacht 288

VI. Schluss: Die Natur des Bildakts 301

1. Evolution als Bildakt 303
2. Bildspiele der Natur 310
3. Bildaktive Aufklärung 316

Nachwort: Der Flug des Auges 321

Dank 325

Anhang 329

Anmerkungen 331
Literatur 385
Bildnachweis 451
Namensregister 455