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Accabadora
Roman
Aus dem Italienischen von Julika Brandestini
8. Aufl. 2023 (1. Aufl. 2010)
Michela Murgia
Wagenbach
EAN: 9783803127686 (ISBN: 3-8031-2768-8)
173 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2023
EUR 13,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Wie Mutter und Tochter leben Bonaria Urrai und die sechsjährige Maria in einem sardischen Dorf zusammen. Die alte Schneiderin hat das Mädchen zu sich genommen und zieht es groß, dafür wird Maria sich später um sie kümmern. Als vierte Tochter einer bitterarmen Witwe war Maria daran gewöhnt, »die Letzte« und eine zu viel zu sein. Nun hat sie ein eigenes Zimmer in dem großen reinlichen Haus Bonarias, wo alle Türen offen stehen und sie jeden Raum betreten darf.
Doch ein Geheimnis umweht die stets schwarz gekleidete, wortkarge Frau, die mitunter nachts, wenn Maria schlafen soll, Besuch erhält und dann das Haus verlässt. Es scheint, als würde Bonaria in zwei Welten leben. Das Mädchen spürt, dass sie nicht danach fragen darf. Erst sehr spät entdeckt sie die ganze Wahrheit. Michela Murgia erzählt in einer schnörkellosen, poetischen Sprache aus einer scheinbar fernen, doch kaum vergangenen Welt. Von zwei Generationen, zwei Frauenleben, von einem alten, lange verschwiegenen Beruf.
Michela Murgia wurde 1972 in Cabras (Sardinien) geboren. Mit Romanen wie »Accabadora«, der in 25 Sprachen übersetzt und auf Deutsch bereits über 150.000 Mal verkauft wurde, avancierte sie zu einer der bekanntesten Autorinnen Italiens. In Radio und Fernsehen, Essays und Satiren wie »Faschist werden« bezog Murgia öffentlichkeitswirksam Position gegen die italienische Rechte und wurde dafür heftig attackiert. Im Frühjahr 2023 machte sie ihre schwere Krankheit öffentlich, im August 2023 starb Michela Murgia im Alter von 51 Jahren. Viele ihrer Bücher sind bei Wagenbach erschienen.
Rezension
Dies ist der Debüt- und Erfolgsroman der sardinischen Schriftstellerin Michela Murgia (1972-2023), die u.a. mit ihrem satirischen Büchlein "Faschist werden - Eine Anleitung" auch in Deutschland bekannt wurde (Wagenbach Verlag 2019 / 9783803136862) sowie mit ihrem Erfolgsroman "Accabadora": Die sechsjährige Maria lebt bei der alten Schneiderin Bonaria Urrai in einem kleinen Dorf auf Sardinien in den 1950er Jahren und wird von ihr wie von einer Mutter behandelt. "Accabadora" ist aber auch die Frau, die nachts gelegentlich das Haus verläßt und Sterbenden zum Tode hilft. Michela Murgia verarbeitet zwei urtümliche sardische Bräuche: Das Kind einer armen Mutter kann von einer begüterten, kinderlosen Frau adoptiert werden. Diese aus der Armut entstandene Form der Adoption gab es auf Sardinien tatsächlich. Und Accabadora, die Beenderin, ist eine (mythisch-legendarische) sardische Frauenfigur und Magierin, die Todkranken auf Wunsch Sterbehilfe leistet. Nachts wird sie von Verwandten abgeholt, um die Todesqual zu verkürzen, mit einem aufs Gesicht gedrückten Kissen. Es geht also einerseits um die zeitlos aktuelle Frage nach dem Recht auf selbstbestimmtes Sterben, andererseits um Marias Verhältnis zu ihrer Pflegemutter und zu deren archaischer Welt, die Maria eines Tages wie die Insel verläßt, - und zurückkehrt.
Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
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