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Das verschachtelte Ich Individualräume des EIgentums
Das verschachtelte Ich
Individualräume des EIgentums




Andreas Gehrlach

Matthes & Seitz
EAN: 9783957578617 (ISBN: 3-9575786-1-2)
159 Seiten, kartoniert, 10 x 18cm, Juni, 2020

EUR 12,00
alle Angaben ohne Gewähr

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Umschlagtext
Klappentext:

Fast jeder hortet lieb gewonnene Habseligkeiten ohne ersichtlichen Nutz- und Geldwert, die trotzdem höchst kostbar sind: einen alten Plastikkugelschreiber in der Tasche, einen in einer Schuhschachtel oder Schublade aufbewahrten Kieselstein... In seiner nuancierten Untersuchung nähert sich Andreas Gehrlach dieser besonderen, intensiven Art des Besitzes, der uns täglich begleitet. Im Gegensatz zum unendlich anhäufbaren Reichtum des Kapitalismus wahrt er auch eine Dimension, die in der Welt des Privateigentums fehlt: Intimität.



Andreas Gehrlach, 1981 geboren, studierte Literaturwissenschaft in Tübingen und ist Wissenschaftler am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Er beschäftigt sich mit modernen und antiken Kulturtheorien und forscht zu prekären, kriminellen und politischen Ökonomien.





Auf dem hinteren Umschlag:

"Eine vermietete Wohnung, Anteile an einem Waldstück in Oberbayern oder in Tansania, all das ist im Vergleich zu dem, was ich in meiner Umhängetasche habe, weit von der besitzenden Person entfernt. Noch der wohlhabendste Mensch kann sich nur in einem einzigen Zimmer aufhalten, kann nur auf einem Sessel sitzen, kann nur von einem Teller essen und nur in einem Bett schlafen."
Rezension
Was tragen wir nicht alles mit uns herum!
Der Kulturwissenschaftler Andreas Gehrlach nimmt die Leser seines kleinen Büchleins mit in die Welt der Taschen und Behältnisse des Menschen: Weshalb tragen wir einen solchen "loculus", einen kleinen Ort, mit uns herum, der uns quasi an den Leib geheftet ist und uns nicht nur räumlich, sondern auch emotional näher ist als unsere anderen Besitztümer, der sich quasi zu einem außerkörperlichen Organ entwickeln kann? Handtasche, Aktenkoffer, Laptop, Smartphone beinhalten unsere engsten Besitztümer. Und auch wir selbst bewegen und befinden uns in Räumen, Wohnungen, Denkmustern, liegen schließlich im Grab, dem letzten loculus unserer eigenen Reise.
Ausgehend von prähistorischen Tragesystemen um 200 000 v. Chr. entwickelt Gehrlach eine lesenswerte Kulturgeschichte (tragbarer) Behältnisse. Dabei gelingt es ihm, ganz unterschiedliche Aspekte dieser nur scheinbar nebensächlichen Gegenstände zu erhellen: Die Rolle des loculus im Militär des römischen Imperiums kommt ebenso zur Sprache wie das berühmte Freud'sche Fallbeispiel "Dora" oder die ablehnende Haltung totaler Institutionen zu Tasche und Behältnis der institutionell dort versammelten Individuen. Schließlich mündet die Darstellung in der Frage nach der "Verschachtelung des Ich" in ganz subjektivem Sinne, nicht ohne gegenwarts- und konsumkritische Züge beiseite zu lassen.
Was tragen wir alles mit uns herum? Die Lektüre auf den Spuren der Behältnisse entwickelt sich zu einer spannenden und gehaltvollen Gedankenreise, nach der man die eigenen Taschen und Tüten mit verändertem Blick anschauen wird.
In der Schule werden fortgeschrittene Philosophie-, Psychologie- oder Pädagogikkurse großen Gewinn aus der Lektüre ziehen können, wobei besonders in der Erwachsenenbildung der biographische Horizont weit genug aufgespannt sein dürfte, um den Gedankengängen des Autors mit großem Gewinn folgen zu können.

J. Groß, www.lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Fast jeder trägt in seinem Rucksack oder seiner Tasche einen lieb gewonnenen Plastikkugelschreiber, eine einst gefundene Muschel, einen fast aufgebrauchten Lippenstift oder einen Kieselstein mit sich herum oder bewahrt solche Dinge in einer Schuhschachtel oder Schublade auf – Habseligkeiten ohne ersichtlichen Nutz- und Geldwert, die trotzdem höchst kostbar sind. In mehreren nuancierten Untersuchungen, welche von urzeitlichen Grabbeigaben über den spärlichen Privatbesitz unter Herrnhuter Glaubensbrüdern bis zur Handtasche von Sigmund Freuds »Dora« reichen, nähert sich Andreas Gehrlach dieser besonderen, intensiven Art des Besitzes ausgewählter Dinge, die uns täglich begleiten. Durch ihre Einmaligkeit stehen sie nicht nur in fundamentalem Gegensatz zum unendlich anhäufbaren Reichtum des Kapitalismus, in der Körpernähe ihrer Aufbewahrung wahren sie auch eine Dimension, die in der Welt des Privateigentums fehlt: Intimität.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort

Tragesysteme um 200 000 v. Chr.

Loculus. Der kleinste Ort des großen Imperiums

Fromme Menschen, finstre Piraten und verlorene Heimkehrer

Wiener Jugend um 1900: Freuds "Dora"

Die Loculusfeindschaft totaler Institutionen

Die Verschachtelung des Ich

Dank

Anmerkungen