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Warum sind immer die Juden schuld? Antisemitismus in der Bibel
Warum sind immer die Juden schuld?
Antisemitismus in der Bibel




Simone Paganini

Herder Verlag
EAN: 9783451601453 (ISBN: 3-451-60145-1)
176 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 13 x 21cm, April, 2025

EUR 20,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Biblischer Antisemitismus auf dem Prüfstand

Antisemitismus ist kein Phänomen der Moderne. Bereits in der Antike wurden Juden von den Ägyptern, Persern, Griechen, Römern und schließlich auch von den Christen gehasst und verfolgt. Antike Autoren verbreiteten fantasievolle Verleumdungen: Juden galten als illoyale Parasiten oder als reiche und mächtige Verschwörer und Drahtzieher der Gesellschaft. Diese Verschwörungsmythen, die sich bis heute halten, sind auch tief in den biblischen Texten verwurzelt. Simone Paganini, Bibelwissenschaftler, beleuchtet diese antisemitischen Klischees und zeigt auf, wie sie entstanden sind – und was uns das über heutige Formen des Hasses lehrt.

Simone Paganini, Prof. Dr. theol., geb. 1972 in Italien, Studium der katholischen Theologie in Florenz, Rom und Wien. Professor für Biblische Theologie an der RWTH Aachen. Autor zahlreicher wissenschaftlicher und populärwissenschaftlicher Bücher, unter anderem über Qumran und skurrile Episoden in der Kirchengeschichte. Auch auf Science Slams begeisterte er schon ein großes Publikum.
Rezension
Der heute wieder erstarkende Antisemitismus ist nicht neu; seine Wurzeln sind Jahrtausende alt und wurden und werden u.a. über die christlich-biblische Tradition weitergegeben bis in die Gegenwart. In diesem Buch deckt ein Bibelwissenschaftler die Wurzeln jahrtausendealter Feindbilder auf und bietet damit einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis heutiger Konflikte. Antisemitismus ist kein Phänomen der Moderne. Bereits in der Antike wurden Juden von den Ägyptern, Persern, Griechen, Römern und schließlich auch von den Christen gehasst und verfolgt. Auch die im Christentum gern vorgeschobene Unterscheidung zwischen Antijudaismus und Antisemitismus kommt dabei kritisch in den Blick: „Antisemiten sind die anderen, die Rechten, die Nazis. Bei uns gab es nur Antijudaismus.“ „Antisemiten waren die anderen.“ Die Argumentation der (katholischen) Kirche in diesem Kontext folgte dem Narrativ, man sei (partiell) zwar gegen die Juden gewesen, aber nicht als Rasse, sondern ‚nur‘ als Religion, Kultur, Weltanschauung, Lebensphilosophie. Eine solche Herangehensweise vernachlässigt jedoch, dass genau diese Elemente auch innerhalb des Nationalsozialismus als Kriterien zur Bestimmung der Rasse herangezogen wurden. Das nationalsozialistische Verständnis von ‚Rasse‘ basierte nämlich auf einer komplexen, dabei aber inkohärenten Kombination pseudowissenschaftlicher, genetischer, aber vor allem kultureller und ideologischer Elemente, wiewohl die Definition in erster Linie auf der Grundlage der Abstammung erfolgte.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Judentum
Die Bibel - Altes und Neues Testament
Die Herder-Übersetzung der Bibel
Israel: Wanderndes Gottesvolk
Antisemitismus
Tora
Bibelverse
Versuchung
Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
Apostel
Synoptischer Vergleich und synoptische Frage
Inhaltsverzeichnis
Warum es immer schon Antisemitismus gewesen ist: eine Einführung 11
Immer wieder der gleiche Antisemitismus 11
Erinnerungskultur – Geschichte ist mehr als bloße Daten 15

1 Antisemitismus, Antisemitismen und das Problem einer nicht eindeutigen Definition eines vermeintlich klaren Sachverhalts 25

Antisemitismus und Shoah 26
Immer wieder neue, aber mehr oder weniger gleiche Formen des Antisemitismus 28
Was ist Antisemitismus? Der Versuch einer Definition 29
Antisemitismusforschung und das (bleibende) Problem der Näherbestimmung 30
Eine weitere (Arbeits-)Definition: die EUMC-Erklärung 32
Schon wieder eine Arbeitsdefinition: die JDA 35
Jedem Menschen recht getan, ist eine Kunst, die JDA nicht kann 39
Anti-‚Semitismus‘: zum Ursprung eines komplexen Begriffs 41
‚Semitisch‘ ist eine Sprachgruppe, keine Bezeichnung für Rasse 42
Der Anti-Semitismus als pseudowissenschaftliche Form des Hasses gegen Juden 44
Der Erfolg eines neuen Begriffs mit altbekannten Inhalten 47
Und alle machen mit … 49
Vampire und Ratten: Antisemitismus trotz oder wegen der Aufklärung 51
Antisemitismus als unreflektiertes und allgemeingültiges Axiom 54
Die zahlreichen Facetten eines umfassenden Begriffs 57
Immer gleich und doch anders 57
Zur Anpassungsfähigkeit eines allerklärenden Begriffs 60
Sechs immer wiederkehrende Merkmale des Antisemitismus 62
Antisemitismus: eine unscharfe, aber durchaus brauchbare Begriffsbestimmung 66

2 Antisemitismus und Antisemiten in der hebräischen Bibel und in ihrer Umwelt 69

Von Geschichte und Geschichten: Vorbemerkungen zur „Historizität“ der Bibel 71
Geschichtsschreibung und das Schreiben von Geschichten 73
Die ersten Pogrome und ihre biblische Aufarbeitung 74
Die Familie Jakobs wird zum Volk Israel 75
Vernichtungswahn in drei Stufen: antisemitische Merkmale einer sehr alten Mustererzählung 78
Rassischer Antisemitismus in der antiken Welt 80
Jüdische Überlebensstrategien in Praxis und Theorie 82
Die Juden in Elephantine, König Mesha und das Pogrom in Alexandria 84
Juden ermorden in Elephantine 84
Der Versuch der Ausrottung der Juden durch Moab 87
Von der Ghettoisierung gut integrierter jüdischer Menschen 89
Von der Ghettoisierung zum Pogrom 92
Von den Pogromen zum ethnischen Konflikt: Verschwörungsmythen in der antiken Welt 96
Antisemitismus in der hellenistischen Welt und der Widerstand der Makkabäer 99
Der erste strukturelle Antisemitismus in hellenistischer Zeit 100
Griechischer Antisemitismus: religiös und rassistisch zugleich 102
Von konkreten Auswüchsen zu einer theoretischen Fundierung 104
Juden vernichten, weil sie Juden sind: Daniel und Esther 106
Antisemitismus im Buch Daniel 108
Erstmals zeigen sich klassisch gewordene Stereotype 110
Antisemitismus im Buch Esther 112
Haman: der erste Antisemit der Geschichte 114
Rasse und Volk: Anmerkung zu einer ethnischen Rassentheorie in der Bibel 117
Wie definiert man Rasse? 118
Rassenzugehörigkeit durch Blutslinie 120
Das biblische Volk Israel: rassisches Selbstverständnis 122

3 ‚Semitisch‘ antisemitisch: Wenn Juden antisemitische Schriften verfassen 125

Jesus, der Jude 125
Der universale Missionsauftrag 126
Als Christen Juden waren: innerjüdischer Zwist nach dem Tod Jesu 128
Die erste Generation: innerjüdische Auseinandersetzungen 130
Die zweite Generation: der Jude Paulus gegen die Juden 132
Die dritte Generation: das Markusevangelium und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Judentum 135
„Sein Blut komme über uns!“ Juden als ‚das Andere‘ im Matthäus- und Lukasevangelium 137
Und noch ein Jude gegen die Juden: das Matthäusevangelium 138
Zugehörigkeit zum Evangelium statt zum Judentum: das lukanische Doppelwerk 141
‚Die Juden‘: neue antisemitische Töne im Johannesevangelium 143
‚Die‘ Juden im Johannesevangelium: Antisemitismus light 145
‚Die‘ Juden und das vierte Evangelium: Kollektivierung als antisemitische Grundeinstellung 147
Juden als Jesus-Mörder: das antisemitische Klischee des Christentums schlechthin 150
Das Johannesevangelium als Wiege des Antisemitismus 153
„Ihr seid – dem Vater nach – des Teufels“ (Joh 8,44): Ursprung und Wirkung des rassisch antisemitischen Ressentiments 156
Juden und Teufel: Dämonisierung als Grundmuster des antisemitischen Denkens 157
Synagoge und Teufel: Dämonisierung einer urjüdischen Struktur 160
Das erste christliche Pogrom 162
Zum Schluss: Antisemitismus in der Bibel: eine abschließende These 167

Literatur 171
Über den Autor 177