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Roboterbewusstsein, automatisches Entscheiden und Transhumanismus Anthropomorphisierungen von KI im Licht evolutionär-phänomenologischer Leib-Anthropologie
Roboterbewusstsein, automatisches Entscheiden und Transhumanismus
Anthropomorphisierungen von KI im Licht evolutionär-phänomenologischer Leib-Anthropologie




Bernhard Irrgang

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826069833 (ISBN: 3-8260-6983-8)
322 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, März, 2020

EUR 68,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
KI und Robotik werfen neue Fragen epistemologischer Art auf, die im Kontext einer Philosophie des Geistes wie der Ethik diskutiert werden müssen. Im Hinblick auf eine erste Skizze epistemologischer Art zu möglichen Formen von Intelligenz und Bewusstsein bei KI und Robotern wird aufgezeigt, dass von ihrer Genese und ihrer Struktur, also ihrer Phänomenologie, drei Arten von Intelligenz unterschieden werden müssen, nämlich evolutionär generierte, kulturell-sprachlich eingebettete und technologische, die nicht miteinander identifiziert werden können, es gibt aber Übergangsformen. Um Intelligenz und Bewusstsein von KI und Robotik im Unterschied zu biologischer und menschlicher Intelligenz verstehen zu können, muss die algorithmische Struktur von KI unter Berücksichtigung der Philosophie des Geistes und des wissenschaftlich-technologischen Forschens im Bereich der Evolution kognitiven und kommunikativen Verhaltens, der Neurowissenschaften und Psychologie sowie einer evolutionären Kulturanthropologie multiperspektivisch in einen Konflikt der Interpretationen geklärt werden.



Bernhard Irrgang, Dr. phil. habil., Dr. theol.; (TU Dresden, seit 2019 i. R.), lehrte Technikphilosophie, auch Wissenschaftsphilosophie und Forschungsethik im gesellschaftlichen Kontext an den Universitäten Würzburg, München und Siegen sowie an den TUs in Braunschweig und Dresden, zwischen 1995 und 2009 in Süd/Ostasien, Ostafrika, Südamerika und den USA, Gastprofessur Indien, IIT Madras 2003, Mitarbeit in Instituten für Verhaltens- und Molekularbiologie sowie Medizin, Informatik, divers. Ingenieurwiss. und internat. Forstwiss in Dresden; heute Forschung (mit weiblichem Grad./Postgraduierten-Team) und Beratung im Home-Office.

Wissenschaftlicher Beraterkreis ITA des BMBF; Kompetenznetzwerk Bionik der TU Dresden.
Rezension
Ist der Transhumanismus ein neuer Humanismus? Welches Menschenbild besitzt die transhumanistische Weltanschauung? Ist künstliche Intelligenz strukturell identisch mit menschlicher Intelligenz? Können Roboter ein Bewusstsein besitzen? Scheitert der Transhumanismus am Qualia-Problem? Sind die transhumanistischen Visionen vom Maschinen-Subjekt realistisch? Erhält der Mensch durch die transhumanistische Perfektionierung neue Freiheitsgrade? Können KI-Maschinen autonom handeln? Wie sind Mensch-Maschinen-Interaktionen zu gestalten? Ist moralisches Enhancement angesichts der ökologischen Krise notwendig?
Philosophisch reflektierte Antworten auf diese aktuellen Fragen der Anthropologie, der Philosophie des Geistes, der Erkenntnistheorie, der Technikphilosophie und -ethik gibt der von 1993 bis 2019 an der Technischen Universität Dresden tätige Philosophieprofessor Bernhard Irrgang (*1953) in seinem neuen Buch „Roboterbewusstsein, automatisiertes Entscheiden und Transhumanismus. Anthropomorphisierungen von KI im Licht evolutionär-phänomenologischer Leib-Anthropologie“, erschienen bei Königshausen & Neumann. Ertragreich für die aktuelle KI-Debatte ist seine präzise Differenzierung von drei verschiedenen Arten von Intelligenz, nämlich „evolutionär generierter, kulturell-sprachlich eingebetteter und technologischer“(S. 8).
Gekonnt gelingt es dem Verfasser von fast 30 eigenständigen Monographien Mythen der Transhumanisten aufzudecken. Dazu zählen für Irrgang u.a. die Gleichsetzung von künstlicher und menschlicher Intelligenz, die Parallelisierung von Gehirnprozessen und mentalen Prozessen, die Bezeichnung „Roboterbewusstsein“ oder die Vorstellung eines autonomen Handelns von KI-Maschinen. Zu Recht kritisiert der ausgewiesene Technikphilosoph das transhumanistische Menschenbild aufgrund der „Verdinglichung des Mentalen und der menschlich-leiblichen Subjektivität“(S. 289) als reduktionistisch. Für Irrgang handelt es sich beim Transhumanismus um eine „dogmatische Weltanschauung, genauer um eine „idealistische und platonisierende Pseudophilosophie in Form einer New Age-Religion“(S. 287). Demgegenüber plädiert er für einen „ökologisch eingebetteten Humanismus“(S. 304), der auf Bildung, Erziehung, Kreativität und Autonomie setzt.
Sein Buch ist eine lohnenswerte Lektüre für alle Philosophie- und Ethik-Lehrkräfte, die sich in ihrem Unterricht mit anthropologischen, technikphilosophischen und ethischen Problemstellungen des digitalen Zeitalters fundiert auseinandersetzen möchten. Eine Problematisierung des Narrativs Transhumanismus im Ethik- und Philosophieunterricht bietet nämlich eine produktive Möglichkeit, einen Beitrag zur ethischen Urteilsbildung der Schülerinnen und Schüler zu leisten.
Fazit: Angesichts der fortschreitenden digitalen Revolution verdienen die tiefschürfenden, philosophischen Erkenntnisse von Bernhard Irrgang in seinem Buch „Roboterbewusstsein, automatisiertes Entscheiden und Transhumanismus“ Gehör sowohl im wissenschaftlichen als auch im öffentlichen Diskurs.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
ISBN: 978-3-8260-6983-3
Erscheinungsjahr: 2020
Seitenanzahl: 324
Sprache: deutsch
Kurzinhalt: KI und Robotik werfen neue Fragen epistemologischer Art auf, die im Kontext einer Philosophie des Geistes wie der Ethik diskutiert werden müssen. Im Hinblick auf eine erste Skizze epistemologischer Art zu möglichen Formen von Intelligenz und Bewusstsein bei KI und Robotern wird aufgezeigt, dass von ihrer Genese und ihrer Struktur, also ihrer Phänomenologie, drei Arten von Intelligenz unterschieden werden müssen, nämlich evolutionär generierte, kulturell-sprachlich eingebettete und technologische, die nicht miteinander identifiziert werden können. Um Intelligenz und Bewusstsein von KI und Robotik im Unterschied zu biologischer und menschlicher Intelligenz verstehen zu können, muss die algorithmische Struktur von KI unter Berücksichtigung der Philosophie des Geistes und des wissenschaftlich-technologischen Forschens im Bereich der Evolution kognitiven und kommunikativen Verhaltens, der Neurowissenschaften und Psychologie und der Menschheitsgeschichte wie der Kulturanthropologie bestimmt werden.

Der Autor:
Bernhard Irrgang, Dr. phil. habil., Dr. theol., Professor für Technikphilosophie an der TU Dresden, i.R. Mitglied im wissenschaftlichen Beraterkreis ITA (innovative Technikanalyse) des BMBF Berlin; zuständig für KI und Virtuelle Realität; Mitarbeit im Kompetenznetzwerk Bionik der TU Dresden.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt

Vorwort 7

Einleitung:
Maschinisierung des Mentalen, Mythen Künstlicher Superintelligenzen und literarische Roboter-Horrorvisionen 9

1. Künstliche Intelligenz und Roboter
- Bewusstsein, Heterophänomenologie und Mensch-Maschinen-Interaktion 35

2. Künstliche Intelligenz und ihre Weiterentwicklung durch evolutionäre Algorithmen
und neuronale Netzwerke - Quelle für den Umschlag von Simulation ins Simulierte? 85

3. Roboterhandeln und -bewusstsein in phänomenologisch-philosophischer Interpretation 135

4. Evolution des kulturell eingebetteten Mentalen: Gedächtnis, Lernen, vorbewusstes und implizites Wissen als Alternative zu genetischen Algorithmen 173

5. Leiborientierter Humanismus, soziale Intelligenz und emotionales Entscheiden als Alternativen
zu autonomen Maschinenwelten und Latours Akteurs-Netzwerken? 235

6. Schluss:
Evolutionäre Anthropologie, Wissen
und der Humanismus menschlicher Leiblichkeit 277

Literaturverzeichnis 311