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Migration als Bildungsherausforderung  Subjektivierung und Diskriminierung im Spiegel von Migrationsbiographien
Migration als Bildungsherausforderung
Subjektivierung und Diskriminierung im Spiegel von Migrationsbiographien




Nadine Rose

Transcript
EAN: 9783837621358 (ISBN: 3-8376-2135-9)
476 Seiten, paperback, 15 x 23cm, August, 2012

EUR 35,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie lassen sich Subjektivierungsprozesse von »Migrationsanderen« rekonstruktiv erschließen und mit Begriffen der Butler'schen Subjekttheorie fassen? Am Beispiel biographischer Erzählungen vermittelt Nadine Rose Einsichten in Subjektbildungsprozesse von männlichen Jugendlichen aus Einwandererfamilien. Dabei werden implizite und explizite Anrufungen als »Andere« nicht nur als individuelle Herausforderungen gezeigt, sondern auch als Bildungsherausforderung für die Mehrheitsgesellschaft markiert. Die migrationspädagogische und bildungstheoretische Perspektive der Studie bietet dabei Einblicke in schulische und alltägliche Praxen der resignifizierenden Positionierung und Differenzierung.
Rezension
Deutschland ist längst - und nun auch offiziell zugegeben - zum Einwanderungsland geworden und damit zu einer multikulturellen Gesellschaft, in der vielfältig Menschen mit Migrationshintergrund leben. Kaum irgendwo wird das so deutlich wie in den Schulen. Migration ist eine Bildungsherausforderung (Buchtitel!). Biographische Erzählungen von männlichen Jugendlichen aus Einwandererfamilien veranschaulichen in dieser Studie deutlich, wie Jugendliche subjektiv ihr "Anderssein" beschreiben und deuten und zugleich ihr Migrationshintergrund auch zur Bildungsherausforderung für die Mehrheitsgesellschaft wird. In migrationspädagogischer und bildungstheoretischer Perspektive ordnet die Autorin die Emirischen Erhebungen (Teil 2) in Theoretische Überlegungen (Teil 1) ein.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Bildung, Migration, Biographie, Empirie, Theorie, Subjektivierung, Diskriminierung, Anrufung, Identifizierung, Resignifizierung, Judith Butler

Adressaten:
Pädagogik, Soziologie, Poststrukturalismus, Bildungstheorie, Migrationsforschung

Nadine Rose (Dr. phil.) lehrt Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Bremen. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Migrations-, Bildungs-, und Biographieforschung, insbesondere zu Prozessen der Herstellung als »Andere«.

Interview
... mit Nadine Rose

1. »Bücher, die die Welt nicht braucht.« Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?
Es wird derzeit viel über die schulische Benachteiligung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund gesprochen, aber dieses Sprechen neigt weiterhin dazu, das Problem bei den Jugendlichen und ihren Familien anzusiedeln – dieses Buch beschreitet einen anderen Weg.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Das Buch rekonstruiert nicht nur Diskriminierungserfahrungen von ›migrationsanderen‹ Jugendlichen, sondern ermöglicht einen Blick auf die Erfahrungen, die sie in Schule und Alltag gemacht haben. Die Forschungsoptik der ›Subjektivierung‹ hebt hervor, wie sie sich selbst über den Blick der anderen verstehen (lernen) und erst so zu ›Migrationsanderen‹ werden.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
In der Post-Pisa-Diskussion um die Bildungsbe(nach)teiligung von ›Jugendlichen mit Migrationshintergrund‹ verschiebt dieses Buch die Perspektive, denn es fragt danach, wie sie selbst ihre persönlichen Erfahrungen beschreiben. Dabei wird die paradoxe Figur der Subjektivierung deutlich: Einerseits sind sie als ›andere› in besonderer Weise diskriminierbar, andererseits zeigen sie sich als handlungsfähig und bildungskompetent in Schule und Alltag. Durch diese Perspektive wird stärker der gesamtgesellschaftliche Umgang mit Migration in Deutschland hinterfragt.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Mit Judith Butler, weil ich gern wüsste, was sie von der für das Buch zentralen Vorstellung rassismusrelevanter Anrufungen hält.

5. Ihr Buch in einem Satz:
Das Buch gewährt einen Einblick, was es heißt, als jugendlicher ›Migrationsanderer‹ in Deutschland zu leben und welche Herausforderungen und Spielräume für die Ausgestaltung der eigenen Subjektpositionierungen damit verbunden sind.

Editorial zur Reihe "Theorie bilden":
Die Universität ist traditionell der hervorragende Ort für Theoriebildung. Ohne diese können weder Forschung noch Lehre ihre Funktionen und die in sie gesetzten gesellschaftlichen Erwartungen erfüllen. Zwischen Theorie, wissenschaftlicher Forschung und universitärer Bildung besteht ein unlösbares Band.
Auf diesen Zusammenhang soll die Schriftenreihe Theorie Bilden wieder aufmerksam machen in einer Zeit, in der Effizienz- und Verwertungsimperative wissenschaftliche Bildung auf ein Bescheidwissen zu reduzieren drohen und in der theoretisch ausgerichtete Erkenntnis- und Forschungsinteressen durch praktische oder technische Nützlichkeitsforderungen zunehmend delegitimiert werden. Der Zusammenhang von Theorie und Bildung ist in besonderem Maße für die Erziehungswissenschaft von Bedeutung, da Bildung nicht nur einer ihrer zentralen theoretischen Gegenstände, sondern zugleich auch eine ihrer praktischen Aufgaben ist. In ihr verbindet sich daher die Bildung von Theorien mit der Aufgabe, die Studierenden zur Theoriebildung zu befähigen.
Die Reihe Theorie Bilden ist ein Forum für theoretisch ausgerichtete Ergebnisse aus Forschung und Lehre, die das Profil des Faches Erziehungswissenschaft, seine bildungstheoretische Besonderheit im Schnittfeld zu den Fachdidaktiken, aber auch transdisziplinäre Ansätze dokumentieren.

Die Reihe wird herausgegeben von Hannelore Faulstich-Wieland, Hans-Christoph Koller, Karl-Josef Pazzini und Michael Wimmer, im Auftrag der erziehungswissenschaftlichen Fachbereiche der Universität Hamburg.
Inhaltsverzeichnis
Danksagung | 7

Einleitung: Zu den Herausforderungen (in) einer Migrationsgesellschaft | 9
Anliegen | 12
Anordnung | 15
Wer spricht wie über wen? | 19
Lesehilfen | 23

THEORETISCHER TEIL

Annäherung an ein Forschungsfeld: Migration und Bildung | 27

Ergebnisse und Begründungsdiskurse zur Bildungsbe(nach)teiligung von
„Jugendlichen mit Migrationshintergrund“ | 28

Migrationswissenschaftliche Positionen und Migrationsforschung mit Bildungsbezug | 44

Bildungstheorie und empirische Bildungsforschung mit Migrationsbezug | 67

Theoretische Grundlagen | 89

Subjektivierung bei Butler: Subjektbildung in existenzverleihender Unterwerfung | 90

Bildungstheoretisch relevante Aspekte von Butlers Subjekttheorie: Bildung als Resignifizierungsprozess? | 142

Diskriminierung und die Bedingungen ihrer Möglichkeit | 159

Subjektivierung, Diskriminierung und Bildung – Zusammenführung und Anhaltspunkte einer heuristischen Perspektive | 206

EMPIRISCHER TEIL

Methodologie und Methode | 221

Methodologie der Untersuchung: Auf dem Weg zu einer performativdekonstruktiven Lesart | 221

Methodik der Untersuchung: Vom Umgang mit biographischen Erzählungen und Texten | 253

Darstellung der empirischen Ergebnisse: Ein Fallvergleich | 273

Fallstudie I: Bayram Özdal* | 274

Fallstudie II: Josef Schmidt* | 328

Ergebnis-Rekapitulation im Fallvergleich: Die Möglichkeitsräume der Positionierung | 380

Bildungstheoretische Relektüre der Ergebnisse: Bildungsmomente in Positionierungsprozessen? | 390

Schluss: Migration als Bildungsherausforderung für wen? | 409

Literatur | 419
Anhang | 465
Interviewleitfaden | 465
Überblick über das Sample | 466
Transkriptionsregeln | 472