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Kino der Irritation Lars von Triers theologische und ästhetische Herausforderung
Kino der Irritation
Lars von Triers theologische und ästhetische Herausforderung




Charles Martig

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EAN: 9783894725327 (ISBN: 3-89472-532-X)
160 Seiten, paperback, 15 x 20cm, 2008, zahlreiche Abb.

EUR 16,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
«Unbescheiden gesagt, gehört die Theologie zum Verrücktesten von dem, was wissenschaftlich produziert wird.» Mit diesem Diktum von Peter Eicher lässt sich die Filmtheologie bei Lars von Trier wohl am genauesten beschreiben. Weibliche Christusse, gnadenvolle Heldinnen und unvollkommene Menschen bevölkern sein Film-Universum. Gewaltige Opferhandlungen gehören zu seinem narrativen Modell. Mit diesen religiösen Bruchstücken ist Trier auf einer Spurensuche. Aus dem zersplitterten Text der Gesetzesreligion jüdisch-christ-licher Prägung nimmt er Teilstücke auf, kombiniert sie neu und arbeitet damit an einem neuen religiösen Text im Kino. Sein Programm ist die Rekonstruktion von religiösen Symbolwelten und theologischen Diskurs-fragmenten. Wie er gestalterisch damit umgeht, ist das eigentlich Geniale seines Ansatzes.

Lars von Triers «Kino der Irritation» wird in einer Analyse der ästhetischen Verfahren dargestellt. Dabei geht der Autor vom Neoformalismus aus, der von David Bordwell und Kristin Thompson entwickelt wurde. Eine Darstellung von modernen Ansätzen der Bildtheologie zeigt, dass die Auseinandersetzung mit der Ästhetik in der Theologie wieder einen neuen Stellenwert bekommt. Die Erkenntnisse aus Ästhetik und Bildtheologie werden in den theologischen Reflexionen fruchtbar. Hier wird ein spannender Dialog zwischen Karl Rahner, Raymund Schwager und Lars von Trier geführt. Im Zentrum stehen dabei die Filme Breaking the Waves, Dancer in the Dark und Dogville.

Charles Martig ist Publizist und Filmbeauftragter der Katholischen Kirche Schweiz sowie Geschäftsführer des Katholischen Mediendienstes in Zürich



Reihe: Film und Theologie
Rezension
Längst ist der Film zu einem respektablen Medium auch der (Religions-)Pädagogik geworden und seit Jahrzehnten schon bemüht sich insbesondere die katholische Theologie und Religionspädagogik um die Arbeit mit gehaltvollen Filmen; dafür stehen u.a. die Namen Reinhold Zwick und Peter Hasenberg, die neben anderen auch Herausgeber der hier anzuzeigenden Reihe "Film und Theologie" sind. Diese Reihe kann Religionspädagog/inn/en nur dringend ans Herz gelegt werden; denn wer in der Sekundarstufe mit Filmen arbeiten will, der bekommt hier vielfältige Anregungen. Seit Jahren auch fallen hier die Filme des dänischen Regisseurs Lars von Trier (incl. des Manifests DOGMA 95) immer wieder auf. Hier begegnen auf verfremdete Weise elementare Themen der Theologie, man denke nur an DOGVILLE oder BREAKING THE WAVES.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Dank 9

1. Einleitung 11

1.1 Theologischer Begründungszusammenhang 11
1.2 Filmwissenschaftliche Methode 13
1.3 Lars von Trier und seine ästhetische Strategie 14
1.4 Bildtheologische Zugänge 15
1.5 Systematische Theologie im Gespräch mit Triers religiösem Kino 16
1.6 Filmauswahl 18

2. Neoformalismus 19

2.1 Against Grand Theories – Genese einer kognitiven Filmtheorie 19
2.2 Im Dreieck von Filmtheorie, -analyse und -geschichte 22
2.3 Der Formbegriff des Neoformalismus 23
2.4 Methoden des neoformalistischen Ansatzes 27
2.4.1 Verfahren der Verfremdung 27
2.4.2 Bedeutung als formaler Aspekt 28
2.4.3 Verfahren als funktionale Elemente 29
2.4.4 Motivation 30
2.5 Der aktive Zuschauer 31
2.6 Filmanalyse vor dem Hintergrund von Erfahrungen 33
2.7 Historische Poetik 33
2.8 Neoformalismus und theologische Interpretation 36

3. Lars von Triers ästhetische Verfahren 39

3.1 Das Experiment 40
3.1.1 Epidemic – Komplexe Reflexion über das Spiel mit dem Medium 40
3.1.2 Dogville – Der Prozess der Verfremdung als künstlerisches Experiment 43
3.2 Die selbst auferlegten Hindernisse 50
3.2.1 Das Manifest Dogma 95 50
3.2.2 The Five Obstructions – Das Verfahren der selbst auferlegten Hindernisse in Reinform 56
3.3 Die Provokation 60
3.3.1 Provokation als Folge ästhetischer Suchbewegung 61
3.3.2 Möglichst große Widersprüche 62
3.3.3 Kampf gegen Konventionen und Genre-Regeln 64
3.4 Das stilistische System und seine Bezüge zum «Transzendentalen Stil» 68
3.4.1 Paul Schraders Konzept des «Transzendentalen Stils» 69
3.4.2 Der «Transzendentale Stil» als Kriterium zur Einordnung und Bewertung 70

4. Moderne Ansätze einer neuen Bildtheologie 73

4.1 «Das echte Bild» – Kunsthistorische Erkenntnisse bei Hans Belting 75
4.2 «Ikonoklasmus» – Ausgangspunkt für eine moderne Theologie des Filmbildes nach Boris Groys 80
4.3 «Pfade zum Absoluten» − Typologie des religiösen Films nach Reinhold Zwick 86
4.4 «Film als religiöses Symbolsystem» − Funktionale Religionstheorien nach John C. Lyden und Fritz Stolz 90
4.5 Ästhetik als Chance für eine Theologie nach dem «Tode Gottes» – Gerhard Larcher 93

5. Theologische Reflexionen im Werk Lars von Triers 97

5.1 Christologie 98
5.1.1 Karl Rahner als Ausgangspunkt der theologischen Reflexion 98
5.1.2 Weibliche Christusse als neues Genderparadigma 100
5.1.3 Triers Umgang mit dem Skandalon der Passionsgeschichte 105
5.1.4 Menschenbilder: transzendentale Anthropologie im Film 108
5.2 Opfertheologie 114
5.2.1 Mimetische Theorie nach René Girard 115
5.2.2 «Das Drama Jesu» – Raymund Schwagers narrativer Ansatz einer modernen Opfertheologie 117
5.2.3 Lars von Triers Konzeption des Opfers 117
5.3 Gnadentheologie 121
5.3.1 Dogville als filmischer Versuch über Gnade und Rechtfertigung 121
5.3.2 Dogville als moralisches Dilemma 124
5.3.3 Lars von Trier als transzendental-theologischer Moralist 127
5.4 Ästhetische Kritik der transzendental-theologischen Position 129
5.4.1 Sinnliche Konkretion als Kriterium moderner Filmtheologie 130
5.4.2 Verlust des Subjektkerns als Gefährdung 131
5.4.3 Reflexion über das religiöse Subjekt 132
5.4.4 Kontrafaktisches Modell der Nachfolge 133
5.4.5 Triers Ästhetik als Quelle für eine «Theologie des Widerstands» 133
5.4.6 Die Wahrung des Geheimnisses in der Filmtheologie 134
5.5 Theologische Kritik der ästhetischen Position 135
5.5.1 Nihilismus 135
5.5.2 Transdeszendenz 136
5.5.3 Apologet und Spurensucher 138
5.5.4 Lars von Trier – ein «katholischer Filmschaffender»? 139

6. Dialog zwischen Film und Theologie 141

6.1 Methodischer Akzent auf filmwissenschaftliche Instrumente 141
6.2 Lars von Triers ästhetische Herausforderung 142
6.3 Lars von Triers theologische Herausforderung 143

Filmografie 144
Literaturverzeichnis 145