lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Freuds Dinge Der Diwan, die Apollokerzen und die Seele im technischen Zeitalter Lothar Müller
Freuds Dinge
Der Diwan, die Apollokerzen und die Seele im technischen Zeitalter


Lothar Müller
Die andere Bibliothek
ISBN: 9788384772037
420 Seiten, hardcover, 13 x 22cm, Oktober, 2021

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Freuds Dinge wirft einen überraschenden und originellen Blick auf die Psychoanalyse.

Lothar Müller betrachtet die Gegenstände in der bürgerlichen Lebenswelt im späten 19. Und frühen 20. Jahrhundert, in der die Psychoanalyse entstand. Sie sind in Freuds Fallgeschichten, Traumdeutungen und Begrifflichkeiten eingewoben. Diese Dinge des Alltags spielen genauso wie die Objekte von Freuds Antiquitätensammlung in Sichtweite seiner legendären Couch eine tragende Rolle in der Erforschung des Unbewussten. Sigmund Freuds Schriften sind nicht nur als eine archäologische Aufdeckung des Verdrängten oder Verdichteten bei der Entzifferung des Unbewussten zu lesen, sondern zugleich als Geschichte der bürgerlichen Dingwelt.

„Ein Standardwerk für die Freud-Lektüre.“ Sigrid Löffler

Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019
Rezension
Sigmund Freud (1858-1939), der Vater der Psychoanalyse, erlangte internationale Bekanntheit durch sein umfangreiches Œuvre, insbesondere durch seine Schriften: „Die Traumdeutung“(1900), „Totem und Tabu“(1913), „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“(1916/17), „Jenseits des Lustprinzips“(1920), „Das Ich und das Es“(1923), „Die Zukunft einer Illusion“(1927), „Das Unbehagen in der Kultur“(1930), „Abriß der Psychoanalyse“(1938) oder „Der Mann Moses und die monotheistische Religion“(1939). Vielfach verbindet man mit dem Arzt und Tiefenpsychologen ein ikonisches Bild, nämlich das der legendären Couch mit dem Orientteppich in seinem Wiener Behandlungszimmer. Es gibt aber noch zahlreiche andere Dinge, die sich im Besitz des Antiquitätensammlers Freud befanden und auf die er in seinen Schriften rekurriert. Zu nennen sind hier u.a. seine Apollokerzen, seine Statue(tte)n, sein Füllfederhalter oder auch sein Anker-Steinbaukasten in den drei Grundfarben Braun, Blau und Rot. Dieser heutzutage Kindern noch eine Freude bereitende Elementarbaukasten aus dem 19. Jahrhundert findet in dem psychologischen Klassiker „Traumdeutung“ Erwähnung.
Freuds Theorie des Unbewussten anhand von Alltagsobjekten der bürgerlichen Welt um 1900 - unter Berücksichtigung der Wissenschaftsgeschichte - zu erschließen, gelingt sehr gut Lothar Müller (*1954) in seinem Buch „Freuds Dinge. Der Diwan, die Apollokerzen und die Seele im technischen Zeitalter“. Veröffentlicht wurde die in Leder gebundene Originalausgabe 2019 als Band 410 in dem auf bibliophile Bücher spezialisierten Verlag Die Andere Bibliothek. Das Werk des preisgekrönten Journalisten und Literaturkritikers war auch für den Preis der Leipziger Buchmesse 2019 nominiert. 2021 erschien der aufschlussreiche, in eleganter Sprache verfasste Band als preisgünstiger Extradruck bei der Anderen Bibliothek. Durch ihn werden Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Psychologie motiviert, sich problemorientiert mit der Gedankenwelt von Freud anhand von Artefakten auseinanderzusetzen.
Fazit: Lothar Müllers auch ästhetisch gelungenes Werk „Freuds Dinge“ ist eine hervorragende Einführung in den Kosmos des Begründers der Psychoanalyse. Freund:innen der Tiefenpsychologie sollten dem Buch unbedingt einen Platz in ihrer Bibliothek einräumen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Freuds Dinge spürt jenen Gegenständen nach, die die bürgerliche Lebenswelt im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert bevölkerten, als Sigmund Freuds Psychoanalyse entstand.
Ob Instrumente medizinischer Laboratorien, Möbel oder Kinderspielzeug, Götterfiguren aus Gips und Marmor in Sichtweite des legendären Diwans oder Schreibgeräte wie der „Wunderblock“ – die Warenwelt des technischen und industriellen Zeitalters verwandelt sich bei Freud in „Traumdinge“, die den Träumenden einladen, durch Name oder Gestalt seine Erinnerungen, Wünsche oder Ängste zu offenbaren.
Das Inventar des modernen, von Mechanisierung und Elektrifizierung geprägten Alltags, ist in Freuds Fallgeschichten und Deutungen eingewoben, es spielt wie die antike Mythologie eine tragende Rolle in der Erforschung des „seelischen Apparats“. So lassen sich Freuds Schriften nicht nur als Aufdeckung des Verdrängten und Entzifferung des Unbewussten lesen, sondern zugleich als Geschichte des Zusammenspiels von Dingwelt und Seelenleben im bürgerlichen Zeitalter.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Kapitel 1
DIE LUSTPUMPE UND
DER SEELISCHE APPARAT
S. 22 / Das Mikrotom, die Influenzmaschine
und die Salpetriere
S. 50 / Die Kamera und die Galtonsche Mischphotographie
S. 66 / Der chemische Kolben und der Seziertisch
S. 75 / Das Herbarium, die Traumarbeit und das
Perpetuum mobile
Kapitel 2
IM INNERN DES HAUSES
S. 88 / Freuds Teppich, der Orientalismus und
das Telephon des Unbewussten
S. 108 / Der Anker-Steinbaukasten, das Interieur
und das Fancy Paper
S. 130 / Das Prinzip Gschnas, der Zimmertelegraph und
der Surrealismus
S. 155 / Die Holzspule und die Entthronung
des Lustprinzips
Kapitel 3
DAS BÜNDNIS MIT DER ANTIKE
S. 172 / Der neue Midas und die Pelzmütze
des Vaters
S. 185 / Die archäologische Sammlung, die Gradiva
und das Studiolo
S. 216 / Die amerikanische Patientin, Athene
und das Orakel von Delphi
Kapitel 4
DIE GÖTTER IM EXIL
DES ALLTAGS
S. 242 / Die Diana der Epheser und die Masken
Merkurs
S. 265 / Die Tücke des Objekts, die Venus von Medici
und die Apollokerzen
S. 298 / Ödipus, die Sphinx und die sieben Ringe
Kapitel 5
RÄTSELHAFTE INSCHRIFTEN
S. 318 / Das Gleichnisregister und die Entschlüsselung
der Hieroglyphen
S. 327 / Die Bücherwelt, die Fliegenden Blätter und der
römische Dialekt
S. 344 / Die Stifte, der Wunderblock und das Ende der
archäologischen Metapher
Epilog
DIE DINGE UND
DIE LETZTEN DINGE
S. 383 / Anmerkungen
S. 399 / Literaturverzeichnis
S. 413 / Personenverzeichnis
S. 417 / Bildnachweis