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Die Kirchenväter und ihre Zeit
Die Kirchenväter und ihre Zeit




Hartmut Leppin

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406447419 (ISBN: 3-406-44741-4)
125 Seiten, paperback, 12 x 18cm, 2000

EUR 7,50
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Anregend, informativ und allgemeinverständlich erzählt Hartmut Leppin die Geschichte jener acht Kirchenlehrer, die die Grundlagen für die Entwicklung des Christentums in Europa legten. Die Lebensläufe der Kirchenväter - ihr Wirken zwischen Glauben, Religions- und Machtpolitik - werden ebenso beschrieben wie die Grundzüge und Wesensmerkmale ihrer Theologie.



Hartmut Leppin, Jahrgang 1963, lehrt als Privatdozent für Alte Geschichte an der Freien Universität Berlin. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen in der Geschichte der Spätantike und der Kirchengeschichte.
Rezension
Kirchengeschichte…. Vom Narzissmus und der Sexualfeindlichkeit der Kirchenväter–

Ziel von Leppins Die Kirchenväter und ihre Zeit ist es, „lediglich Lebensbilder“ der Kirchenväter zu zeichnen. Es werde keineswegs darauf abgezielt, ihre Heiligkeit und Wahrhaftigkeit vorzuführen, noch fühle sich der Autor dazu berufen, ihre theologischen Verdienste zu bewerten. Andererseits wolle er sich auch nicht in überzogenen Polemiken ergehen, die die Geschichte der Kirche als die einer Verbrecherorganisation zeichnen.

Und so folgen nach Leppins Einleitung 98 Seiten, die für C.H. BECK WISSEN typischen, kurzweilige und informative, in allgemein verständlichem Deutsch gehaltene Darstellungen. Dass Leppins Portraits eigentlich immer unsympathisch, wenn nicht sogar nach heutiger Auffassung geradezu kriminell ausfallen und so unweigerlich die Kirchengeschichte „als die einer Verbrecherorganisation“ dargestellt wird, ist ein Zustand, den der Leser/die Leserin schnell bemerken wird.

Der theologische Rezensent stellt sich die Frage, ob sich der Autor bei aller verständlichen Bemühung um wissenschaftliche ‚Neutralität’ nicht auch etwas mehr Mühe hätte geben können, nach den sympathischen Seiten zu suchen. Ob es überhaupt möglich ist, gerade die theologischen Verdienste dieser Führungspersönlichkeiten auszuklammern, ist eine Frage, die ich verneinen würde.

Ein Buch dieser Reihe kann wohl kaum ohne Verkürzungen auskommen, dies ist auch nicht der Punkt, denn schnelle Informationen sollen her. Doch ist es ärgerlich, wenn es Leppin so wenig gelingt, seinen in der Einleitung selbst erwähnten Prinzipien treu zu bleiben. Im Epilog scheint es dann fast so, als sei er selber überrascht, wie vernichtend seine Darstellungen ausgefallen sind, so dass er zusammenfassend seinem Unbehagen über „die Kirchenväter“ noch einmal Luft verschafft: Aus heutiger Sicht gälten extreme Charakterzüge [wie die der Kirchenväter] als therapiebedürftig, nicht als verehrungswürdig. Sie wirkten fanatisch, unduldsam, rücksichtslos und brutal. Wenn der Leser/die Leserin sich jetzt zurecht fragt, ob das abschließende Urteil Leppins nicht vielleicht schon den Ausgangspunkt seiner Betrachtungen bedeutet, dann will der Autor mit Objektivierungsversuchen beschwichtigen: Es sei dies nicht allein ein modernes Vorurteil, es habe manch ein Zeitgenosse ähnlich gedacht, „nicht nur Heiden, sondern auch lauere Christen“.

Richtig ärgerlich wird es erst ganz zum Schluss: „So gehört zu den schwerwiegendsten Wirkungen der Kirchenväter auch die christliche Neigung zur Sexualfeindlichkeit“. Die Vorwurftriade moderner Antiklerikalität „Leibfeindlichkeit – Kreuzzüge – Hexenverbrennung“ macht sich hier bemerkbar und mit ihrer pauschalistischen Natur drückt dies im Nachhinein gewaltig auf das wissenschaftliche Niveau solcher historischen Darstellung.

Hatte Leppin ursprünglich die theologischen Verdienste der Kirchenväter nicht bewerten wollen, so bedenkt er schlussendlich sogar noch ihre Frömmigkeit mit vernichtender Kritik: „Eifersüchteleien und Kleinkariertheit, Dünkel und Bösartigkeit waren ihnen nicht fremd; sie ließen sich in Alltagshändel verstricken, und oft verband sich Frömmigkeit mit Narzißmus.“ Psychoanalyse lässt grüßen? Hätte Leppin lieber ein anderes kleines Buch schreiben wollen, nämlich eine Geschichte der Sexfeindlichkeit der Kirchenväter, ein Buch voller narzisstischer Persönlichkeiten, die mit ihrer Sexualität und damit mit ihrer Umwelt nicht zurecht kommen?? So manch ein Verbrecher, so wissen wir denn heute, hat schließlich in der Kindheit narzisstische Kränkungen erdulden müssen...

Da dieses Buch schnell und wie gesagt kurzweilig zu lesen ist und auch einige Informationen im Sinne „harter Fakten“ zu bieten hat (sehr schön: Der Anhang „Zeittafel“ und „Kirchengeschichtliche Daten“ zu den jeweiligen Kirchenvätern), sei hier Leppins Die Kirchenväter und ihre Zeit als ein reduziertes Kontrastbild zu den oft hagiographisch angelegten kirchengeschichtlichen Darstellungen, z.B. als Nebenlektüre zu Greschats „Gestalten der Kirchengeschichte“, zur Lektüre empfohlen.

Michael Simonsen, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort… 6
Einleitung… 7
Griechische Kirchenväter… 13
Athanasius: Glaube als Parole… 13
Basilius der Große: Fürsorge und Macht… 26
Gregor von Nazianz: Der Denker auf dem Bischofsthron… 37
Johannes Chrysostomos: Der Moralist in der Großstadt… 47

Lateinische Kirchenväter… 61
Ambrosius: Der Senator auf dem Bischofsthron… 61
Hieronymus: Der Kirchenvater ohne Amt… 74
Augustin: Der Verlust Roms… 86
Gregor der Große: Die Wiedergewinnung Roms… 101

Epilog… 112

Abbildungsnachweis… 116
Literaturhinweise… 117
Zeittafel... 120
Register… 124