Der pensionierte Kollege Gottfried Böhme unternimmt es in dem zu besprechenden Buch, die Mechanismen der Digitallobby in schulischen Prozessen sorgsam zu sezieren. Durch den "Digitalpakt Schule" sei die Macht der Computerkonzerne endgültig in den Schulen angekommen, nun auch auf politischem Wege. Böhme lässt dabei kaum einen der aktuell brisanten Aspekte, die durch die derzeitige Pandemie wie unter einem Brennglas erscheinen, außer Acht: Die Veränderung des Lehrer-Schüler-Verhältnisses durch die Zwischenschaltung digitaler Medien, die Veränderung der Schülerrolle ("Der Schüler wird zum User"), Macht und ganz bewusste Einflussnahme der großen Konzerne (Hasso Plattner, Microsoft etc.) auf Schüler, Lehrer, Eltern einerseits und andererseits die Ohnmacht der gesamten Schulgemeinde diesen außerschulischen Akteuren gegenüber, außerdem behandelt er ausführlich die zu erwartenden Auswirkungen dieser neoliberalen Umwälzungserscheinungen auf die Gesellschaft. Wer oder was steckt hinter solchen tiefgreifenden Veränderungen? Für Böhme ist es u.a. ein neues Menschenbild, in dem der Mensch als Maschine behandelt wird (z.B. S.189) und seiner Willensfreiheit beraubt wird, weil Algorithmen, automatisierte Prozesse und externe, bisweilen kaum merkliche Steuerungen die Entscheidungen des einzelnen Menschen beeinflussen.
Der Autor belässt es jedoch nicht bei seiner fundierten Kritik: Er stellt konstruktiv Richtlinien für einen alternativen Digitalpakt zur Verfügung, die ausdrücklich zur Vervielfältigung freigegeben sind und nach Meinung des Rezensenten an jeder Schule verteilt werden sollte, um in den Kollegien Diskussionen über dieses Thema anzufachen, in denen auch kritische Stimmen zu Wort kommen, für die Böhme hervorragend recherchierte Argumentationshilfen liefert.
Hervorzuheben ist des weiteren das ausführliche Literaturverzeichnis, das hinsichtlich der Themen Digitalisierung, Change Management an Schulen, Neoliberalismus und natürlich Digitalisierung keine Wünsche offenlässt.
Man merkt in jeder Zeile, dass Herr Böhme langjähriger Kollege ist, der nach seiner Pensionierung erstens über das notwendige Insider-Wissen aus Schule verfügt, zweitens eine ausgesprochen gute Recherche durchgeführt hat und drittens genügend Energie besitzt, um all das in wunderbar flüssiger Sprache zu Papier zu bringen.

Über dieses Buch ließe sich noch viel schreiben: Die oben angedeuteten Aspekte mögen für einen ersten Eindruck genügen. Ich empfehle den Band jeder Kollegin und jedem Kollegen wärmstens der eigenen Lektüre!

Johannes Groß, www.lehrerbibliothek.de

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