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Der Judasbrief  / Der zweite Petrusbrief
Der Judasbrief / Der zweite Petrusbrief




Anton Vögtle

Neukirchener Verlagshaus , Benziger
EAN: 9783788714376 (ISBN: 3-7887-1437-9)
281 Seiten, kartoniert, 17 x 24cm, 1994

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament

herausgegeben von Norbert Brox, Joachim Gnilka, Jürgen Roioff, Rudolf Schnackenburg, Eduard Schweizer und Ulrich Wilckens



Die bis heute kontroverse Identifizierung der vom Judasbrief bekämpften Dissidenten erfordert eine sehr eingehende Textbefragung, Als am ehesten begründbar befürwortet der Kommentar die Hypothese, daß schon die Kontrahenten des Judasbriefes den Glauben an die Parusie Christi, konkreter: die überlieferten Parusieankündigungen verwarfen. Keine hinreichenden Anhaltspunkte finden sich für die Klärung der Frage, womit sie dies über ihre Beanspruchung des Pneumabesitzes hinaus begründeten.

Der Kommentierung des Judasbriefes folgt die des 2. Petrusbriefes. Das ist bedingt durch den detailliert begründeten Umstand, daß sich der spätere Verteidiger des Parusieglaubens vom Judasbrief zu seinem Argumentationsverfahren mit aitbiblischer Real- und Verbalprophetie inspirieren ließ und er jenen ebenso frei wie ausgiebig benutzte. Es hat sodann seine guten Gründe, daß er sich - wie schon sein Vorgänger - zur Widerlegung der Parusiespotter auf die Zitierung und direkte Verteidigung der Parusieverheißungen Jesu und/oder der Apostel nicht einließ, im Unterschied zu jenem läßt er die »Pseudoiehrer« aber ausdrücklich die Nichterfüllung der Naherwartung und den Fortgang des natürlichen Weitgeschehens als konkrete Gegenargumente anführen.

Als strittige Einzelpunkte seien erwähnt: die Frage nach dem gnostischen (oder doch zur Gnosis tendierenden) Charakter der Opponenten beider Briefe, nach der Begründung ihres präsentischen Heilsverständnisses, nach der Bewertung des formellen Zitates aus dem »apokryphen« Henoch (Jud 14f), sodann die disparate Auslegungs- und Wirkungsgeschichte von 2Petr 1,4b, der die christlichen Konfessionen seit der Reformationszeit noch mehr bewegende Streitpunkt, was sich aus 2Petr 1,20f für die Frage, wer zur Auslegung »der Schrift« berechtigt ist, erschließen läßt und was nicht, des weiteren die Frage, welche theologische Relevanz die exorbitanten kosmologischen Aussagen von 2Petr 3,5-13 im Rahmen der übrigen neutestamentlichen Aussagen zum Endschicksal der außermenschlichen Schöpfung beanspruchen können. Schließlich befaßt sich ein Exkurs mit dem gemeinplatzartigen Verdikt, der 2. Petrusbrief lasse die christoiogische Orientierung (der apostolischen Eschatologie) vermissen und ersetze diese durch eine anthropologisch orientierte Vergeltungslehre.



Anton Vögtle, geb. 1910; Studium vor und nach dem Zweiten Weltkrieg in Freiburg i.Br., Bonn, Berlin, Rom (Bibelinstitut) und Tübingen; 1935 Promotion und 1936 Priesterweihe in Freiburg i.Br., nach Vikars- und Divisionspfarrerdienst 1949 Habilitation; 1951-52 Professor für Neues Testament in Trier; seitdem bis zur Emeritierung Professor für Neues Testament in Freiburg i.Br.
Rezension
Der Judasbrief hat dem 2. Petrusbrief als Vorlage gedient, deshalb ist eine Kommentierung in einem Band – abgesehen von der Kürze der Texte – auch inhaltlich sinnvoll. Der Judasbrief stammt aus der 3. Generation, obwohl die Verfasserfiktion auf Zeitgenossenschaft Jesu anspielt (Judas als Bruder des Jakobus des Bruders Jesu, also Judas ebenfalls Bruder Jesu). Es findet sich wenig Situativ-Konkretes, weder im Hinblick auf die Adressaten noch auch hinsichtlich der (fiktiven) Judas-Autorenschaft, die gar nicht argumentativ ausgespielt wird. Vielmehr geht es um allgemeine Warnungen gegen (unbestimmt bleibende) Irrlehre, d.h. Festhalten an der überkommenen Tradition, das klingt nach Pastoralbriefen und apostolischer Lehrtradition. – Der 2. Petrusbrief hat außer der pseudonymen Verfasserangabe, die bewußt zur Erzeugung der Fiktion geschichtlicher Authentizität als Testament des Petrus genutzt wird, mit dem 1. Petr nichts gemein, wohl aber mit dem Judasbrief, von dem er die Warnungen vor Irrlehre übernimmt. Damit ist der 2 Petr die wohl späteste Schrift des NT; sie setzt sich mit dem Ausbleiben der Wiederkunft Christi (3,1-13) auseinander und benutzt dazu die apostolische Größe Petri. – Der Kommentar spürt all diesen Problemen sorgfältig nach und sieht schon im Jud das Parusieproblem als zentral; die Irrlehrer verwerfen die Erwartung der Wiederkunft Christi. Ob sie deshalb schon Gnostiker sind, bleibt eine der umstrittenen Forschungsfragen.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort VII

Abkürzungen und Literatur XIII

Der Judasbrief 1

Einführung 3

I. Absicht, Art und Gliederung des Schreibens 3
II. Adressaten und Verfasser 4
III. Abfassungszeit des Jud und Verortung der Adressaten 11
IV. Bezeugung und Kanonisierung 13

Kommentar 15

I. Präskript: Zuschrift und Segenswunsch (1-2) 15
II. Zweck und Anlaß des Schreibens (3-4) 19
III. Die Schuld- und Gerichtsverfallenheit der Gegner (5-16) .... 34
1. Erster Beweisgang (5-10) 34
a) Drei altbiblische Strafgerichtsbeispiele (5-7) 34
b) Die Anwendung der Strafgerichtsbeispiele auf die Gegner (8-10) 46
2. Zweiter Beweisgang: Drei gerichtsverfallene Sündertypen (11-13) 63
3. Dritter Beweisgang: Eine verbale Gerichtsprophetie (14-16) . . 71
IV Bestärkung und Ermahnung der bedrohten Gläubigen (17-22) . 86
1. Ein von den Aposteln vorausgesagtes Phänomen (17-19) .... 86
2. Ermahnung zu eigener christlicher Lebensführung (20-21) ... 99
3. Weisungen zum Verhalten gegenüber gefährdeten und verführten Gemeindegliedern (22-23) ... 102
V. Abschließende Doxologie (24-25) 108

Zur Bedeutung des Judasbriefes 111

Exkurs 1: Ein formelles Zitat aus einer »apokryphen« Schrift als argumentativer Höhepunkt 83
Exkurs 2: Die Auffassung und Argumentation der Nonkonformisten .... 95

Der 2. Petrusbrief

Einführung 117

I. Anlaß und Anliegen des Schreibens 117
II. Art und Beweisgang des Schreibens 119
III. Nachpetrinische Verfasserschaft 122
IV. Die Wahl des Pseudonyms »Petrus« 125
V. Adressaten, Verfasser, Ort und Zeit der Abfassung 127
VI. Bezeugung und kanonische Anerkennung des Briefes 129

Kommentar 132

Das Präskript (1,1-2) 132
A Einleitender Teil: Einstimmung der Adressaten auf sein Mahn- und Vermächtnisschreiben (1,3-15) 135
I. Die Gabe und Aufgabe des Christenstandes (1,3-11) 136
1. Die heilsökonomischen Vorgaben (1,3-4) 136
2. Die Realisierung der ergangenen Berufung als Voraussetzung der Heilserlangung (1,5-11) ... 148
II. Die testamentarische Bestimmung des Briefes (1,12-15) 157
B Hauptteil: Die Verteidigung des Parusieglaubens (1,16-3,13) . . 163
I. Die offenbarende Voranzeige der Parusie Christi als Bestätigung
der Beweiskraft altbiblischer Prophetie (1,16-21) 163
II. Die Schuld- und Gerichtsverfallenheit der Parusieleugner (2,1-22) .... 180
1. Die Ankündigung des Auftretens verführerischer Pseudolehrer und des sie erwartenden endgerichtlichen Schicksals (2,1-3) ... 183
2. Altbiblische Beispiele für die bestrafende und errettende Funktion des Endgerichts (2,4-10a) ... 187
3. Auftakt zu weiteren Bezichtigungen der Falschlehrer (2,10b-11) 196
4. Ausführliche Inkriminierung der geistigen und moralischen Verkommenheit der Dissidenten (3,12-22) 201
III. Abschließende Widerlegung der Einwände gegen die Parusie
Christi zu Gericht und Heilsvollendung (3,1-13) 209
1. Überleitung und Zitierung der Parusiespötter (3,1-4) 209
2. Gegen den Einwand der Permanenz des Weltlaufs (3,5-7) . . . 224
3. Gegen den Einwand der Nicht-Erfüllung der Parusieverheißung (3,8-10) 229
4. Paränetische Ausrichtung der Adressaten auf Gericht und Endheil (3,11-13) 239
C Abschließende Mahnungen mit einem bezeichnenden Nachtrag (3,14-18) 261


Exkurs 1: Die theologische Relevanz der kosmologischen Zukunftsaussagen aus exegetischer
Sicht 244
Exkurs 2: Zur Auslegung und Nachwirkung der kosmologischen Zukunftsaussagen in Geschichte und Gegenwart 255
Exkurs 3: Zur Argumentation und zum Selbstverständnis der Kontrahenten 266
Exkurs 4: Preisgabe der christologischen Eschatologie zugunsten jüdischer Apokalyptik und bloßer Vergeltungslehre? 272

Register 279