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Am stillen Ozean Reiseerzählungen Herausgeber:  Dr. Euchar Albrecht Schmid 
Titelbild:  Carl Lindeberg
Am stillen Ozean
Reiseerzählungen


Herausgeber: Dr. Euchar Albrecht Schmid

Titelbild: Carl Lindeberg



Karl May

Karl May Verlag
EAN: 9783780200112 (ISBN: 3-7802-0011-2)
536 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 12 x 18cm, 2009, Ganzleinen, farbiges Deckelbild, Gold-, Schwarz- und Blindprägung, Landkarten auf Vorsatz

EUR 17,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Karl May Verlag Bamberg
Rezension
Die spannenden Abenteuer um den "Ehri" und den "Kiang-lu" geben ein farbiges Bild von der Südsee und vom Reich der Mitte. Nach einer Episode in Russland führt der Reiseweg nach Ceylon und in den Indischen Ozean. Der Band enthält folgende Erzählungen: 1.) Im Zeichen des Drachen. 2.) Die Piraten des indischen Meeres. Die vorliegenden Erzählungen spielen Anfang der 60er- und Ende der 70er-Jahre des 19. Jahrhunderts. Der Ich-Erzähler Charley erlebt zahlreiche Abenteuer an ungewohnten Schauplätzen. Zu seinen Begleitern gehören der Kapitän Frick Turnerstick und der Engländer Sir John Raffley. Die fünf Reiseerzählungen, zu zwei Zyklen zusammengefasst, spielen in der Südsee und in China.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die vorliegenden Erzählungen spielen Anfang der 60er- und Ende der 70er-Jahre des 19. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
Im Zeichen des Drachen

Auf der ‚Maatepockeninsel‘
Die Rache des Ehri
Im Taifun
Eine ergebnisreiche Gämsenjagd
In Hongkong
Chinesische und europäische Musik
‚Kiang-lu‘
Das leere Nest
In der verbotenen Stadt
Bei einem chinesischen Großen
Im ‚Erker der Drachenschlucht‘
Gefährliche Bekanntschaften
Nach Sibirien
‚Om mani padme hum‘

D i e P i r a t e n d e s i n d i s c h e n M e e r e s

Eine Menschenjagd
Eine Elefantenjagd
Eine Piratenjagd
Das Gespenst auf der Piratendschunke
Ein unerwartetes Wiedersehen
Das Dunkel lichtet sich
Die Flüchtlinge von den Andamanen
Auf den Nikobaren
In der Tapanuli-Bai
An der Tigerbrücke


Leseprobe „Am Stillen Ozean“
Band 11 der Gesammelten Werke Karl Mays
Auszug aus der Erzählung „Auf der ,Maatepockeninsel‘“

1. Auf der ,Maatepockeninsel‘
Ein heiterer, wolkenloser Himmel breitete sich über uns aus, aber das strahlende Licht der
Sonne vermochte die finsteren Schatten nicht zu verscheuchen, die auf den Zügen der
wackeren Seeleute lagen. Missmutig saßen sie mit mir rings um das lodernde Feuer, an dem
wir unser Mittagsmahl bereiteten.
Vor uns dehnte sich der niedrige Strand, von drei scharfen, gefährlichen Korallenringen
umgeben, außerhalb deren die See ihre weiten, glänzenden Wogen wälzte. Zwischen ihnen
und der Küste ruhte das Wasser so unbewegt, als hätte nie ein Sturm in diesen
sonnendurchglühten Breiten getobt. Hinter uns stieg das Land zur Höhe, hier und da von
grünen Eukalyptussträuchern, dichten Melaleuzeen1 und Gruppen von Kallitriskoniferen
bestanden, unter und zwischen denen zahlreiche Akazien- und andere feinstielige
Leguminosenarten eine dichte Bodenbekleidung bildeten. Auf dem höchsten Punkt der Insel
stand Bob, der Zimmermann, denn an ihm war die Reihe, mit dem Fernrohr unausgesetzt den
Gesichtskreis abzusuchen nach irgendeiner Art von Segel, das uns Befreiung aus unserer
beklemmenden Lage bringen könnte.
Wir hatten mit unserem guten Dreimaster ,Poseidon‘ vor nunmehr sechs Wochen
Valparaiso verlassen, um nach Hongkong zu segeln, in kurzer Zeit die viel befahrenen Linien
nach Callao, Guayaquil, Panama und Acapulco durchschnitten und waren dann in schneller,
glücklicher Fahrt vor einem steifen Südostpassat immer scharf nach Westen gegangen.
Ungefähr auf der Höhe von Ducir und Elisabeth schlug der Passat in einen Orkan um, wie ich
ihn von solcher Stärke und Unwiderstehlichkeit während meiner vielen Fahrten noch niemals
erlebt hatte.
Wir waren gezwungen gewesen, alle Leinwand außer dem Sturmsegel einzuziehen, und
dennoch hatte der ,Poseidon‘ einen Spielball der empörten Wogen gebildet, den keine
menschliche Einsicht, Kraft und Geschicklichkeit zu lenken vermochte. Jetzt lag unser
Dreimaster gestrandet draußen zwischen den verräterischen Korallenklippen. Der Kutter war
über Bord gerissen worden, die Schaluppe hatte bei unserer Landung ein unheilbares Leck
bekommen und das Langboot steckte auf einem spitzen, haarscharfen Riff, das sich wie ein
malaiischer Dolch in seinen Bug gebohrt hatte.
Die Brandung riss Planke um Planke von dem Schiff, das unrettbar war, und wir hatten zwei
Tage lang unter Anstrengung aller Kräfte arbeiten müssen, um wenigstens von der Fracht und
den Lebensmitteln so viel zu bergen, wie wir der gefräßigen See zu entreißen vermochten.
Nun war es mit der schweren Arbeit zu Ende und wir kauerten zwischen großen
Warenballen und Fässern um das Feuer und bemühten uns, einander an Düsterkeit der Mienen
zu überbieten.
Seitwärts stand Kapitän Roberts und war beschäftigt, die Länge und Breite zu berechnen.
Wir hatten seit früh wieder freien Himmel und es konnte ihm also jetzt, da die astronomischen
und nautischen Messgeräte geborgen worden waren, nicht schwer fallen, seine Aufgabe genau
zu lösen.

1 Teebäumen


„Nun, Käpt’n, seid Ihr fertig?“, fragte der Steuermann, während er ein mächtiges Stück
Salzfleisch vom Feuer nahm, um es auf seine Bratschärfe zu prüfen.
„Aye, aye, Maat, bin fertig“, lautete die Antwort.
„Wo sind wir?“
„Wir sitzen anderthalb Grad nördlich vom Steinbock auf dem zweihundertneununddreißigsten
Grad östlich von Ferro.“
„Wollte, wir säßen daheim in Hobboken bei Mutter Grys und hätten einen festen Schemel
unter uns und ein Glas Steifen vor der Nase. Was meint Ihr wohl zu dieser Insel, Käpt’n?
Wird ihr Name ausfindig zu machen sein?“
Der Kapitän neigte bedenklich den Kopf.
„Hier gibt’s mehr Inseln als Pockennarben in Euerm Gesicht, und das ist viel gesagt, wie Ihr
wohl wisst, Maat. Habt Ihr für jede Narbe gleich den richtigen Namen bei der Hand?“
Der Steuermann bemühte sich, die Schmeichelei, die der Vergleich für ihn enthielt, mit
einem sauren Lächeln zu erwidern.
„Habe noch nie daran gedacht, die Teile meiner ehrlichen Fratze zu benamsen, Käpt’n. Aber
wenn dieses unglückselige Stück Koralle hier noch keinen Namen hat, so sind wir wahrhaftig
gezwungen, ihm einen zu geben. Ich schlage vor, wir heißen das Eiland Maatepockeninsel.“
Er schien seinen Witz für überaus geistreich zu halten, denn das saure Lächeln verschwand
und neben dem riesigen Stück Kautabak, das er im Mund hatte, drängte sich ein kräftiges und
herzliches Lachen über seine Lippen...