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Alles nur Konsum Kritik der warenästhetischen Erziehung
Alles nur Konsum
Kritik der warenästhetischen Erziehung




Wolfgang Ullrich

Wagenbach
EAN: 9783803126993 (ISBN: 3-8031-2699-1)
208 Seiten, kartoniert, 12 x 19cm, 2013

EUR 11,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wolfgang Ullrich, der Themen gern gegen den gefälligen Strich bürstet, denkt über Konsum nach. Er rechnet mit der herkömmlichen Konsumkritik ab, doch sein Blick auf die heutige Konsumwelt ist nicht minder kritisch. So entdeckt er verschiene Faktoren, die Konsumprodukte für den Einzelnen oder die Gesellschaft regelrecht gefährlich werden lassen. Aber erzeigt auch, was passieren muss, damit Warenästhetik eine positive erzieherische Wirkung haben kann.

Prägen alltägliche Konsumprodukte die Menschen mittlerweile vielleicht sogar stärker als andere Massenmedien? Wer Ullrichs Buch gelesen hat, wird Duschgels, Tee oder Joghurt ganz anders wahrnehmen als bisher - und Kaufentscheidungen nach neuen Kriterien treffen.

Wolfgang Ullrich, geboren 1967 in München, ist Professor für Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe. Bei Wagenbach erschienen u.a.: Raffinierte Kunst. Übung vor Reproduktionen, Bilder auf Weltreise, Tiefer hängen. Über den Umgang mit der Kunst und Uta von Naumburg. Eine deutsche Ikone.
Rezension
"Produktinszenierung als eine Form der Überwältigung durchschauen können" (9) war lange Zeit der Ansatz, von dem her man die Warenästhetik kritisierte. Wolfgang Ullrich verfolgt in seiner 'Kritik der warenästhetischen Erziehung" einen anderen Weg. Er will die ästhetische Gestalt von (Konsum)Waren und ihre Fiktionalisierungen, die durchaus als 'Kunst' betrachtet werden können, nicht von vornherein als Betrug abqualifizieren: "Im Gegenteil kann Konsumieren eine Kulturtechnik sein wie Lesen ..." (24), also ein bewusster Umgang mit einem bestimmten Zeichensystem. Er schreibt: "In der Beschäftigung mit Marken und Produkten schärfen die Konsumenten ihre Fähigkeit der Differenzierung, aber auch Wahrnehmung und Deutung diverser Lebenssituationen." (28/29) In den folgenden Kapiteln seines Buches illustriert und erläutert Ullrich diesen Ansatz u.a. an der Bedeutungsaufladung und Metaphorisierung von Wasser, an der überhöhte Alltagssituationen stiftenden Funktion von Shampoos und Badezusätzen oder er analysiert unter Rückgriff auf eine Formulierung von Norbert Bolz den 'Polytheismus der Marken und Moden' (80) Aber auch wenn er die ästhetischen Dimension von Waren würdigt und gegen vorschnelle Kritik verteidigt, sieht er doch auch kritisch, was die Zukunft zu bringen scheint: Einen Wertekapitalismus, in dem Werte "zum neuen Hauptanliegen vieler Unternehmen" (185) avancieren. Sie wollen Aufmerksamkeit erregen und Gewinne optimieren, indem sie den Anspruch mitverkaufen, Gutes zu tun und die richtige Sicht der Dinge zu vertreten. Dann, so Ullrich, wird man sich daran erinnern: "... wie man früher, in der guten alten monokapitalistischen Zeit, einfach nur wählte, was halbwegs zu einem passte ..."(191)
Ullrichs Überlegungen sind vor allem hilfreich, wenn man einen (nicht nur jugendlichen) Lebensstil verstehen will, in dem sehr viel Zeit für die Auswahl der Dinge verwendet wird, die man im Alltag benötigt. Dieses Konsumverhalten nicht von vornherein als Konsumismus zu verdammen, sondern seine orientierenden und Werte transportierenden Aspekte herauszuarbeiten, sind eine Stärke des Buches. Es kämpft vor allem auch erfolgreich gegen die irrtümliche Annahme, Fiktionen seien von vornherein nichts wert. Ästhetisch betrachtet sind nämlich die Fiktionen der Kunst wie die Fiktionen des Warendesigns in gleicher Weise Versuche, im schönen Schein Sinn und Bedeutung einer flüchtigen Wirklichkeit auszumachen und festzuhalten.

Matthias Wörther, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Selbst alltägliche Konsumprodukte müssen heutzutage höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen und werden oft ähnlich aufwendig inszeniert wie Werke der Hochkultur. Wolfgang Ullrich wagt den Spagat zwischen beiden Welten und fragt, ob wir nicht alle längst dem Doping durch Konsum erliegen.
Wolfgang Ullrich, der gern (Kunst-)Themen gegen den gefälligen Strich bürstet, denkt über Konsum nach. Er wertet die Konsumkultur auf und befragt sie dennoch kritisch. Dabei begibt er sich auf ein höchst emotionales Feld, weil die Inszenierung von Markenartikeln unser aller Erfahrungswelt betrifft. Mit einem Duschgel, Tee oder Joghurt wird heute immer auch eine Lebenshaltung verkauft.
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Mit dem Untertitel spielt Ullrich auf die Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen an, in denen Schiller die Kunst als unabdingbar für die Entwicklung des Menschen und der Gesellschaft bezeichnet. Ullrich versucht nun, Kunstwerke und Konsumprodukte einander anzunähern, nicht zuletzt, weil die Inszenierung von Produkten derjenigen von Kunstwerken häufig in nichts nachsteht.
Ullrich kann der Verwandlung des Bildungsbürgers in den Konsumbürger positive Seiten abgewinnen: Gutes Design habe eine erzieherische Wirkung, und es erreiche die Menschen besser als andere Massenmedien. Ullrich bleibt also Optimist – und er hält uns auf nicht selten erfrischende Weise den (Konsumenten-) Spiegel vor.
Inhaltsverzeichnis
I Fiktionswerte 7
II Inszenierungsfolgen 31
III Situationsfaschismus 51
IV Konsumpolytheismus 69
V Spiegelkonsumenten 85
VI Metaphernethik 107
VII Gewissenswohlstand 127
VIII Konsumpoesie 151
IX Wertekapitalismus 171
Dank 195
Anmerkungen 197