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Moderner Muskelkult Zur Sozialgeschichte des Bodybuildings
Moderner Muskelkult
Zur Sozialgeschichte des Bodybuildings




Mischa Kläber

Transcript
EAN: 9783837623765 (ISBN: 3-8376-2376-9)
276 Seiten, paperback, 15 x 22cm, April, 2013

EUR 28,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Bodybuilding polarisiert: Die einen sehen in Bodybuildern spleenige Freaks und keine Sportler. Andere hingegen begeistern sich für die extremen Muskelfetischisten. Unterdessen sehen sich die Bodybuilder selbst als wahre Vollblut-Sportler und darüber hinaus als Künstler, Asketen und Helden. Mittels Bodybuilding-Techniken wird der Körper zum Distinktionsinstrument – bis hin zur Sinninstanz.

Doch wie ist die Entstehung des Bodybuildings vor dem Hintergrund der Moderne einzuordnen? Mischa Kläber zeigt: Die Sozialgeschichte des Bodybuildings – mitsamt ihrer Ausstrahlungseffekte auf andere Sportarten – ist mindestens so faszinierend wie die Körper seiner Akteure.
Rezension
Wir leben in einer Welt und in einer Zeit, da das Körperliche und die damit verbundene Körperästhetik von hohem Stellenwert in der Gesellschaft sind: jugendliche und sportive Körper sind "in" und sie werden sozialwirksam in Szene gesetzt, besonders auch im Bodybuilding und im Fitnessstudio; der individuelle Körper wird zum Fetisch, der perfekte Körper zum Endziel. Hemden ohne Ärmel oder die szenetypischen Muscle-Shirts, die die Unterarm- und Oberarmmuskeln freilegen, sind Garanten für eine bizarre Inszenierung im sozialen Umfeld. Dieses Buch geht dieser Entwicklung sozialgeschichtlich auf den Grund: Welche Tendenzen finden sich, warum entwickeln sie sich, was sind die Ursachen und Wirkungen? Der Autor sieht im Bodybuilding u.a. ein Gegenprogramm zur Technisierung, Körperverdrängung und Schwund des Muskelapparats in postmodernen Gesellschaften. Die rohe Körperkraft als genuines Attribut der Unterschicht wird durch Fitnessstudios auch anderen Sozialschichten zugänglich.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Kraftsport, Bodybuilding, Fitness-Studio, Muskelfetisch, Sozialgeschichte, Systemtheorie, Sportsoziologie
Adressaten:
Soziologie, Sportwissenschaft, Körpersoziologie, (Sport-)Geschichte sowie die an der Fitnessbranche und am Kraftsport/Bodybuilding interessierte Öffentlichkeit

Mischa Kläber (Dr. phil.) arbeitet als Ressortleiter für Präventionspolitik und Gesundheitsmanagement beim Deutschen Olympischen Sportbund. Zudem ist er Lehrbeauftragter für Sportsoziologie an der Technischen Universität Darmstadt.
WWW: TU Darmstadt

Interview
... mit Mischa Kläber

1. »Bücher, die die Welt nicht braucht.« Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?
Bücher über Bodybuilding gibt es in der Tat wie Sand am Meer: Trainingswissenschaftliche, medizinische, ökotrophologische und erfahrungsbasierte Zugänge – oder vereinzelt auch geschichtliche Abrisse – zum Bodybuilding sind in der Literaturlandschaft leicht ausfindig zu machen. Allerdings gibt es keine sozialgeschichtliche Abhandlung zum ultramodernen Phänomen des Bodybuildings, das speziell aus einer soziologischen Perspektive als ein überaus reizvolles Thema erscheint.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Mein Buch »Moderner Muskelkult« nähert sich dem Bodybuilding als ein typisches Phänomen der Moderne mit den Mitteln und Möglichkeiten einer systemtheoretisch-soziologischen Herangehensweise. Bodybuilding wird am harten Strahl differenzierungstheoretischer Überlegungen vor dem Kontext sich wandelnder Gesellschaftsbedingungen analysiert und verhilft dadurch zu einem unkonventionelleren Verständnis von der historischen Gewachsenheit eines faszinierenden wie auch fragwürdigen Sports.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Meines Erachtens gibt es in der derzeitigen Literaturlandschaft zum Forschungsgegenstand des Bodybuildings keine vergleichbar komplexe Analyse, die es begreift, der Komplexität des real existierenden Bodybuildings ein adäquates Maß an theoretischer Eigenkomplexität entgegenzuhalten. Keine andere Monographie setzt sich mit den ›Wechselwirkungen‹ zwischen Bodybuilding und der Gesamtgesellschaft in ähnlich intensiver Weise auseinander.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Ich würde mein Buch gerne mit allen ›argumentativ-militanten‹ Kritikern des Bodybuildings diskutieren, die es in Deutschland zu Genüge gibt!

5. Ihr Buch in einem Satz:
Bodybuilding ist modern- und antimodern zugleich, sowie das Sinnbild einer mcdonaldisierten Sportart, die hinsichtlich ihres Durchrationalisierungs-Niveaus ihres Gleichen sucht.

Editorial zur Reihe:
Die jüngste (Wieder-)Entdeckung des Körperbegriffs in den Sozial- und Kulturwissenschaften »verkörpert« paradigmatisch ein neuartiges materialistisches Verständnisses von Gesellschaft und Kultur, das von einer Inkorporierung symbolischer Ordnungen ausgeht. Die Reihe KörperKulturen stellt diesen innovativen Diskursen um den Körperbegriff ein eigenes editorisches Profil zur Verfügung, das die interdisziplinäre Vielfalt körpertheoretisch inspirierter Perspektiven zeigt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung | 7

I. Soziale Evolutionstheorie als Analyseraster | 31

1 Gesellschaftliche Differenzierungstypen | 40
1.1 Segmentäre Gesellschaftsformationen | 46
1.2 Stratifikatorische Gesellschaftsordnungen | 50
1.3 Funktional ausdifferenzierte Gesellschaften | 54

II. Vormoderne Formen des Krafttrainings | 69

2 Körperkraft und Kraftkörper | 75
2.1 Kräftigungspraktiken in den Athletikschulen der Antike | 79
2.2 Kraftproben in Militär und Erziehung des Mittelalters | 92
2.3 Körperlichkeit im Kontext der aufkommenden Moderne | 102

III. Bodybuilding und funktionale Differenzierung | 117

3 Frühformen des Bodybuildings | 121
3.1 Herkunftsmilieu: Zirkus und Varietee | 124
3.2 Bodybuilding in der Lebensreform | 131
4 Orte des Kraftsports: ›Muckiebuden‹ und High-Tech-Studios | 141
4.1 Kommerzialisierung der Fitness-Studios | 151
4.2 Vergemeinschaftung in Studios jenseits der Sportvereine | 159
4.3 Trainingsmaschinen vs. Freihanteln | 166

IV. Binnendifferenzierung im modernen Bodybuilding | 179

5 Identität der Kraftsportler – vom Pluralisten zum Spezialisten | 183
5.1 Ein- und Abgrenzungen im Kraftsportsektor | 187
5.2 Ausbildung einer ›Hardcore‹-Szene | 197
5.3 Antriebsmotive zeitgenössischer Bodybuilder | 205

Resümee: McDonaldisierung des Bodybuildings | 231

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis | 249
Siglen | 251
Literatur | 253