«Wir sind Erinnerung» – das Thema scheint quer zum Zeitgeist zu stehen und ist doch von brennender Aktualität. Für jene, die Vergangenheit als zu liquidierende Hypothek, nur die Gegenwart als sicheren Wert und die Zukunft nur als optimierte Gegenwart zu sehen vermögen, ist Erinnerung nur Hemmnis ihres Lebensmanagements. Für diejenigen allerdings, die erkennen, dass menschliche Handlungen immer auch historisch motiviert und legitimiert werden, dass Zukunft ohne Aufarbeitung der Vergangenheit aufs Höchste gefährdet ist, dass Zukunft nicht aus reiner Gegenwart erzeugt werden kann, ist Erinnerung eine unabdingbare Voraussetzung, um das eigene und das fremde Leben zu verstehen, und damit der Bildung. In interdisziplinärer Zusammenschau psychologisch wie historisch orientierter Wissenschaften zeigen die Beiträge des Bandes, dass Erinnerung nicht nur nostalgischer Rückblick ist, sondern Bedingung lebendiger Gegenwart und Voraussetzung hoffnungsvoller Entwürfe der Zukunft.

Rezension