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Was übrig bleibt Die Werkstatt von Günter Grass
Was übrig bleibt
Die Werkstatt von Günter Grass




Hans Grunert

Steidl
EAN: 9783969991923 (ISBN: 3-9699919-2-7)
128 Seiten, hardcover, 20 x 22cm, Oktober, 2023

EUR 35,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Günter Grass hatte keinen Schreibtisch. Er hatte eine werkstatt. Zwischen Töpferscheibe und Stehpult, Zeichentisch und Schreibmaschine arbeitete er an Texten, Bildern und Skulpturen; hier entstand seine intermediale Kunst.

Hans Grunerts Fotografien erkunden die Dingwelt dieser Werkstatt wie eine fremde, versunkene Kultur. Isoliert von allen vertrauten Kontexten und Gebrauchszusammenhängen, entfalten die unterschiedlichsten Objekte wieder das Eigenleben, das sie in Grass`animistischer Welt führten.
Rezension
Olivetti Schreibmaschine, Montblanc Füllfederhalter, versteinertes Schneckenhaus, Unke, Salamander, Agfa Box, Strohhut, Brillen, Feder, Tintenfässer, Rötelkreide, Aquarellpinsel, Faber Castell Bleistifte, Radiernadeln, Töpferscheibe, Lithographiestein, Zigarettentabak und Pfeife. Welchem deutschen Künstler und Literaturnobelpreisträger gehörten diese Gebrauchsgegenstände?
Sie dienten Günter Grass (1927-2015) als Utensilien bei der Erstellung seiner literarischen und bildnerischen Werke. Internationale Bekanntheit erlangte er durch seine Bücher: „Die Blechtrommel“(1959), „Katz und Maus“(1961), „Hundejahre“(1963), „Das Treffen in Telgte“(1979), „Im Krebsgang“(2002) und „Beim Häuten der Zwiebel“(2006). Der Dichter, so seine Selbstbezeichnung, war nicht nur Lyriker, Epiker, Dramatiker, engagierter Wahlkämpfer für die SPD und einer der wichtigsten Intellektuellen der Bundesrepublik, sondern auch Grafiker, Maler und Bildhauer. Davon zeugen u.a. seine Buchcover, Bronzeplastiken, Tuschezeichnungen, Ätzradierungen und Kaltnadelradierungen auf Kupfer, Lithographien sowie Aquarelle. Grass` Œuvre zeichnet sich aus durch die Intermedialität von sprach- und bildkünstlerischen Arbeiten.
Davon geben die Objekte aus seiner Werkstatt in Behlendorf ein beredtes Zeugnis. Diese finden sich abgelichtet von dem Fotografen Hans Grunert (*1969) im Stile von Bernd und Hilla Becher in dem Bildband „Was übrig bleibt. Die Werkstatt von Günter Grass“. Erschienen ist das ästhetisch ansprechende Buch in dem Hausverlag des Dichters – im Steidl Verlag. Es enthält zudem einen einleitenden Text von dem Germanisten und Leiter des Grass-Archivs Heinrich Detering (*1959). Lehrkräfte der Fächer Deutsch und bildende Kunst werden durch den Band zur Dingwelt von Grass motiviert, sich in ihrem Fachunterricht oder in einem fächerübergreifenden Projekt mit dem Gesamtwerk des Literaturnobelpreisträgers auseinanderzusetzen.
Fazit: Hans Grunert leistet mit seinem Bildband „Was übrig bleibt. Die Werkstatt von Günter Grass“ einen schönen Beitrag zur Erinnerung an die intermediale Arbeitsweise des Text- und Bildkünstlers. Für Freund:innen des Œuvres von Günter Grass ist das Buch ein Muss.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Bis zu seinem Tod im April 2015 lebte und arbeitete Günter Grass südlich von Lübeck im ländlichen Schleswig-Holstein. Nur wenige Schritte vom Wohnhaus entfernt befand sich seine Werkstatt: ein ehemaliges Stallgebäude mit zwei Etagen. Hier waren Bücherregale, das Stehpult, an dem er mit der Hand und mit der Reiseschreibmaschine Olivetti schrieb, die Pinnwand für Arbeitspläne und Skizzen, die Töpferscheibe, die Werkbank fürs Lithografieren und Skulpturenformen vereint. Grass arbeitete nicht im Atelier und nicht in einer Bibliothek, sondern ausdrücklich in »meiner Werkstatt«.
Nach seinem Tod 2015 blieb hier alles unverändert an seinem Platz. In einer präzisen und nüchternen visuellen Bestandsaufnahme hat der Fotograf Hans Grunert eine Archäologie von Günter Grass’ Arbeits-Alltag betrieben. Entstanden sind dabei Einblicke in eine Wunderkammer der kleinen Dinge, aus und mit denen Grass große Kunst machte. Dazu gehören Objekte, die er als Zeichenvorlage nutzte: eine Kochmütze, ein Schneckenhaus, Schere und Nägel, Versteinerungen und getrocknete Frösche, Pilze und Vogelfedern. Dazu gehören auch die vielen Werkzeuge, zum Schreiben und Radieren, zum Aquarellieren und Drucken, zum Töpfern. Dazwischen findet sich Alltägliches: eine Arbeitsjacke, Brillen, Feuerzeuge, ein alter Personalausweis und – wie sollte es anders sein – Tabak, Streichhölzer und Pfeife. Hans Grunerts Bilder entdecken diese Dinge neu, wie die Hinterlassenschaften einer fremden, faszinierenden Kultur.