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Warum sollte ich jemand anderes sein wollen? Erfahrungen eines Behinderten Neuausgabe / Erstausgabe 1992 im Verlag Jakob van Hoddis
Warum sollte ich jemand anderes sein wollen?
Erfahrungen eines Behinderten


Neuausgabe / Erstausgabe 1992 im Verlag Jakob van Hoddis

Fredi Saal

Paranus Verlag
EAN: 9783926200853 (ISBN: 3-926200-85-5)
237 Seiten, kartoniert, 15 x 21cm, 2002

EUR 14,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Fredi Saal, Jahrgang 1935, hat uns mit diesem Buch seine Lebensgeschichte geschenkt: Als Kind in eine Anstalt für geistig Behinderte gesteckt und als nicht bildungsfähig eingestuft, fand er schließlich als Schriftsteller überzeugende Antworten auf schwierige ethische Fragen.

Die Lektüre seiner Geschichte ist atemberaubend. Zugleich ist sie ein Sittengemälde der Nachkriegsjahrzehnte in der Bundesrepublik: Wie er unter unendlichen Mühen zwischen ebenso vielen behindernden wie hilfreichen Menschen seinen Weg zu sich selbst und seinen Standort in dieser Gesellschaft findet. Im Kampf gegen das Mitleid mit Behinderten hält er den Nichtbehinderten ebenso schonungslos wie liebevoll den Spiegel vor. So wurde er zum Vorkämpfer und Sprachrohr für das Selbstbestimmungsrecht Behinderter.
Rezension
Dieses Buch stellt die anrührende Lebensgeschichte, die Autobiographie eines behinderten Menschen, eines Spastikers, dar. 1935 geboren, hat der Autor Fredi Saal die Kindheit im Nationalsozialismus erlebt und wurde mit der Fehldiagnose „geistig behindert“ als nicht bildungsfähig eingestuft und hätte auch der sog. „Eu“thanasie, dem systematischen Tötungsprogramm der Faschisten an Behinderten zum Opfer fallen können. In der Nachkriegszeit kämpft Fredi Saal für die gesellschaftliche Akzeptanz der Behinderten und fragt (gegen Christa Meves) offen an, ob Behinderte wirklich bedauernswert sind. – Ein bedeutsames Buch, das im Kontext des Themas „Behinderung und Gesellschaft“ auch im Religions- und Ethik-Unterricht unbedingt wahrgenommen werden sollte.

Thomas Bernhard für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Fredi Saal, Jahrgang 1935, hat uns mit diesem Buch seine Lebensgeschichte geschenkt: Als Kind in eine Anstalt für geistig Behinderte gesteckt, als nicht bildungsfähig eingestuft, fand er schließlich als Schriftsteller für schwierige ethische Fragen die richtigen Antworten.
Die Lektüre seiner Geschichte ist atemberaubend – zugleich ein Sittengemälde der Nachkriegsjahrzehnte in der Bundesrepublik: Wie er unter unendlichen Mühen zwischen ebenso vielen behindernden wie hilfreichen Menschen seinen Weg zu sich selbst und seinen Standort in dieser Gesellschaft findet. Im Kampf gegen das Mitleid mit Behinderten hält er den Nichtbehinderten ebenso schonungslos wie liebevoll den Spiegel vor. So wurde er zum Vorkämpfer und Sprachrohr für das Selbstbestimmungsrecht Behinderter.
Dies ist keine Pflicht-, sondern eine Lustlektüre – eben ein Geschenk – für alle, die darum kämpfen, mit ihrer körperlichen, psychichen oder geistigen Behinderung als gleichberechtigte Bürger anerkannt zu werden, für ihre Angehörigen, und für alle Professionellen, die von ihnen leben und als Gegenleistung bereit sind zu lernen, sie nicht ändern zu wollen, sondern sie auf ihrem Weg zu begleiten.

Jetzt erscheint dieses wichtige Buch als Neuauflage in der Edition Jakob van Hoddis.

Leseprobe:

Brief an einen Unbekannten
„Alles Erdenkliche hätte ich sein können – vielleicht sogar einer jener Menschen, die ich manchmal wegen ihres Studiums beneide –, wenn ich ohne Körperbehinderung zu meinem Lebenslauf angetreten wäre, nur eines nicht: Ich selbst! Dieser bestimmte Mensch mit meinem Namen ist gar nicht anders zu denken als mit einer spastischen Lähmung, die seine Geh-, Greif- und Sprechfähigkeit einschränkt.
Mir liegt so viel daran, mit Unbehinderten wie Ihnen ins Gespräch zu kommen! – So gern würde ich Ihnen vermitteln: Viele von uns Behinderten empfinden sich in Ihrer Situation nicht weniger normal als die Unbehinderten in der ihrigen.
Verstehen Sie, ich möchte Ihnen gern den Alpdruck ersparen, als welcher der Anblick von Behinderten oft auf Ihnen lastet. Ob es Ihnen hilft, wenn ich Ihnen einfach mal aus meinem Leben erzähle? Es ist das Leben eines normalen Menschen mit einer spastischen Lähmung.“


Der Autor:

Fredi Saal wird 1935 in Hannover mit einer schweren spastischen Lähmung geboren. Amtsärztliche Gutachten im siebten und im vierzehnten Lebensjahr stufen ihn als nicht bildungsfähig ein. Auf Einspruch der Mutter kommt er zu einem Beobachtungsaufenthalt in die Psychiatrie, von dort für insgesamt elf Jahre in verschiedene Heime, davon sieben Jahre in eine geschlossene Einrichtung für geistig Behinderte mit angegliederter Hilfsschule. Mit achtzehn Jahren kann Fredi Saal die Anstalt verlassen und bildet sich an Volkshochschulen weiter.
Vierzehn Jahre lang ist er Aufzugsführer in einer Schokoladenfabrik, danach bezieht er eine Erwerbslosenrente. Seit 1974 mit der Lehrerin Helene Saal verheiratet, lebt er heute in Mülheim an der Ruhr. Ab 1960 Vorträge und Veröffentlichungen zu Behindertenfragen.


Reaktion:

„Die Geschichte des 1935 in Hannover geborenen Spastikers und Autors vieler Beiträge ist gleich mehrfach lesenswert. Sie ist nicht nur gut und spannend geschrieben, sie wirft auch theologische, philosophische und psychologische Grundsatzfragen auf. Und das ist gut so,
Sicher, Fredi Saal hat viel Glück in seinem Leben gehabt, und seine Geschichte ist eine ganz individuelle, aber das schmälert Anspruch und Anstoß des Buches in keiner Weise. Es sollte zur Pflichtlektüre in der Behindertenarbeit werden.“
Jens Riedel in „Der Eppendorfer“

Inhaltsverzeichnis
Vorwort (Klaus Dörner) 5
Brief an einen Unbekannten (Einleitung) 7
1. Der Anfang (1935) 9
2. Eben-Ezer und anderswo - die heimatlose Kinderheimat 14
(1943-1950)
3. Ribbesbüttel (1950-1952) 38
4. Erster Versuch, eine Kinderheimat wiederzufinden (ca. 1965) 46
5. Zweiter Versuch, eine Kinderheimat wiederzufinden (ca. 1974) 51
6. Im Lehrlingsheim (1953) 54
7. Nicht mehr im Heim (ab 1953) 56
8. An der Volkshochschule 58
9. Erste Schreibversuche (1955) 61
10. Onkel Helmut (ca. 1956) 62
11. Auf der Suche nach Erwerbsarbeit (ab 1957) 66
12. In der Schweiz (1957) 68
13. Der Freundschaftskreis (1958) 72
14. Mutter Übel (1958) 82
15. Was ist Behinderung? Nachträgliche Reflexion (ca. 1974) 84
16. Im Freunschaftsheim Bückeburg (1958) 94
17. Aglaja(1958) 98
18. Wie erlebt sich der Behinderte? 105
19. Immer noch auf der Suche nach bezahlter Arbeit (1959-1960) 115
20. Judica(1958) 127
21. Sprengel (1960-1974) 132
22. Lebensbewältigungsversuche (ab 1960) 142
23. Wohn- und Lebensgemeinschaften (1961 u. 1978) 149
24. Das Spiel als Lebenselement 158
25. Behinderung als "Schwarzer Peter" (ca. 1980) 164
26. Unsicherheiten (1965) 169
27. Greta oder das große Erschrecken (1969) 173
28. Behinderte Freundinnen (seit 1950) 181
29. Weitere Reflexionen 185
30. Der Schonraum (1972/73) 194
31. "Flirtet er schon wieder?" - Ein Klinik-Tagebuch (1972/73) 202
32. Die Zeit danach (ab 1973) 222
33. Einige Gedanken zum Schluß 231