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Vergessen Stalins Gulag in Putins Russland
Vergessen
Stalins Gulag in Putins Russland




Masha Gessen, Misha Friedman

Deutscher Taschenbuch Verlag
EAN: 9783423281720 (ISBN: 3-423-28172-3)
160 Seiten, hardcover, 20 x 26cm, Februar, 2019

EUR 25,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Eine Reise zu den Orten des Schreckens und den letzten Überlebenden



In Kolyma, im Osten Sibiriens, leben Menschen, die die Geschichte vergessen zu haben scheint. Unter Stalin als Zwangsarbeiter in die Uranminen deportiert, konnten sie sich die Heimreise nach der Freilassung nicht leisten und leben bis heute neben den verfallenen Ruinen des Massenmords.

Die preisgekrönte Journalistin Masha Gessen und der Fotograf Misha Friedman sind auf der Suche nach den Spuren des Gulag durch Russland gereist. Sie haben die letzten Überlebenden und Angehörige der Opfer in Kolyma getroffen, haben in der Strafkolonie Perm aufgespürt, was heute noch vom System der Unterdrückung zu finden ist, und waren in den Todeswäldern Kareliens.

Mit den Mitteln des genau beobachtenden Journalismus und der Schwarzweißfotografie halten Gessen und Friedman fest, was im heutigen Russland, dem Putin ein Bild von Macht und Herrlichkeit verordnet hat, keinen Platz.

"Vergessen" ist ein Mahnmal der Erinnerung an den Archipel Gulag.



"Eine Ausleuchtung der dunklen Welt des sowjetischen Gulag."

Adam Hochschild, The New York Times



Masha Gessen ist Trägerin des National Book Award sowie des Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung.
Rezension
Auf den ersten Blick wirkt die Umschlaggestaltung trist - sie soll es wohl auch sein. Das Thema des Buches lautet "Vergessen". Dabei ist es bei genauer Betrachtung ein Buch gegen das Vergessen - ein wichtiger Beitrag zu einem selten angesprochenen, düsteren Thema in der Ära sowjetischer Macht unter Stalin.
Gessen als Autorin und auch der sie begleitende Fotograf Friedman sind gebürtige Sowjetbürger. Ihr Lebensweg führte sie ins Ausland und heute leben beide mit ihren Familien in New York. Insofern also eine Rückkehr in die alte Heimat.

Die Autorin erklärt dem Leser zunächst das System der Straflager, die in der Ära des sowjetischen Diktators Stalin Hochkonjunktur hatten. Menschen verschwinden spurlos, immer wieder erhalten die Angehörigen Todesmitteilungen sowjetischer Behörden, die viele Fragen offen lassen. Fragen, die die Angehörigen nicht stellen konnten, wollten sie selbst nicht in Gefahr geraten.
Nach dem Tode Stalins, in der Phase des "Tauwetters", gerieten einige Informationen an Tageslicht. Längst aber nicht alle und so blieben viele Angehörige nach wie vor im Unklaren über das Schicksal ihrer Verwandten. Der innensowjetische Umgang mit den Lagern, die Aufarbeitung der Verbrechen erlebte Phasen der Erhellung, bevor sie wieder im Nichts verschwanden. Eine konsequente Aufarbeitung und Klärung in der Öffentlichkeit erfolgte zu keiner Zeit. Es passte vielen Machthabern der Sowjetunion und des heutigen Russland wohl nicht in das Bild einer Weltmacht.
Gessen und Friedman begeben sich auf die Suche nach den Überresten und treffen dabei auch eine der letzten Überlebenden. Sie entdecken und dokumentieren ihre Erkenntnisse. Ein wichtiger Beitrag, denn nicht mehr all zu lange wird es möglich sein, mit Menschen zu sprechen, die erlebt haben, was in den Lagern passierte. Menschen, die heute Abstand gewonnen haben - ebenfalls eine bedrückend Erkenntnis!

Es ist eine beschwerliche und Lange Reise, von den Wäldern Kareliens im Westen bis in den fernen Osten Russlands. Der sachliche, gut zu lesende Text wird hierbei gekonnt ergänzt durch die eindrucksvollen Bilder des Fotografen. Oftmals triste Bilder in schwarzweiß. Sie passen jedoch perfekt zu den eher schwermütigen Erkenntnissen der Recherchen.
Ein informatives und bedrückendes Buch zugleich, das Gessen und Friedman verfasst haben. Zu einem ungewöhnlichen Thema, das nicht im Blickfeld einer Öffentlichkeit steht. Um so wichtiger ist es zu Erinnern - gegen das Vergessen!

Dietmar Langusch, Lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Reisen zu den Orten des Schreckens
Der sowjetische Gulag war eine der größten Tötungsmaschinen in einem Jahrhundert der Tötungsmaschinen. Niemand war sicher. Masha Gessen und Misha Friedman sind quer durch Russland gereist, zu den Orten des Schreckens, haben mit Menschen gesprochen und Schicksale rekonstruiert. Bewusst geworden ist ihnen dabei vor allem eines: Der Terror des Gulag ist nicht etwa vergessen. Man hat sich nie richtig an ihn erinnert.

Masha Gessen wurde 1967 in Moskau geboren und emigrierte Anfang der 1980er-Jahre mit ihren Eltern in die USA. Nach dem Ende der Sowjetunion kehrte sie nach Russland zurück und berichtete als Journalistin aus Moskau. Gessen gilt als eine der eloquentesten Stimmen der Opposition gegen Wladimir Putin, ihre Putin-Biografie »Der Mann ohne Gesicht« (2012) war ein internationaler Bestseller. Für ihr Russland-Buch »Die Zukunft ist Geschichte« (2018) bekam sie den National Book Award 2017 verliehen sowie den Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung 2019. Sie lebt mit ihrer Frau und zwei Kindern in New York City und schreibt für The New Yorker und The New York Times.
Inhaltsverzeichnis
PROLOG
Die Suche nach Wallenberg 8

SANDARMOCH. TEIL 1
Die Toten im Wald 40
Die letzte Tochter 53

PERM-36. Teil 2
Das letzte Lager 92
Sergei Kowaljow 96
Gedächtnisarbeit 101

KOLYMA. Teil 3
Butugytschag 138
Inna Gribanowa 143
Unsichtbares Gedächtnis 147

EPILOG
Der Skulpturenpark 152
ANHANG
Weiterführende Literatur 156
Anmerkungen 158
Bildverzeichnis 159
Vitae 160