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Tierwohl und Tierethik Empirische und moralphilosophische Perspektiven
Tierwohl und Tierethik
Empirische und moralphilosophische Perspektiven




Daniel Wawrzyniak

Transcript
EAN: 9783837645606 (ISBN: 3-8376-4560-6)
400 Seiten, paperback, 15 x 23cm, August, 2019

EUR 39,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Was bedeutet es, dass es einem Tier gut geht? Empirische Untersuchungen aus Agrarwissenschaft und Veterinärmedizin können diese Frage nur unzureichend beantworten, auch die philosophische Literatur zur Tierethik hat sich bislang kaum mit dem Begriff Tierwohl und der empirischen Forschung dazu auseinandergesetzt.

Anhand einer philosophischen Analyse des Tierwohlbegriffs verbindet Daniel Wawrzyniak Moralphilosophie und Empirie und eröffnet dadurch ein grundlegendes Verständnis dessen, was das Wohl eines Tiers beinhaltet, welche Verantwortung Menschen hinsichtlich dieses Wohls besitzen und welche Konsequenzen sich daraus für das Halten und Nutzen von Tieren für menschliche Zwecke ergeben.

Daniel Wawrzyniak, geb. 1982, studierte Philosophie und Englisch in Göttingen und promovierte im Rahmen des niedersächsischen interdisziplinären Programms »Animal Welfare in Intensive Livestock Production Systems«. Seine Forschungsschwerpunkte sind der moralische Status von Tieren und die Gültigkeit intuitionsgestützter Moralurteile.
Rezension
Mit der längst etablierten Reihe "Human-Animal Studies" rückt der Bielefelder transcript-Verlag erfreulich über den mainstream hinausweisend ein Problemfeld in den Blickpunkt, das gesamt gesellschaftlich leider noch immer unterbelichtet erscheint: die Tierethik. Die hier anzuzeigende Studie fragt danach, was das Wohl eines Tiers beinhaltet, welche Verantwortung Menschen hinsichtlich dieses Wohls besitzen und welche Konsequenzen sich daraus für das Halten und Nutzen von Tieren für menschliche Zwecke ergeben. Menschen beeinflussen mit ihren Handlungen das Leben von Tieren auf vielfältige Weise. Im Verlauf der vergangenen Jahrhunderte haben sich dabei die ethischen Einstellungen zu den Tieren, die von menschlichen Handlungen betroffen sind, immer wieder verändert. So dominierte lange das Gebot, sich gegenüber Tieren lediglich absichtlicher Grausamkeit zu enthalten. Spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts rückt mit dem »Tierwohl« ein neues Schlagwort ins Zentrum der Diskussion darüber, wie Menschen mit Tieren umgehen dürfen. Hierbei handelt es sich um ein biologische Kriterien einbindendes normatives Konzept, das die Lebensqualität von Tieren beschreibt. Dieser Begriff wurde insbesondere im Kontext solcher Praktiken eingeführt, in denen Menschen nicht rein zufällig in das Leben von Tieren eingreifen sondern, in denen Menschen Tiere gezielt zur Verfolgung bestimmter Zwecken halten und nutzen. Dies betrifft vor allem Tierversuche sowie die landwirtschaftliche Nutztierhaltung. Bis heute dominiert die gesellschaftliche Vorstellung, dass es moralisch legitim sei, Tiere diesen Praktiken zu unterziehen, Menschen jedoch verpflichtet seien, auf das Wohl der betroffenen Tiere zu achten. Die breite gesellschaftliche Sensibilisierung gegenüber der Lebenssituation von Tiere ist noch immer ein Desiderat: Was alles gehört zum Tierwohl dazu? Wie viel Wohl schulden wir Tieren allgemein und insbesondere denen, die wir halten und nutzen wollen? Lässt sich unter der Gewährleistung ausreichenden Wohls jeder Umgang mit Tieren automatisch rechtfertigen? Und wie viel moralisches Gewicht hat das Tierwohl gegenüber menschlichen Belangen?

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Danksagung | 9

Einleitung | 11

Tierwohl und Nutztierhaltung | 11
Praxisnahe Ansätze zum Tierwohl (I. Hauptteil) | 14
Philosophische Ansätze zum Tierwohl (II. Hauptteil) | 15
Vereinbarkeit von (anspruchsvollem) Tierwohlverständnis und Nutztierhaltung (III. Hauptteil) | 17
Was ist neu an dieser Untersuchung? | 19

I. DAS TIERWOHLVERSTÄNDNIS PRAXISNAHER NICHT-PHILOSOPHISCHER ANSÄTZE

1. Bezug der Philosophie zur Tierwohlthematik | 23
1.1. Ziel des ersten Hauptteils | 23
1.2. Subjektives und objektives Wohl: eine erste Begriffsannäherung | 27
1.3. Rolle und Bedeutsamkeit moralischer Intuitionen | 32

2. Der Brambell Report | 39
2.1. Hintergrund und Bedeutung des Brambell Reports | 39
2.2. Ziel und Funktion des Brambell Reports | 40
2.3. Tierwohlverständnis bei Brambell | 40
2.4. Die Rolle der Philosophie | 45
2.5. Umsetzbarkeit/Pragmatismus | 46
2.6. Mensch-Tier-Beziehungen im Brambell Report | 47
2.7. Lücken und Brüche innerhalb des Ansatzes | 48

3. FAWC | 53
3.1. Hintergrund und Funktion des FAWC | 53
3.2. Tierwohlverständnis | 54
3.3. Gegenläufige Intuitionen bei FAWC | 61
3.4. Grundsätzliche Bejahung von Tötung und Gefangenhaltung | 62
3.5. Die Rolle der Philosophie | 63
3.6. Pragmatismus bei FAWC | 66
3.7. Mensch-Tier-Beziehungen bei FAWC | 68
3.8. Lücken im Ansatz | 68

4. UFAW | 71
4.1. Hintergrund und Funktion des UFAW | 71
4.2. Grundsätzliches Tierwohlverständnis | 72
4.3. Anpassungsfähigkeit als Wohlfaktor | 76
4.4. »Five Freedoms« und menschliche Verantwortung | 78
4.5. Fixierung auf subjektive mentale Zustände | 79
4.6. Tierwohl zwischen Anspruch und Anpassungsfähigkeit | 81
4.7. Zweifel bei UFAW an der Relevanz von Anpassungsfähigkeit | 83
4.8. Abkehr vom Fokus auf negative Empfindungen | 86

5. Welfare Quality® Project | 91
5.1. Entmoralisierung des Tierwohlbegriffs | 91
5.2. Verkürztes Tierwohlverständnis | 93
5.3. Mangelndes Bewusstsein der eigenen Kompromisshaltung | 96
5.4. Verbraucherorientierung statt Theoriefundierung | 97
5.5. Abschlusskritik | 99

6. Zwischenfazit des I. Hauptteils | 101
6.1. Wichtige Gemeinsamkeiten der hier behandelten Ansätze | 101
6.2. Weiteres Vorgehen | 109

II. DER WOHL-BEGRIFF AUS PHILOSOPHISCHER PERSPEKTIVE

1. Der subjektivistische Wohlbegriff | 113
1.1. Ziel des zweiten Hauptteils | 113
1.2. Konzeption des subjektivistischen Wohlbegriffs | 115
1.3. Attraktivität des subjektivistischen Wohlbegriffs | 117
1.4. Konsequenzen eines subjektivistischen Wohlverständnisses | 123
1.5. Einwände gegen den Subjektivismus | 127
1.6. Abschlusskritik am Subjektivismus | 141

2. Der objektivistische Wohlbegriff | 143
2.1. Grundintuitionen des Objektivismus | 144
2.2. Attraktivität des Objektivismus | 152
2.3. Fundierung objektiver Werte | 156
2.4. Probleme des Objektivismus | 163
2.5. Abschlusskritik am Objektivismus | 171

3. Für einen hybriden Wohlansatz | 173
3.1. Verbindung von Weltzuständen und Geisteszuständen | 173
3.2. Hybrid auf subjektivistischer Basis | 177
3.3. Annäherung an die inhaltliche Bestimmung des Wohls | 185
3.4. Resultierender Wohlansatz für diese Untersuchung | 190

4. Übertragbarkeit zentraler Intuitionen | 193
4.1. Inkonsistente Trennung von Menschen- und Tierwohl in praxisnahen Ansätzen | 194
4.2. Parallelen und Unterschiede zwischen der Lebensverfasstheit von Menschen und Tieren | 195
4.3. Argumentversuche für eine ethische Mensch-Tier-Trennung | 204
4.4. Für eine Ausbildung stärkerer Mensch-Tier-Intuitionen | 219

III. ANWENDUNG EINES ANSPRUCHSVOLLEN TIERWOHLBEGRIFFS AUF DIE NUTZTIERHALTUNG

1. Konfliktpunkte zwischen Tierwohl und Nutztierhaltung | 223
1.1. Ziel des dritten Hauptteils | 223
1.2. Tierhaltung und das Zufügen bzw. Zulassen von Leid | 224
1.3. Leid durch körperliche Eingriffe | 227
1.4. Leid durch Gefangenhaltung | 229
1.5. Leid durch Tötung | 232
1.6. Fazit des Kapitels | 235

2. Töten ohne Leid | 237
2.1. Ist leidfreie Tötung ein wohlneutraler Akt? | 237
2.2. Tötung als Verstoß gegen Fürsorge | 238
2.3. Tötung als Frustration von Lebensplänen | 241
2.4. Tötung als Beraubung positiver künftiger Eindrücke | 245
2.5. Die Irrelevanz abstrakter Konzepte | 248
2.6. Das Argument natürlicher Lebenserwartung | 250
2.7. Kann Schlachten das Tierwohl (indirekt) begünstigen? | 253
2.8. Ethische Probleme des Tötens unabhängig von Wohl | 259
2.9. Fazit zur Vereinbarkeit von Tötung und Tierwohl | 260

3. Körperliche Eingriffe ohne Leid | 263
3.1. Ist leidfreies körperliches Anpassen ein wohlneutraler Akt? | 263
3.2. Eingriffe an bereits existierenden Tieren | 265
3.3. Eingriffe an zukünftigen Tieren | 271
3.4. Fazit zur Vereinbarkeit von Tierwohl und körperlichen Eingriffen | 295

4. Ein Recht auf Tierwohleinschränkung? | 297
4.1. Legitimierung durch Grenzen menschlicher Verantwortung | 298
4.2. Legitimierung durch Vorrang menschlicher Interessen | 303
4.3. Legitimierung durch einen Mensch-Tier-Vertrag | 305
4.4. Was schulden wir Tieren an Wohl? | 315
4.5. Fazit dieses Kapitels | 326

5. Grenzen des Tierwohlkonzepts | 329
5.1. Begrenztheit des Tierwohlkonzepts anhand des Problems des Animal Disenhancement | 330
5.2. Philosophische Stützungsversuche der intuitiven Ablehnung gegenüber Bewusstseinsminderung | 333
5.3. Die vernachlässigte Rolle von Handlungsmotiven und moralischem Charakter | 352
5.4. Moralisches Selbstverständnis und die Rolle des Tierwohlkonzepts | 360
5.5. Fazit dieses Kapitels | 368

6. Gesamtfazit und Ausblick | 371
6.1. Rückschau auf den I. Hauptteil | 371
6.2. Rückschau auf den II. Hauptteil | 372
6.3. Rückschau auf den III. Hauptteil | 374
6.4. Abschlussurteil zur Frage des Tierwohls und der Rolle menschlicher Verantwortung | 378
6.5. Überlegungen für die Zukunft der Tierwohlwissenschaft | 379

Literaturverzeichnis | 385