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Tierethik transdisziplinär Literatur - Kultur - Didaktik
Tierethik transdisziplinär
Literatur - Kultur - Didaktik




Bjoern Hayer, Klarissa Schroeder (Hrsg.)

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EAN: 9783837642599 (ISBN: 3-8376-4259-3)
428 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, Januar, 2019

EUR 39,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Nur selten zuvor war es um Mensch-Tier-Verhältnisse derart schlecht bestellt wie in der Spätmoderne. Insbesondere die Potenzierung des Leidens durch die industrialisierte Landwirtschaft wirft zentrale Fragen der Tierethik auf – einem philosophischen Diskursfeld, das innerhalb der Human-Animal Studies von zentraler Bedeutung ist. Die in ihm miteinander im Wettstreit befindlichen Theorien strahlen zum einen direkt in die Gesellschaft aus, zum anderen begünstigen sie die Entwicklung neuer Sichtweisen auf Gegenstände der Kultur- und Literaturgeschichte.

Dieser Grundlagenband versammelt Beiträge, welche das interdisziplinäre Forschungsfeld wissenschaftlich und didaktisch ausloten.
Rezension
Darf man Tiere essen? Besitzen Tiere Personenstatus? Sind Fische leidensfähig? Kann man eine Ungleichbehandlung von Menschen und Tiere mit dem Verweis auf besondere menschliche Fähigkeiten begründen? Ist in tierethischen Debatten der Anthropozentrismus gegenüber dem Sentientismus, Biozentrismus oder Holismus mittlerweile überholt? Kommt Tieren genauso wie Menschen eine, auch rechtlich zu verankernde, Würde zu?
Diese Fragen aus öffentlichen Debatten und philosophischen Diskursen zeigen deutlich, Tierethik ist zurzeit en vogue. Diese Teildisziplin der Angewandten Ethik, die sich mit dem verantwortungsvollen Umgang von Menschen mit Tieren bzw. nicht-menschlichen Tieren, befasst, beleuchtet die Mensch-Tier-Beziehungen aus ethischer Perspektive. Human-Animal Studies sind in den letzten Jahren verstärkt auch Gegenstand der Literaturwissenschaft, Sprachwissenschaft, Medienwissenschaft und Kunstgeschichte. Man denke nur an die Darstellung des Wolfs in der Literatur, an Gotthold Ephraim Lessings Tierfabeln, Uwe Timms Kinderroman „Rennschwein Rudi Rüssel“ oder Clemens J. Setz` Roman „Indigo“.
Daher greift der Sammelband „Tierethik transdisziplinär. Literatur – Kultur – Didaktik“ einen aktuellen Trend in den Kulturwissenschaften auf. Das von den Germanisten Björn Hoyer und Klarissa Schröder herausgegebene Buch weist mit seinen vier Großkapiteln eine klare Gliederung auf, wobei der Schwerpunkt auf den tierethischen Perspektiven in der Literaturwissenschaft und den Möglichkeiten einer „tiersensiblen“ Deutschdidaktik liegt. Die unterrichtlichen Auseinandersetzung mit literarischen Texten über Tiere im Fach Deutsch wird als Chance gesehen, Schülerinnen und Schüler durch Perspektivenwechsel und Empathieförderung für tierethische Fragen zu sensibilisieren. Gerade die literaturwissenschaftlichen und didaktischen Beiträge des Buches geben Deutschlehrkräfte zahlreiche gute Anregungen für einen tierethische Aspekte würdigenden Unterricht.
Davon können auch Ethiklehrkräfte in ihrem Unterricht profitieren, stehen doch am Beginn eines ethischen Urteilsbildungsprozesses die Kompetenzen "Wahrnehmen und sich hineinversetzen", auf denen die Kompetenzen "Analysieren und interpretieren", "Argumentieren und reflektieren" sowie "Urteilen und (sich) entscheiden" aufbauen, folgt man dem baden-württembergischen Bildungsplan 2016 für das Fach Ethik. Orientierungswissen zum ethisch-moralischen Argumentieren und Urteilen in tierethischen Fragen erhält man in kompakter Form durch die drei Aufsätze zu „Tierethik und Philosophie“, von denen sich der Text des ausgewiesenen Philosophieprofessors Dieter Birnbacher auch als sehr gute Einführung in die Tierethik eignet. Philosophiedidaktische Beiträge zur Tierethik fehlen in dem Sammelband allerdings. Ebenso vermisst man in einem Werk, das einen transdisziplinären Anspruch erhebt, Abhandlungen von Biologinnen und Biologen zu tierethischen Fragen.
Fazit: Der Sammelband „Tierethik transdisziplinär“ liefert mit seinen produktiven Beiträgen einen guten Überblick über die „Human-Animal Studies“ innerhalb der Kulturwissenschaften. Das Buch lädt außerdem Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Ethik und Deutsch dazu ein, sich in ihrem Unterricht mit tierethischen Perspektiven und Argumentationen auseinanderzusetzen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Nur selten zuvor war es um Mensch-Tier-Verhältnisse derart schlecht bestellt wie in der Spätmoderne. Insbesondere die Potenzierung des Leidens durch die industrialisierte Landwirtschaft wirft zentrale Fragen der Tierethik auf – einem philosophischen Diskursfeld, das innerhalb der Human-Animal Studies von zentraler Bedeutung ist. Die in ihm miteinander im Wettstreit befindlichen Theorien strahlen zum einen direkt in die Gesellschaft aus, zum anderen begünstigen sie die Entwicklung neuer Sichtweisen auf Gegenstände der Kultur- und Literaturgeschichte.

Dieser Grundlagenband versammelt Beiträge, welche das interdisziplinäre Forschungsfeld wissenschaftlich und didaktisch ausloten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort | 9

Björn Hayer und Klarissa Schröder


TIERETHIK UND PHILOSOPHIE

Alte Fragen – neue Antworten
Die Kontinuität der Tierethik von den Anfängen bis zur Gegenwart
Dieter Birnbacher | 25

Der Paratext in Immanuel Kants Metaphysik der Sitten und seine (tier-)ethischen Implikationen
Samuel Camenzind | 43

Tom Regans Philosophie für Tierrechte
Subjekte des Lebens im Kontext von intrinsischen und inhärenten Wertdiskursen
Erwin Lengauer | 61


TIERETHIK UND KULTURWISSENSCHAFT

Agens oder Patiens
Die semantischen Rollen von Wolf und Hund in der Kulturwissenschaft
Dagmar Burkhart | 79

»¿On és la misericòrdia dels animals?«
Zur Ethik des Tierverzehrs im Spanien des 16. Jahrhunderts
Teresa Hiergeist | 101

Rosa Hase: Bildende Kunst und tiersensible Didaktik
Ana Dimke | 119

»Ahhhhh… – I lost my appetite«
Zu Isabella Rossellinis Green Porno
Denise Dumschat-Rehfeldt | 133

Jägerinnen unter Jägern
Rekonstruktion männlicher Herrschaft im Feld Jagd
Ulrike Schmid | 151

»Irrtum und Heuchelei der Pflanzenesser«
Zur Wahl sprachlicher Mittel in tierrechtsthematischen Beiträgen
Daniel Gutzmann und Katharina Turgay | 169

»Tiere sind die besseren Menschen«
Moralisierungen im Web 2.0 aus tierlinguistischer Perspektive
Pamela Steen | 191


TIERETHIK UND LITERATURWISSENSCHAFT

Die Schwierigkeit der Wirklichkeit
Cora Diamond über verschiedene Formen moralischen Denkens
Friederike Schmitz | 213

Can the Animal Speak?
Sprechende ›Tiere‹ in literarischen Texten
Andrea Klatt | 231

(Re-)Präsentation und Narration
Der Löwe in Hans Blumenbergs Poetik der Erinnerung
Kevin Drews | 247

Tierversuche und Versuchstiere in Clemens J. Setz’ Indigo (2012)
Jonas Meurer | 269

Gegen den Strich gelesen
Gotthold Ephraim Lessings Fabeln aus Sicht der Literary Animal Studies
Björn Hayer | 281

TIERETHIK UND DIDAKTIK

Literary Animal Studies: Ethische Dimensionen des Literaturunterrichts
Gabriela Kompatscher | 295

Zur Relevanz des Themas »Tierethik« im kompetenzorientierten Deutschunterricht
Eine Betrachtung aus curricularer Perspektive
Eva Pertzel | 311

Die Entwicklung eines tiersensiblen Lehrplans für den Literaturunterricht im Rahmen der Auslandsgermanistik
Eine Fallstudie aus Indien
Anu Pande | 331

Skizze einer Tierdidaktik mit anschließendem Unterrichtsentwurf
Julia Stetter | 347

Der Film Bärenbrüder als Praxisumsetzung einer tiersensiblen Lektüre im Deutschunterricht der 5. Klassenstufe
Janine Eichler | 359

»Komm Rudi… Jetzt gehen wir schön in die Wohnung, erst duschen, dann Zähneputzen und dann ins Bett.«
Tierethische Perspektiven auf Uwe Timms Kinderromane in schulischen Lehr- und Lernkontexten
Torsten Mergen | 373

Tierethische und literaturdidaktische Potenziale in Paul Maars Wiedersehen mit Herrn Bello
Andreas Wicke | 391

Die Letzten ihrer Art
Ausgestorbene Tiere erzählen vom Artensterben
Berbeli Wanning und Anke Kramer | 403

Autor_innenverzeichnis | 419

Danksagung | 425