|
Postdigital
Medienkritik im 21. Jahrhundert
Peter Schmitt
Meiner Hamburg
EAN: 9783787339488 (ISBN: 3-7873-3948-5)
175 Seiten, kartoniert, 13 x 21cm, Februar, 2021
EUR 16,80 alle Angaben ohne Gewähr
|
|
Umschlagtext
Die völlige Computerisierung der Lebenswelt entwickelt eine geradezu mahlstromartige Dynamik. Massenhaft sind die Köpfe über die Bildschirme gesenkt und starren auf vereinheitlichten Geräten auf die überall gleichen Apps. Von informationeller Autonomie kann keine Rede sein, dafür umso mehr von der »Fear of missing out«.
Die Gewalt dieses Umbruchs ist philosophisch noch kaum begriffen. Peter Schmitt geht es jedoch weder um eine Verteufelung der uns umgebenden Technik noch um eine ängstliche Schutzhaltung. Sein Buch zielt auf ein angemessenes Verständnis des Digitalen und ein damit zusammenhängendes neues, „postdigitales“ Selbstverständnis der Anwender. Der Autor plädiert für eine zeitgemäße Medienkritik, die den Blick für die Unwahrscheinlichkeit der Situation schärft, in die unsere Gesellschaft sich hineinmanövriert hat.
„Mit ‚Postdigital‘ liegt eine erstaunliche und zukunftsweisende Analyse unserer Mediengesellschaft vor. […] Nach dieser anregenden Lektüre sieht man sein Smartphone mit anderen Augen.“
Konrad Paul Liessmann
Rezension
Big Data, Computerisierung, Mathematisierung, Metrifizierung, Transparenz, Gamifizierung oder Memifizierung sind u.a. Stichworte, die mit dem digitalen Zeitalter in Verbindung gebracht werden. Schon 1944 charakterisierten Max Horkheimer und Theodor W. Adorno in dem berühmten „Kulturindustrie“-Kapitel ihres Buches „Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente“ die durch Medien und Medienorganisationen produzierte Entindividualisierung von Menschen. Diese seien nur noch „Verkehrsknotenpunkte der Tendenzen des Allgemeinen“, schreiben die Vertreter der älteren Kritischen Theorie. Der Schriftsteller und Philosoph Günther Anders deckte in seinen Bänden „Die Antiquiertheit des Menschen“(1956/1980) dessen „Dehumanisierung“ durch die Technik auf.
Mit der Aktualität dieser beiden Denker hat sich Peter Schmitt (*1977) in seiner philosophischen Dissertation „Medienkritik zwischen Anthropologie und Gesellschaftstheorie“(2020) auseinandergesetzt. Basierend auf seinen Erkenntnissen erschien von dem Musiker 2021 im Felix Meiner Verlag sein Essay „Postdigital. Medienkritik im 21. Jahrhundert“. Medienkritik begreift Schmitt als Themenfeld, das zwischen Medientheorie, Anthropologie, Gesellschaftstheorie und Emotionsanalyse zu verorten ist. Mit seinem Buch verfolgt er die Intention, zentrale Aspekte einer „postdigitalen Medienkritik“ zu beleuchten. Zurecht identifiziert Schmitt als Aufgabe einer solchen die Verteidigung der Autonomie des Menschen. Er plädiert in seinen gesellschaftskritischen Analysen der digitalen Welt überzeugend für humanistische Werte wie Individualität, Freiheit, Bildung und Menschenwürde. Zur Realisierung dieser bedarf es seiner Ansicht nach informationeller Selbstbestimmung und der Wahrung der Privatsphäre. Es verwundert etwas, dass von Schmitt andere medienkritische Werke, in denen ähnliche Forderungen wie in seinem Essay gestellt werden, keinerlei Erwähnung finden. Zu nennen wären hier zum Beispiel die Bücher: „Im Schwarm“(2014) von Byung-Chul Han, „Die smarte Diktatur“(2016) von Harald Welzer, „Stumme Medien“(2018) von Roberto Simanowski, „Digitaler Humanismus“(2018) von Julian Nida-Rümelin/Nathalie Weidenfeld oder „Digitale Gefolgschaft“(2019) von Christoph Türcke.
Dass Schmitt dabei zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie die aufgeführten Wissenschaftler zeigt nur, wie dringend eine kritisch-reflexive Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der unsere gesamte Lebenswelt durchdringenden digitalen Revolution ist. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik, Politik und Deutsch werden jedenfalls durch Schmitts Essay angeregt, in einem problemorientierten Unterricht mit Schülerinnen und Schülern die technikanthropologischen und gesellschaftlichen Folgen der Digitalisierung zu diskutieren.
Fazit: Das Buch „Postdigital. Medienkritik im 21. Jahrhundert“ von Peter Schmitt demonstriert - angesichts eines media turn - die Fruchtbarkeit der Bezugnahme auf die Gesellschaftskritik von Theodor W. Adorno und die Technikkritik von Günther Anders zur ideologiekritischen Auseinandersetzung mit digitalen Heilsversprechen.
Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die völlige Computerisierung der Lebenswelt entwickelt eine geradezu mahlstromartige Dynamik. Massenhaft sind die Köpfe über die Bildschirme gesenkt und starren auf vereinheitlichten Geräten auf die überall gleichen Apps. Von informationeller Autonomie kann keine Rede sein, dafür umso mehr von der »Fear of missing out«. Peter Schmitt analysiert in seinem fulminanten Essay diese neue Normalität.
Inhaltsverzeichnis
Prolog7
1 _ Individualität13
Verkehrsknotenpunkte des Allgemeinen13
Digital verwaltete Welt16
Beobachtung und Transparenz19
2 _ Emotionen23
Mediale Emotionen23
Fear Of Missing Out27
Scham und Verdinglichung30
3 _ Technik37
Das technische Unbewusste37
Verzifferung40
Mythos42
4 _ Freiheit47
Zellen im Gewissheitshaus47
Suggestion von Wahlfreiheit54
Formbestimmtheiten60
5 _ Wissen65
Digitales Wissen65
Extended minds/augmented humans74
Big Data und das Ende der Theorie77
6 _ Bildung83
Von der Halbbildung zur Unbildung83
Microsoft 365 und Covid-1986
Der postliterale Mensch89
7 _ Medien95
Sprache96
Bilder104
Musik108
8 _ Gesellschaft117
Digitale Öffentlichkeit117
Corona und Agenda-Setting121
Desinformation126
9 _ Ideologie133
Gamifizierung133
Memifizierung140
Radikalisierung144
Epilog149
Literatur155
Anmerkungen163
|
|
|