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Menschen machen Die hellen und die dunklen Seiten humanwissenschaftlicher Optimierungsprogramme
Menschen machen
Die hellen und die dunklen Seiten humanwissenschaftlicher Optimierungsprogramme




Anna Sieben, Katja Sabisch-Fechtelpeter, Jürgen Straub (Hrsg.)

Reihe: »Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung / Being Human: Caught in the Web of Cultures – Humanism in the Age of Globalization«


Transcript
EAN: 9783837617009 (ISBN: 3-8376-1700-9)
498 Seiten, paperback, 14 x 23cm, Juli, 2012

EUR 36,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der programmatische Gedanke, menschliches Leben durch gezielte Eingriffe verbessern zu können, hat seit der Entstehung der neuzeitlichen Wissenschaften Konjunktur. Das wissenschaftlich-technisch begründete Programm, Menschen machen zu können, reicht von minimalen Manipulationen bis hin zu umfassenden medizinisch-invasiven oder psychotechnischen Eingriffen. Die Implikationen dieser zwiespältigen Fortschrittsgeschichte sind bis heute unzulänglich untersucht worden. Optimierungen des Humanen und damit verbundene Normierungen der Lebens- und Handlungspraxis transformieren den Menschen und unser Bild vom Menschen in vielfältiger Weise. Die Beiträge in diesem Band gehen solchen »Schattenseiten« von Optimierungsprogrammen nach.
Rezension
Human Enhancement, Optimierungen des Menschen, finden derzeit in vielfältiger Weise in der Medizin und den Bio- und Humanwissenschaften statt - und das meint keineswegs nur plastische Schönheitschirurgie ... Das Seinsollen dominiert das Sein seit Beginn der Neuzeit. Die wissenschaftsbasierte Technisierung der Welt führt allerorten zu Optimierungsprozessen, zu Veränderungen im Zeichen des "Besseren". Wird der althergebrachte Mensch eines Tages abgeschafft und überwunden? Ein neuer Mensch: makellos und ohne Leid, von allen Krankheiten, vom Übel der Verletzlichkeit und Verwundbarkeit befreit, vom bislang unvermeidlichen Siechtum, dem Sterben und dem Tod erlöst ... Das scheint nicht mehr nur Fiction ... Aber ist es Utopie oder Dystopie? Dieser Band lotet kulturwissenschaftlich die humanwissenschaftlichen Optimierungsprogramme in ihrem Hell und Dunkel (vgl. Untertitel) aus.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Unter dem Stichwort »Optimierungen des Humanen« werden wissenschaftliche Programme zur Erschaffung eines neuen, besseren Menschen unter die Lupe genommen – von der Psychotherapie bis zur Biotechnologie in der Humanmedizin.

Schlagworte
Optimierung, Normierung, Mensch, Psyche, Körper, Medizin, Anthropologie
Adressaten
Psychologie, Soziologie, Anthropologie, Sozial- und Kulturwissenschaften, Gender Studies, Gesundheitswissenschaften und die interessierte Öffentlichkeit

: Autoreninfo
Anna Sieben promoviert und lehrt an der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Geschichte der Psychologie, feministische Psychologien und kulturpsychologische Sozialforschung.
Katja Sabisch-Fechtelpeter (Prof. Dr.) ist Juniorprofessorin für Gender Studies an der Ruhr-Universität Bochum. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Wissensforschung und -geschichte (Medizin, Körper, Geschlecht) und postfeministische Theorien.
Jürgen Straub (Prof. Dr. phil.) ist Inhaber des Lehrstuhls für Sozialtheorie und Sozialpsychologie an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, Mitglied im Board des Research Departments »Center for Religious Studies« (CERES) sowie einer der Mentoren der Mercator Research Group »Spaces of Anthropological Knowledge: Production and Transfer«. Er ist stellvertretender Vorsitzender des internationalen Projekts »Humanismus im Zeitalter der Globalisierung« am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) und Fellow des Mercator Research Center Ruhr (MERCUR).
WWW: www.sowi.rub.de/gender/index.html.de
WWW: www.sowi.rub.de/soztheo

Interview
... mit Anna Sieben

1. »Bücher, die die Welt nicht braucht.« Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?
Versuche der Verbesserung des Menschen sind allgegenwärtig und dennoch unzureichend sozialund kulturwissenschaftlich verstanden und erforscht. Dieses Buch bietet mindestens zweierlei: Eine theoretische Strukturierung des Themas durch Vorwort und Einführung der Herausgeberinnen und Herausgeber sowie detailreiche Einblicke in vielfältige Themenfelder durch die Einzelbeiträge. »Menschen machen« verbindet die Vorzüge eine Sammelbandes mit denen einer Monographie.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?
Zahlreiche. Dieses Buch nimmt keine Pro- und Contra-Position ein. Optimierungsunterfangen des Menschen werden weder glorifiziert noch verworfen, sondern im Detail unter die Lupe genommen. Dabei nehmen die Autorinnen und Autoren ganz verschiedene disziplinäre Perspektiven ein (von der Soziologie über die Psychologie, Philosophie, Pädagogik, Medienwissenschaften, Literaturwissenschaften bis hin zur Theologie).

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?
Die Debatte um Optimierungen des Humanen konzentriert sich oft auf spektakuläre, biotechnologische Formen der Verbesserung des Menschen. Dieses Buch erweitert diese Perspektive und lenkt den Blick auch auf unauffällige und zum Teil althergebrachte Praktiken der Optimierung, wie Psychotechniken, Tagebucheinträge, Impfungen oder missionarische Handlungen.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?
Mit Menschen, die in (Selbst-)Verbesserungsprojekte involviert sind und über ihre Erfahrungen Auskunft geben können. Mit Chirurginnen, Patienten, Klientinnen in der Psychotherapie, Personal Trainern und vielen anderen.

5. Ihr Buch in einem Satz:
Im Einzelnen möglichst präzise beschreiben (verstehen und erklären), was denn im Feld der Optimierung und Normierung des Menschen eigentlich genau vor sich geht – das ist die erste und vordringliche Aufgabe dieses Buches.

Editorial zur Reihe
»Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung / Being Human: Caught in the Web of Cultures – Humanism in the Age of Globalization«

Globalisierung erfordert neue kulturelle Orientierungen. Unterschiedliche Traditionen und Lebensformen ringen weltweit um Anerkennung und müssen sich den Erfordernissen einer universellen Geltung von Normen und Werten stellen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der menschlichen Welt- und Selbstdeutung müssen gleichermaßen berücksichtigt werden. Dazu bedarf es einer neuen Besinnung auf das Menschsein des Menschen: in seiner anthropologischen Universalität, aber auch in seiner Verschiedenheit und Wandelbarkeit. Die Reihe Der Mensch im Netz der Kulturen – Humanismus in der Epoche der Globalisierung ist einem neuen Humanismus verpflichtet, der Menschlichkeit in seiner kulturellen Vielfalt in sich aufnimmt und als transkulturell gültigen Gesichtspunkt im Umgang der Menschen miteinander in den Lebensformen ihrer Kulturen zur Geltung bringt.

Die Reihe wird herausgegeben von Jörn Rüsen (Essen), Chun-chieh Huang (Taipeh), Oliver Kozlarek (Mexico City) und Jürgen Straub (Bochum), Assistenz: Henner Laass (Essen).

Wissenschaftlicher Beirat:
Peter Burke (Cambridge), Chen Qineng (Peking), Georg Essen (Nijmegen), Ming-huei Lee (Taipeh), Erhard Reckwitz (Essen), Masayuki Sato (Yamanashi), Helwig Schmidt-Glintzer (Wolfenbüttel), Zhang Longxi (Hongkong)

Globalization demands for setting up new cultural orientations. Different traditions and forms of life struggle for recognition throughout the world and have to meet the necessity of values and norms with universal validity. Similarities and differences in understanding the world have to be analyzed and recognized which requires a new reflection on what it means to be a human being concerning its anthropological universality, but also its diverseness and changeability.
The books of the series Being Human: Caught in the Web of Cultures – Humanism in the Age of Globalization are committed to a new Humanism, which not only highlights humaneness in its cultural and historical varieties but also presents it as a transculturally valid principle of human interaction in all cultural life-forms.

The series is edited by
Jörn Rüsen (Essen), Chun-chieh Huang (Taipei), Oliver Kozlarek (Mexico City) and Jürgen Straub (Bochum), Assistant Editor: Henner Laass (Essen).

Advisory board:
Peter Burke (Cambridge), Chen Qineng (Beijing), Georg Essen (Nijmegen), Ming-huei Lee (Taipei), Erhard Reckwitz (Essen), Masayuki Sato (Yamanashi), Helwig Schmidt-Glintzer (Wolfenbüttel), Zhang Longxi (Hong Kong)
Inhaltsverzeichnis
Homo modificans, homo modificatus.
Ein Vorwort zu aktuellen „Optimierungen des Menschen“
Jürgen Straub, Katja Sabisch-Fechtelpeter und Anna Sieben | 9

Menschen besser machen.
Terminologische und theoretische Aspekte vielgestaltiger Optimierungen des Humanen
Jürgen Straub, Anna Sieben und Katja Sabisch-Fechtelpeter | 27

BIOTECHNOLOGISCHE MANIPULATIONEN UND POLITISIERUNGEN DES KÖRPERS

Zur Normalisierung von Schönheit und Schönheitschirurgie
Nora Ruck | 79

Der naturalisierte und der programmierte Mensch. Lebenswissenschaften, Bioethik und psychosozialer Wandel: Psychologische Annotationen zu Jürgen Habermas’ Sorge um eine optimierende Eugenik
Jürgen Straub | 107

Das Leben singen.
Biopopuläre Kulturen in der öffentlichen Debatte über die „Impfung gegen Krebs“
Katja Sabisch-Fechtelpeter | 143

PSYCHOLOGISCHE UND RELIGIÖSE VERBESSERUNGSPROGRAMME DER SEELE

Heilung der Psyche, Optimierung des Selbst.
Diskursiver Wandel in den Psy-Disciplines: Der Fall der Familientherapie (1940-2000)
Jens Elberfeld | 169

Anorexia nervosa: psychische Störung oder Selbstoptimierung?
Gala Rebane | 211

Eupsychia oder Walden Two? Ein Vergleich zwischen psychologischen Optimierungsdiskursen im Behaviorismus und der humanistischen Psychologie
Anna Sieben | 235

Ignoriert, dementiert, kritisiert:
menschliche Selbstformung im Schatten der technischen Optimierungsstrategien
Roland Kipke | 269

Der Mensch – ein dilettantisches Subjekt:
Ein inkompetenztheoretischer Blick auf das vermeintlich eigene Leben
Roland Reichenbach | 305

Mission possible? Der Glaube an die Macht des ‚besseren Menschen‘:
Strategien der religiösen Optimierung und Normierung
Maik Arnold | 329

VERDATETE NORMALISIERUNGEN UND OPTIMIERUNGEN

Erinnerung an den (flexibel-)normalistischen Rahmen von Human-Optimierungsprozessen
in modernen okzidentalen Gesellschaften
Jürgen Link | 353

Divide et Impera. Parallelismus als Selbstoptimierung
Stefan Rieger | 365

LITERARISCHE ENTWÜRFE UND PRAKTIKEN DES BESSEREN MENSCHEN

Optimierung und Authentizität. Zu Psychopharmaka und autobiographischer Literatur in den USA und Frankreich (Lauren Slater, Marie Cardinal)
Marie Guthmüller | 383

Die Selbstpoetik des guten Lebens. Optimierungsprogramme in der Diaristik seit der Frühen Neuzeit
Ralph Köhnen | 409

Schöne neue Menschen: Michel Houellebecqs „Les particules élémentaires“
Agnieszka Komorowska und Jörn Steigerwald | 445

NACHWORT

Optimierungstypen.
Ein provisorisches Nachwort zu Licht- und Schattenseiten von Menschenverbesserungsprogrammen
Jürgen Straub | 473

Autorinnen und Autoren | 491