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Leiden und Böses
Vom schwierigen Umgang mit Widersinnigem
Ingolf U. Dalferth
Evangelische Verlagsanstalt
EAN: 9783374024117 (ISBN: 3-374-02411-4)
224 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2007
EUR 16,80 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Die verbreitete Meinung, böses Tun erfordere eine böse Absicht, ist nach Ingolf U. Dalferth eine »fragwürdige Übervereinfachung«. Der Primat des Bösen liegt nicht im Wollen, sondern in der Erfahrung des Bösen. Was zählt, ist das Leiden der Betroffenen. Aber auch dieser Ansatz kann auf Abwege führen, wenn Leiden mit Bösem gleichgesetzt wird. An diesem Punkt beginnen die Überlegungen der Studie.
Für Dalferth ist die entscheidende Frage, ob Leiden in jedem Fall als Böses verstanden werden muss. Seine Überlegungen veranschaulichen in präziser Sprache die zu Grunde liegenden aktuellen Lebensphänomene an gut verständlichen Beispielen. Am Ende des Bandes werden Deutungs- und Bewältigungsstrategien von Leiden und Bösem diskutiert, die den unverzichtbaren Beitrag des christlichem Glaubens zum Umgang mit Leiden und Bösem aufzeigen und auch für Nichtchristen verstehbar machen.
Rezension
Das Thema dieses Buchs "Leiden und Böses" ist für den christlichen Glauben eine ganz besonders herausfordernde Problematik und wird traditionell unter dem Stichwort Theodizee (auch in der schulischen Religionspädagogik) abgehandelt; denn der christliche Glaube behauptet zugleich einen allmächtigen und einen allgütigen Gott. Wenn aber Gott zugleich als allmächtig und allgütig vorgestellt wird, dann entsteht zwingend das Theodizee-Problem; denn wie kann ein allmächtiger und allgütiger Gott das Böse in der Welt zulassen? Das aber ist in diesem Band nicht die zentrale Fragestellung, sondern - wie der Titel andeutet - das Verhältnis von Leiden und Bösem. Der Autor fragt, ob Leiden mit Bösem gleichzusetzen ist, ob das Böse immer der bösen Absicht bedarf und schließlich (Kap. D), wie mit Leiden angemessen umgegangen werden kann. D.h.: Es geht um Leiden und Böses noch diesseits der Gottesfrage.
Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Die Studie ist während des Aufenthalts von Dalferth am Wissenschaftskolleg zu Berlin (2005/2006) entstanden und in ihrer lebenspraktischen Ausrichtung ein hoch zu schätzender Gewinn für alle Leserinnen und Leser.
Ingolf U. Dalferth, Dr. theol., Dr. h.c., Jahrgang 1948, ist Ordinarius für Systematische Theologie, Symbolik und Religionsphilosophie in Zürich und seit 1998 Direktor des Instituts für Hermeneutik und Religionsphilosophie. Er ist Mitglied der Theologischen Kammer der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Religionsphilosophie und der Europäischen Gesellschaft für Religionsphilosophie sowie Hauptherausgeber der "Theologischen Literaturzeitung" (Leipzig), der "Hermeneutischen Untersuchungen zur Theologie" (Tübingen) und von "Religion in Philosophy and Theology" (Tübingen). 2005 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Uppsala.
Dalferths Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Systematischen Theologie der Neuzeit, der philosophischen und theologischen Hermeneutik, der ökumenischen Theologie (Anglikanismus) sowie der analytischen und phänomenologischen Religionsphilosophie des 20. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
A. Reden von Bösem 11
1. Bezeichnungen des Bösen 12
2. Präzisierungen 17
3. Leiden und Böses 24
4. Böses erleiden und Leiden als Böses beurteilen 28
5. Erleben, Erfahren und Darstellen von Bösem 35
B. Leiden als Ort der Erfahrung von Bösem 42
1. Anthropologische Verkürzungen 43
2. Tun und Leiden 48
3. Leiden und Leben 52
4. Passivität und Leiden 55
5. Leben und Leidenmachen 60
6. Leben als Leidenszusammenhang 62
7. Leiden und die Unterscheidung zwischen Gutem und Bösem 67
8. Gut und Böse als Orientierungsunterscheidung 69
9. Die kulturelle Entkoppelung von Leiden und Bösem 75
10. Menschliches Leiden 83
11. Gedeutetes Leiden 86
C. Orientierende Unterscheidungen 90
1. Vermeidbares und unvermeidbares Leiden 90
2. Täter und Opfer 93
3. Eigenes und fremdes Leiden 95
4. Im Leiden lernen und vom Leiden lernen 97
5. Schuldloses und schuldhaftes Leiden 103
6. Sinnloses Leiden 110
7. Leiden als Schlüssel zum Verständnis von Bösem? 116
D. Reaktionen auf Leiden 124
1. Verstummen und Schreien 124
2. Trost als Hilfe zur Neuorientierung des Lebens 130
a) Alltägliche Tröstungen 131
b) Religiöser Trost 132
c) Seelsorge als Neuorientierung 136
3. Leidensbewältigung? 141
a) Technik der Leidensminderung 142
b) Hermeneutik der Leidensdeutung 144
c) Folgeprobleme 145
4. Stationen der Leidensbewältigung 149
5. Unverzichtbare Umwege 157
a) Kultur als Umweg 157
b) Anforderungen an Umwege der Leidensdeutung 159
c) Leidensdeutung und Zeitbezug 161
6. Umwege über Zwischenbestimmungen 1^3
a) Leidenstypen 165
b) Zielvorstellungen und Leitbilder 165
c) Ursprungs- und Überwindungserzählungen 166
d) Entscheidungsnotwendigkeit und Auswahlkriterien 167
e) Mittelgrößen, Drittinstanzen und Zwischenbestimmungen 169
E. Deutungsstreit 172
1. Religiöse Deutungen 172
2. Theologische Deutungen 173
3. Sinndeutungen 176
4. Verständnis des Bösen und Verständnis des Leidens als Böses 181
5. Problemkonstellationen des Verstehens von Bösem 186
6. Grundprobleme religiöser Deutungen des Bösen 198
7. Das christliche Lebensparadox 201
8. Leiden an Gott 206
9. Gottes Leiden 212
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