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Theodizee  Reihe: Grundwissen Theologie
Theodizee


Reihe: Grundwissen Theologie

Klaus von Stosch

UTB , Schöningh
EAN: 9783825238674 (ISBN: 3-8252-3867-9)
185 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2013, 1 Abb.

EUR 14,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wie kann Gott angesichts des Leidens auf der Welt gut und allmächtig sein?

Das Theodizeeproblem ist eines der brisantesten Themen der Theologiegeschichte wie der gegenwärtigen Theologie. Erstmalig stellt dieses Studienbuch die unterschiedlichen Positionen und Perspektiven auf das Theodizeeproblem übersichtlich dar.

Neben der deutschsprachigen wird auch die englischsprachige Debatte nachgezeichnet und zu einem eigenen Antwortversuch verdichtet.
Rezension
Wie kann Gott zugleich allmächtig und allgütig sein angesichts des (nicht menschlich verursachten) Leids auf der Welt? Denn entweder ist er dann nicht allmächtig und kann Leid und Böses nicht beseitigen oder er ist nicht allgütig und will Leid und Böses nicht beseitigen. Die Theodizee-Frage wird schon in der Bibel im Buch Hiob eindringlich gestellt. Sie beschäftigt die Theologie und die Philosophie seit Jahrtausenden und stellt bis heute ein zentrales Problem der Gottesfrage in der Dogmatik dar. Insofern ist es überaus plausibel, diesen Band "Theodizee" in der Reihe "Grundwissen Theologie" aufzulegen. Er gibt in kompakter Weise einen systematisch-theologischen Gesamtüberblick über die Theodizee-Frage und mögliche Lösungen. Die Problematik wie Gott gleichzeitig allmächtig und allgütig sein kann angesichts des Leidens auf der Welt ist auch in der schulischen Religionspädagogik ein klassisches und die Schüler/innen beschäftigendes Problem.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Prof. Dr. Klaus Stosch lehrt Katholische Theologie (Systematische Theologie) und ihre Didaktik an der Universität Paderborn und leitet dort das Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften.

Interview mit Klaus von Stosch über Theodizee
Wie kann Gott angesichts des Leidens auf derWelt gut und allmächtig
sein? Das Theodizeeproblem ist eines der brisantesten Themen der
Theologiegeschichte wie der gegenwärtigen Theologie. Theodizee-Autor
Professor von Stosch stellt sich unseren Fragen…
Herr Professor von Stosch, wie geht es Ihnen, nachdem Sie ein ganzes Buch lang über das Übel der
Welt nachgedacht haben?
Einerseits ist es nur möglich, über das Übel in derWelt zu schreiben, wenn man sich davon auch
betreffen und bewegen lässt. Andererseits ist eine Theodizee immer auch eine rationalisierende
Distanzierung von dem Übel. Sie hilft mir mit Leidenserfahrungen umzugehen und auch angesichts
der Katastrophen dieserWelt die Hoffnung des Glaubens nicht zu verlieren. Von daher hat mir das
Buch geholfen, sensibler für die Leidensgeschichten dieserWelt zu werden, ohne dabei ins
Bodenlose zu fallen.
Was bedeutet die (Willens-)Freiheit des einzelnen Menschen für die Theodizee-Frage?
Die Freiheit des Menschen ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder Theodizee. Katastrophen wie
Auschwitz oder der Völkermord an den Tutsi in Ruanda sind erst einmal Ergebnisse von menschlicher
Freiheitsverfehlung, und ich kann dafür nicht direkt Gott verantwortlich machen. Andererseits behält
Gott auch für den Freiheitsraum der Menschen die Letztverantwortung, weil er uns mit unserer
Freiheit geschaffen hat. Und von daher bleibt immer die Rückfrage, wieso Gott uns in unserer
Freiheit so viel Raum gibt, dass wir einander so furchtbare Verbrechen antun können. In der
Theodizee kommt meines Erachtens alles darauf an, Argumente aufzuzeigen, die das Leiden als Preis
der Freiheit verständlich machen, ohne dadurch die Sensibilität für die Menschen zu verlieren, die
genau diesen Preis für viel zu hoch halten.
Was können Christen bezüglich der Theodizee-Frage aus der jüdischen Tradition lernen?
Die jüdische Tradition erinnert Christen bleibend daran, dass Gott allein die einzige Antwort auf das
Leiden in derWelt ist. Einerseits ist es die Aufgabe der Theologie, Theodizeen zu entwickeln und
Antwortversuche auf die Fragen nach dem Leiden zu geben. Andererseits dürfen diese Fragen das
Problem der Theodizee nicht stillstellen und die beunruhigten Rückfragen des Menschen zum
Verstummen bringen. Gerade die Entdeckung der Theodizeefrage als Rückfrage an Gott und die
Ergänzung einer argumentativen durch eine praktische Theodizee verdankt die christliche Theologie
zu großen Teilen der jüdischen Tradition.
Hat das Leiden Ihrer Meinung nach einen Sinn?
Es wäre sicher verfehlt, aus einer theologischen Metaperspektive jedem Leiden Sinn zuzuschreiben.
Es gibt – das hat die Theologie in Neuzeit und Moderne mühsam gelernt – Formen des Leidens, die
definitiv sinnlos sind und bei denen es zynisch und pervers wäre, sie mit einer theologischen
Sinngebung adeln zu wollen. Zugleich stellt die Theodizee aber auch Deutungsmöglichkeiten für das
Leiden in meinem persönlichen Lebensweg bereit, die mir helfen können, auch eine Sinndimension in
ihm zu sehen. Ich persönlich würde jedenfalls sagen, dass alles Leiden in meinem Leben einen Sinn
hatte. Aber das ist eben keine Aussage, die sich verallgemeinern lässt. Und insbesondere darf ich
schon aus moralischen Gründen nicht anfangen, dem Leiden des anderen einen Sinn zu geben. Denn
wie der jüdische Religionsphilosoph Emmanuel Levinas sehr treffend sagt: „Die Rechtfertigung des
Schmerzes des Anderen ist der Ursprung aller Unmoral.“

Die Reihe "Grundwissen Theologie" präsentiert eine kompakte und übersichtlich strukturierte Einführung in zentrale Themen des Theologiestudiums aus katholischer Perspektive. Alle relevanten Inhalte der verschiedenen theologischen Disziplinen der Systematischen und Biblischen Theologie werden abgedeckt.
Inhaltsverzeichnis
Einführung 7

1. Lösungen durch Neuinterpretationen des Übels 18

1.1 Lösung durch Leugnung bzw. Entübelung des Übels (Bonisierungsstrategien) 19
1.2 Lösung durch Verharmlosung des Übels (Depotenzierungsstrategien) 26
1.3 Eine Irenäische Theodizee: Depotenzierung durch Integration in Seelenbildungsprozesse 28
1.4 Lösung durch Mitleiden Gottes 34
1.5 Fazit 38

2. Lösungen durch eine Modifikation der Eigenschaften Gottes 40
2.1 Lösung durch Modifikationen bei der Prädikation der Güte 40
2.2 Lösung durch Modifikationen bei der Prädikation der Allmacht 45
2.3 Lösung durch Modifikationen bei der Prädikation der Allwissenheit 49

3. Das Problem des natürlichen Übels und die Verteidigung der Naturgesetze (Natural law defense) 56

3.1 Die Keine-bessere-Welt-Hypothese 57
3.2 Naturgesetze als Ermöglichung von Freiheit 59
3.3 Zur physikalischen Unmöglichkeit von Verbesserungen unserer Naturgesetze 61
3.4 Zur logischen Unmöglichkeit von Verbesserungen unserer Naturgesetze 66

4. Willensfreiheit - Illusion oder Wirklichkeit? 70

4.1 Bestreitungen der Willensfreiheit aus der Perspektive der Hirnforschung 71
4.2 Bestreitungen der Willensfreiheit aus der Perspektive analytischer Philosophie 74
4.3 Bestreitungen der Willensfreiheit aus der Perspektive lutherischer Theologie 78
4.4 Die Bedeutung einer dialogischen Entwicklung des Freiheitsbegriffs für die Theodizee 82
4.5 Fazit 84

5. Das Argument von der Willensfreiheit (free will defense) 87

5.1 Grundidee und Struktur des Arguments 88
5.2 Zur Verteidigung der Werthaftigkeit der Freiheit 89
5.3 Zur Möglichkeit einer quantitativen Reduzierung des Leidens bei Wahrung der Willensfreiheit 92
5.4 Leiden als Preis von Freiheit und Liebe? 96
5.4.1 Auschwitz als Preis der Freiheit? 97
5.4.2 Die Frage nach den Subjekten der Entscheidung 104
5.4.3 Zur Legitimität der Verwendung theologischer Prämissen im Argument von der Willensfreiheit 107

6. Praktische Theodizee 112

6.1 Moralische Überhangprobleme 113
6.2 Zur Wahrnehmung des Theodizeeproblems aus der Perspektive der praktischen Vernunft. 118
6.3 Anamnetische und argumentierende Vernunft 124

7. Theodizee und Handeln Gottes 127

7.1 Das besondere Handeln Gottes und das Leiden in der Welt 127
7.2 Konturen einer geschichts- und theodizeesensiblen Glaubensverantwortung 130
7.3 Kriterien für eine theodizeesensible Rede von Gottes Handeln in der Welt 133
7.4 Auschwitz als Bewährungsprobe der erarbeiteten Kriteriologie 140
7.5 Theodizee zwischen Deismus und Theismus 145

8. Theodizee im Gespräch der Religionen 149

8.1 Knapper Überblick zum Problem des Leidens in den Religionen 149
8.2 Die klassischen Lösungsstrategien im Islam: Bonisierung und Depotenzierung des Übels 151
8.3 Attar und der Aufstand gegen Gott oder: die Wende zur postulatorischen Rede von Gott 155

Zitierte Literatur 157
Anmerkungen 165
Personenregister 184