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Lebensphase Kindheit Theoretische Ansätze, Akteure und Handlungsräume 2., überarbeitete Auflage 2020
Lebensphase Kindheit
Theoretische Ansätze, Akteure und Handlungsräume


2., überarbeitete Auflage 2020

Doris Bühler-Niederberger

Beltz Verlag , Juventa
EAN: 9783779926238 (ISBN: 3-7799-2623-7)
288 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2020

EUR 19,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung führt nicht nur zu neuen Einsichten in das Aufwachsen in unserer Gesellschaft, sie eröffnet auch einen erstaunlichen Blick auf zentrale gesellschaftliche Prozesse. Dies zeigt der Band anschaulich und führt dabei umfassend in die aktuelle Kindheitsforschung, ihre Grundlagen und Konzepte ein. Die verschiedenen theoretischen Ansätze werden vorgestellt und auf ihre Stärken und Schwächen hin gesichtet.

Die Soziologie liebt Großes, das hat ihr Everett C. Hughes, einer ihrer bedeutenden Vertreter, schon vorgeworfen – und ganz in diesem Sinne hat sie die kleinen Menschen, die Kinder, lange Zeit kaum beachtet. Das hat sich allerdings in den letzten zwei Jahrzehnten gründlich

geändert. Neue theoretische Ansätze wurden entwickelt, zahlreiche sozialwissenschaftliche Studien über Kinder, ihre Lebenslagen, ihre Sicht der Dinge, ihre Handlungsmöglichkeiten und -grenzen und über die Institutionen der Kindheit wurden durchgeführt, und schließlich wurden Kinder auch zum Gegenstand amtlicher Statistiken und der Datenkollektionen internationaler Organisationen.

Eine systematische und umfassende Einführung in die aktuelle sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung, ihre theoretischen Grundlagen und Konzepte, ihre Datenquellen und ihren empirischen Ertrag stand bisher allerdings noch aus und soll nun mit diesem Band

geleistet werden. Die verschiedenen theoretischen Ansätze werden vorgestellt und auf ihre Stärken und Schwächen hin gesichtet. Ein differenziertes und strukturiertes Bild wird vermittelt vom Aufwachsen in Deutschland und der Varietät von Kindheiten, die man in einer internationalen und historischen Sicht konstatieren kann. Zahlreiche Anschlussstellen für größere und kleinere Forschungsarbeiten werden aufgezeigt und ein theoretisches Modell ausgearbeitet, das solchen weiterführenden Arbeiten zugrunde gelegt werden kann.

Doris Bühler-Niederberger, Dr., ist Professorin für Soziologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Ihr Forschungsschwerpunkt ist eine „Soziologie des Aufwachsens“ im Sinne der Thematisierung von Institutionen und Strukturen, die für die Lebensphasen Kindheit und Jugend von Bedeutung sind. In dieser Weise untersucht sie ungleiche Bildungschancen, Expertisierung von Kindheit, Übergänge ins Erwachsenenalter und den Wandel generationaler Verbindlichkeiten.
Rezension
Nach dem Erscheinen 2011 liegt diese Darstellung zur "Lebensphase kindheit" nun in 2., überarbeitete Auflage 2020 vor. Wie wachsen Kinder in unserer Gesellschaft auf? Wie stellen sich ihre Lebenslagen dar, wie ist ihre Sicht der Dinge, wie sind ihre Handlungsmöglichkeiten und -grenzen? Welche sozialwissenschaftlichen Daten über Kinder liegen überhaupt vor? Dieser informative Band bietet grundlegende Einsichten in das weite Feld Sozialwissenschaftlicher Kindheitsforschung: theoretische Grundlagen und Konzepte, Datenquellen und empirische Erträge. Das alles steht in engem Zusammenhang mit anderen grundlegenden sozialwissenschaftlichen Fragestellungen überhaupt; denn Kindheit steht nicht selten als pars pro toto. Der erste Teil der Darstellung ist vorwiegend deskriptiv, der zweite Teil wendet sich den theoretischen Konzepten zu.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagwörter:
Kindersoziologie | Einführung | Kindheitsforschung | Lehrbuch | Soziologie
Kategorien:
Sozialpädagogik/Soziale Arbeit
Gesellschaft/Lebensphasen
Für Dozenten
Lehrbücher
Soziologie
Kindheit

René-König-Lehrbuchpreis 2012

»Das Buch bietet eine hervorragende Sammlung grundlegender soziologischer und sozialwissenschaftlicher Theorien, Konzepte und Forschungsergebnissen zur Lebensphase Kindheit und eröffnet Zugänge zu Reflexionen über Zusammenhänge zwischen Kindheitsforschung und übergeordneten gesellschaftlichen Entwicklungen.« socialnet
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 9

Teil I
Die lange, behütete Kindheit und ihre gesellschaftliche Konstruktion


Kapitel 1
Aufwachsen in Deutschland – lange, behütete Kindheit als soziale Realität und normatives Muster 16

1.1 Moralische Panik in öffentlichen Darstellungen 16
1.2 Traditionelle Familienstruktur 17
(1) Vollständige Familie – (2) Zweikindfamilien – (3) Teilzeitberufstätige Mütter – (4) Traditionelle Arbeitsteilung – (5) Wert und Preis der Traditionalität
1.3 Deutschland nur Mittelmaß? – Qualitäten des Aufwachsens 26
(1) Kindersterblichkeit – (2) Wohlbefinden im Vergleich von OECDLändern – (3) Interaktionen in der Familie – (4) Freizeit, Freunde und Mithilfe im Haushalt
1.4 Wachsende Zuwendung zum Kind – Entwicklung seit den 1950er-Jahren 34
(1) „Das Kind soll sich selbst werden“ – der kategorische Imperativ für die Eltern – (2) Die Verpflichtung das Kind zu fördern
1.5 Viktimisierung 40
1.6 Ungleiche Bildungschancen 45
(1) Bildungsexpansion – (2) Herkunftsabhängigkeit von Leistungen im internationalen Vergleich – (3) Primäre Herkunftseffekte und leistungsfremder sozialer Filter – (4) Vom katholischen Arbeitermädchen
vom Lande zum Migrantensohn – (5) Ungleichheit – beklagt und dennoch bewahrt
1.7 Kinderarmut 54
(1) Berechnungen von Kinderarmut – (2) Von relativer Einkommensarmut betroffene Gruppen – (3) „Multi-dimensional child poverty“ – ein Ansatz zu einer kindorientierten Armutsmessung
1.8 Fazit: Normatives Muster und die Frage nach „guter Kindheit“ 59

Kapitel 2
Kindheiten in der Welt – zwischen lokalen Bedingungen und globalen Einflüssen 64

2.1 Internationale Initiativen zur Gestaltung von Kindheit 64
2.2 Vielfalt von Kindheiten 71
(1) Die kleinen Nichten in Abidjan – „Diese Geschichte mit den Kinderrechten, das ist sicher gut in Europa, nicht wahr?“ –
(2) Äthiopien: „… im Dorf isst keiner, der nicht auch arbeitet“ –
(3) „Sie wachsen daher wie das Gras auf der Wiese“ – kleine Kinder in Kirgisistan
2.3 Fazit: Qualität von Kindheiten in internationaler Sicht – zur universellen Verbreitung des normativen Musters 86

Kapitel 3
Geschichte der Kindheit – lange, behütete Kindheit als Element sozialer Ordnung 89

3.1 Separation, Glorifizierung und Freisetzung von den Ansprüchen der Familie 89
3.2 Exkurs: Positionen und Kontroversen in der historischen Kindheitsforschung 91
(1) Philippe Ariès: „L’enfant et la vie familiale sous l’ancien régime“ –
(2) Lloyd deMause: „The History of Childhood“ – (3) Kritik der Geschichtswissenschaft an Ariès – (4) Ökonomie der Familien
3.3 Fünf Episoden sozialen Ordnens 101
Erste Episode: Das pädagogische Projekt der Reformatoren – Zweite Episode: Die Christlichen Schulbrüder – Dritte Episode: Die Experten des bürgerlichen Zeitalters –Vierte Episode: Sozialdisziplinierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts – Fünfte Episode: Die Familienpolitik in Deutschland in der Nachkriegszeit
3.4 Fazit: Die lange und behütete Kindheit als historische Leistung und als universeller Anspruch 131

Teil II
Soziologische Theorien zu Kindern und Kindheit


Kapitel 4
Theorien der Sozialisation 136

4.1 Sozialisation und die soziologische Frage nach der gesellschaftlichen Ordnung 136
4.2 Klassiker der Sozialisationstheorie 139
(1) Émile Durkheim – Begrenzung der individuellen Maßlosigkeit als methodische Sozialisation – (2) Talcott Parsons – Das Erzeugen (rollen-) konformer Motivationen durch die rationalisierte Liebe der Kleinfamilie – (3) Mead – Die Erwartungen der anderen in Rechnung stellen lernen in „play“ und „game“
4.3 Neuere Sozialisationstheorien: Entdeckung des Akteurs 156
4.4 Der empirische Ertrag der Sozialisationsforschung – Die Frage nach der Ungleichheit 163
(1) „Infant care“ und Schichtzugehörigkeit – die frühe US-amerikanische Forschung – (2) Elterliche Wertorientierungen und Disziplinarstrategien – (3) Restringierter und elaborierter Sprachcode – (4) Von der schichtspezifischen zur sozialstrukturellen Sozialisationsforschung und der Einfluss der Sozialökologie – (5) Diversität von Ansätzen in den Studien ab den 1990er-Jahren – Strukturelle Reproduktion als kulturelle Produktion – (6) Nachspiel oder Rückkehr an den Start: Von der Prozessanalyse zurück zu einer individuellen Schuldzuschreibung?

Kapitel 5
„Neue“ Soziologie der Kindheit 190

5.1 Kleine Akteure – keine Akteure: die Kritik an der älteren Soziologie 190
5.2 Die theoretischen Zugänge der „neuen“ Kindheitssoziologie 194
(1) Sozialstruktureller Zugang: Kindheit in der Singularform, Ungleichheit, Intersektionalität – (2) Kinder als (kompetente) Akteure – Agency, die „Childhood Studies“ und deren radikale Umschwünge – (3) Generationale Ordnung
5.3 Der empirische Ertrag der kindheitssoziologischen Konzepte 205
(1) Die Politik in die Pflicht nehmen – Leistungen und Schwächen des sozialstrukturellen Zugangs – (2) Überfällige Korrektur der ideologischen Erwachsenensicht – empirisch ergiebiges und theoretisch unbefriedigendes Akteurskonzept – (3) „Generationales Ordnen“ – Einblicke in die Institutionalisierung von Asymmetrie

Kapitel 6
Synthese und Ausblick – „Generationales Ordnen“ als Kernkonzept eines Programms der Kindheitsforschung 230

6.1 Ausgangsposition und Ziel des theoretischen Aufschlags 230
6.2 Der generationale Kern gesellschaftlicher Ordnung und die Strukturierung von Kindheit 232
6.3 Akteure als Komplizen 237
(1) „Sich lieb Kind machen?“ – Komplizenschaft und Abhängigkeit –
(2) Akteurschaft als strukturelle Reproduktion: der „Sinn für Sozialstruktur“
6.4 Formen der Agency – Iteration, Evaluation und Imagination generationaler Ordnung 250
6.5 Sozialisation: soziale „Alleskönner“, variierende Regelsets und strukturelle Verortung 254
6.6 Diagramm des theoretischen Modells „Strukturen und Akteure der Kindheit“ 260

Literatur 262
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