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Konstantin und das Christentum
Neue Wege der Forschung
Heinrich Schlange-Schöningen
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783534207787 (ISBN: 3-534-20778-5)
264 Seiten, paperback, 15 x 22cm, 2007
EUR 39,90 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Konstantin der Große gilt mit Recht als der erste christliche Kaiser. In der berühmten Schlacht an der Milvischen Brücke errang er die Alleinherrschaft über das Römische Imperium. Die Legende verknüpft seinen Sieg mit der Vision vom ›Zeichen des Kreuzes‹. Die Hinwendung Konstantins zum Christentum ist eine der großen Epochenentscheidungen, die in der Forschung bis heute kontrovers diskutiert werden. Welche Motive leiteten den Kaiser bei seiner Konversion? Wieweit ist der Einfluss christlichen Denkens in der Politik und in der Gesetzgebung Konstantins direkt nachweisbar? Wie ist die Einmischung Konstantins in kirchliche Entscheidungen zu verstehen? Die so genannte Konstantinische Wende markiert den Übergang von der Antike zum christlichen Mittelalter und ist daher für Althistoriker wie für Mediävisten, aber auch für Theologen von großer Bedeutung. Der Band enthält Aufsätze namhafter Althistoriker zu verschiedenen Aspekten der Religionspolitik Konstantins.
Heinrich Schlange-Schöningen, geb. 1960, ist Professor für Alte Geschichte an der Universität des Saarlandes, Saarbrücken. Bei der WBG erschien von ihm der Band ›Augustus‹ in der Reihe ›Geschichte kompakt‹ (2005).
Rezension
Kaiser Konstantin hat am Anfang des 4. Jhdts. die seit 250 Jahren einander widerstrebenden Weltkräfte des Römischen Reichs auf der einen und des Christentums auf der anderen Seite miteinander ausgesöhnt. Zum einen ermöglichte er damit dem Römischen Reich einen letzten Aufschwung, zum anderen nutzte das Christentum die Chance zur Weltreligion zu werden und in den nächsten 15 Jahrhunderten das christliche Abendland zu prägen. Warum aber Konstantin das tat, - diese Frage zählt zu den umstrittendsten Fragen der antiken Geschichtswissenschaften überhaupt: von der persönlichen Bekehrung bis zum reinen machtpolitischen Instinkt des Kaisers reichen die Deutungsmuster. Dieser Band zeigt exemplarisch die vielfältigen Deutungsmuster der jüngeren Forschung zum Thema "Konstantin und sein Verhältnis zum Christentum" auf.
Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
WBG-Preis EUR 24,90
Buchhandelspreis EUR 39,90
Die Hinwendung Konstantins zum Christentum ist eine der großen Epochenentscheidungen, die in der Forschung bis heute kontrovers diskutiert werden. Die so genannte Konstantinische Wende markiert den Übergang von der Antike zum christlichen Mittelalter und ist daher für Althistoriker wie für Mediävisten und Theologen von großer Bedeutung. Die Aufsätze dieses Bandes beleuchten unterschiedliche Fragestellungen zur Religionspolitik Konstantins.
Rezensionen:
»Heinrich Schlange-Schöningen, Althistoriker an der Universität des Saarlandes, hat jetzt den neueren Forschungsstand mit einer Auswahl wichtiger fachwissenschaftlicher Aufsätze dokumentiert. Auch für Laien höchst lesenswert.« Badische Neueste Nachrichten
»Der Sammelband stellt eine auch für die Lehre geeignete Einführung in das Thema ›Constantin und das Christentum‹ dar, insofern er einen Überblick über die Quellen- und Forschungslage bietet. Daneben gewähren die teils aufeinander Bezug nehmenden Beiträge, in denen unterschiedliche Aspekte beleuchtet werden, einen Einblick in die lebhafte wissenschaftliche Diskussion.«
Historische Zeitschrift
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
I. Einleitung
Heinrich Schlange-Schöningen
Konstantin der Große in der althistorischen Forschung 8
Bruno Bleckmann
Konstantin der Große 19
II. 312 n. Chr. - Das Jahr der Wende?
Thomas Grünewald
Herrscher über Italien und Africa (312-316) 33
Jochen Bleichen
Constantin der Große und die Christen. Überlegungen zur konstantinischen Wende 64
Klaus Bringmann
Die konstantinische Wende. Zum Verhältnis von politischer und religiöser Motivation 109
Pedro Barceló
Constantins Visionen: Zwischen Apollo und Christus 133
III. Der Kaiser und die Kirche - Konstantins Religionspolitik nach 312 n. Chr.
Eva Lehmeier und Günther Gottlieb
Kaiser Konstantin und die Kirche. Zur Anfänglichkeit eines Verhältnisses 150
Klaus Martin Girardet
Der Vorsitzende des Konzils von Nicaea (325) - Kaiser Konstantin d. Gr. 171
IV. Konstantinopel - Stadt des christlichen Kaisers?
Albrecht Berger
Konstantinopel, die erste christliche Metropole? 204
Stefan Rebenich
Vom dreizehnten Gott zum dreizehnten Apostel? Der tote Kaiser in der Spätantike 216
V. Epilog: Weltgeschichte ohne Konstantin
Karen Piepenbrink 245
Konstantin der Große — wendet sich nicht dem Christentum zu
Auswahlbibliographie zu Konstantin 262
Leseprobe
»Der Durchbruch der Christen zu einer staatlichen Anerkennung, der im allgemeinen in der Hinwendung Constantins zum Christengott vor der Schlacht an der Milvischen Brücke gesehen wird, erscheint durch diese Überlegungen nur um eine halbe Generation, von 312 auf 324, verschoben. Aber auch bei der Verschiebung auf das Jahr 324 bleibt Constantin, wenn nicht durch eine Bekehrung, so doch aus machtpolitischen Zwängen die treibende Kraft, und folglich könnte das Ergebnis nur als eine geringfügige Korrektur des traditionellen Verständnisses von der konstantinischen Wende angesehen werden. Aber durch die Einordnung der Christenpolitik in den allgemeinen politischen Rahmen dieser Zeit wird der Aufstieg der Christen doch verständlicher. Bei der Erforschung der Ursache, warum die Christen gerade in diesen Jahren sich durchsetzten, hat man von dem genannten Ost-West-Gefälle auszugehen. Der Osten hatte unter der großen diokletianischen Verfolgung am schwersten gelitten, und es war daher nicht nur ein vernünftiger, sondern ein notwendiger Schritt zur Befriedung der bürgerkriegsähnlichen Exzesse gewesen, wenn Galerius die Verfolgungen einstellte und die Religion der Christen zuließ. War dies die Voraussetzung für den Aufstieg der Christen, hat aber doch erst der Kampf der Teilkaiser um die Erweiterung ihrer Machtbereiche bzw. um die Alleinherrschaft den Christen zum Durchbruch verholfen. Erst im Spannungsfeld der rivalisierenden Kaiser wurden sie ein gravierender politischer Faktor, und immer waren die Christen des Ostens der Adressat: Galerius hatte ihretwegen die Verfolgung aufgegeben; Maximinus hatte das bis zu einem gewissen Grade korrigieren wollen, und es war dann wieder Licinius, der mit der Gleichstellung der Christen gegenüber den anderen Religionen auf diese Christen, nämlich die im Reichsteil des Maximinus befindlichen, zielte, und sie meinte vor allem auch Constantin in der Vorbereitung seines Kampfes gegen Licinius. Man wird aus dieser Erkenntnis nicht schließen dürfen, dass sich die Christen ohne diese politische Konstellation nicht durchgesetzt hätten. Das Scheitern aller Verfolgungen hatte die Kirche stark gemacht, und sie war trotz aller Lauen und Überläufer auch zahlenmäßig stärker geworden. Der Sieg der Christen hatte andere Gründe als die Rivalität der Mächtigen. Wenn nicht jetzt Galerius, Licinius und Constantin, dann hätten spätere Kaiser anderen Namens das Christentum zur Anerkennung geführt. Aber dass die Christen sich gerade in diesen Jahren zwischen 311 und 324/25 durchsetzten, lag doch an der besonderen, durch Diocletian begründeten Pluralisierung der Reichsspitze, die ein kontinuierliches Spannungsfeld zwischen den Teilkaisern geschaffen hatte. In diesem Spannungsfeld, in dem die Religionspolitik eine so große, ja entscheidende Bedeutung für die Durchsetzung machtpolitischer Entschlüsse gewann, mussten die Teilkaiser ihre Einstellung zu dem Göttlichen zunehmend auch vor der Öffentlichkeit bekennen. Constantin, der zunächst Sol als seinen Schutzgott angesehen hatte, ist dabei dem Christengott allmählich nähergekommen, um sich schließlich, in der Zeit der Vorbereitung des letzten Krieges gegen den Ostkaiser Licinius, ihm ganz zuzuwenden. Wieweit er dabei innerlich Christ wurde, sei dahingestellt. Es ist für uns lediglich die öffentliche Deklaration zu erkennen, aber diese war seit den zwanziger Jahren eindeutig.
Wer hingegen die Entscheidung in die Person Constantins verlegt und von ›Bekehrung‹ im Jahre 312 spricht, wie in vielen Abhandlungen bis in die jüngste Zeit zu lesen ist, verzichtet von vornherein darauf, einen historischen Prozess aus einer quellenkritischen Analyse der politischen Entwicklung verstehbar zu begründen. Und wenn eingewendet wird, dass Constantin seit 313 unzweifelhaft politische Entscheidungen zugunsten der Christen getroffen, vielleicht auch schon vor dem Beginn der erneuten Spannungen mit Licinius, also vor 321, christliche Symbole verwendet hat, wird man dagegenhalten müssen, dass der Glaube an den Christengott und wohlwollende Entscheidungen über dessen Anhänger, ja selbst deren Privilegierung doch sehr verschiedene Dinge sind. Eine positive Christengesetzgebung kann sich aus reinen Sachzwängen ergeben, und so ein Sachzwang war der Kampf der Kaiser um das Überleben. Wir sind dabei gar nicht gezwungen, uns mit Jacob Burckhardt Constantin als den rationalen Politiker vorzustellen, der die Christen um seiner eigenen Macht willen wie Schachfiguren im politischen Spiel einsetzt. Auch der ›rationale‹ Politiker Constantin enthält wie der ›bekehrte‹ eine Prämisse. Wenn wir Constantin an den Menschen seiner Zeit messen, können wir zwar beide Positionen nicht ausschließen, insbesondere auch nicht jene Auffassung, dass Constantin ehrliche religiöse Gefühle hatte, wenn er Sol und später auch den Christengott als die ihm nahestehenden Gottheiten nannte. Es gibt viel Spielraum für die Annahme eines echten religiösen Gefühls auch in bezug auf das Christentum bei Constantin, und er mag seinen Sieg über Licinius schließlich auf den Christengott zurückgeführt haben.« (aus: II. 312 n.Chr. – Das Jahr der Wende? 3. Bleicken – Constantin und die Christen)
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