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Islamunterricht – Islamischer Religionsunterricht – Islamkunde Viele Titel – ein Fach?
Islamunterricht – Islamischer Religionsunterricht – Islamkunde
Viele Titel – ein Fach?




Irka-Christin Mohr, Michael Kiefer (Hrsg.)

Transcript
EAN: 9783837612226 (ISBN: 3-8376-1222-8)
240 Seiten, paperback, 15 x 23cm, 2009

EUR 24,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die in diesem Band versammelten Aufsätze bieten Einblicke in die didaktische Diskussion zum Islamunterricht an öffentlichen Schulen in Deutschland. Hierzu werden Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen in einen gemeinsamen Untersuchungskontext gestellt.

Die Analyse von Lehrplänen, die Unterrichtsbeobachtungen und Lehrergespräche zeigen große Unterschiede in der Konstruktion von Unterrichtsgegenständen sowie in der Interpretation von Bildungszielen auf und bieten eine Grundlage, um die Erfahrungen der Bundesländer erstmals in einer gemeinsamen Perspektive zu verknüpfen.
Rezension
Dieser Band dokumentiert ein Erfurter Forschungsprojekt der Jahre 2006 - 2009 zur Einführung eines neuen Schulfachs, dessen Titel bereits umstritten ist ... Der in den Bundesländern unterschiedlich neu entstehende islamische Religionsunterricht steht insbesondere auch deshalb im Fokus öffentlicher Aufmerksamkeit, weil er immer ins Gespäch kommt, wenn es um die gesellschaftliche und politische Integration von Muslim/inn/en in Deutschland geht. Der Unterricht soll dabei eine Lesart des Islam vermitteln, die sich kollisionsfrei in eine werteplurale Gesellschaft einfügen läßt. Auch soll er sich deutlich abgrenzen von einem althergebrachten Koranunterricht in manchen Gemeinden, der im Verdacht steht, antidemokratisch und integrationsfeindlich zu sein.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Islamunterricht, Islam, Didaktik, Bildung, Integration, interkultureller Dialog

Adressaten:
Islamwissenschaft, Religionswissenschaft, Religionspädagogik, Theologie, Politikwissenschaft

Irka-Christin Mohr (Dr. phil.) ist Islamwissenschaftlerin in Berlin und Erfurt und arbeitet zu Islam und Unterricht.
Michael Kiefer (Dr. phil.) ist Islamwissenschaftler in Düsseldorf und Erfurt und forscht zum Themenfeld islamischer Religionsunterricht.

Reihe »Globaler lokaler Islam«
Editorial:
Der lange Zeit angenommene Bedeutungsverlust des Islam als Folge gesellschaftlicher Modernisierung ist in den vergangenen Jahren weltweit widerlegt worden. Die Ergebnisse empirischer Forschung zeigen, dass der Islam in verschiedenen historischen Zeitabschnitten und lokalen Feldern jeweils neue kontextspezifische Aktualität erfährt. Die Beiträge der interdisziplinär ausgerichteten Reihe Globaler lokaler Islam verfolgen das Ziel, die vielfältigen Situierungen des Islam zwischen Globalisierung und Lokalisierung zu beleuchten.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7
Jamal Malik

EINLEITUNG

Eine Gebrauchsanleitung für Leserinnen und Leser 11
Michael Kiefer und Irka-Christin Mohr

Islamische Religionspädagogik und -didaktik –
Offene Fragen zu den Gegenständen einer neuen wissenschaftlichen Fachrichtung 19
Michael Kiefer

DIE LEHRPLÄNE

Islamische Quellen in staatlichen Lehrplänen für den Islamunterricht: Auswahlkriterien, Präsentation und Kontext 37
Michael Kiefer

Zur Konstruktion von Unterrichtsgegenständen und Bildungszielen. Das Beispiel der niedersächsischen
Rahmenrichtlinien für den Schulversuch „Islamischer Religionsunterricht“ 59
Irka-Christin Mohr

Lehrpläne für den islamischen und für den alevitischen Religionsunterricht: Ein Feld für
die Aushandlung von Sunna, Schia und Alevitentum 71
Irka-Christin Mohr

DIE UNTERRICHTSPRAXIS

Islamkunde in Nordrhein-Westfalen und der Schulversuch islamischer Religionsunterricht in Baden-Württemberg im Vergleich – Einblicke in die Rahmenbedingungen und in die Praxis der Unterrichtsmodelle 97
Michael Kiefer

Notizen aus der didaktischen Diskussion des islamischen Religionsunterrichts in Niedersachsen 117
Irka-Christin Mohr

Eine Didaktik für den islamischen Religionsunterricht in Berlin.
Ergebnisse aus Unterrichtsbesuchen und Gesprächen mit Lehrerinnen und Lehrern 143
Irka-Christin Mohr

DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINEN ISLAMISCHEN RELIGIONSUNTERRICHT

Auf die Inhalte kommt es an! „Erlaubtes“ und „Nichterlaubtes“ im staatlichen Religionsunterricht
nach Artikel 7 GG 161
Klaus Gebauer

Zur Diskussion der Mündigkeit als Zielkategorie der öffentlichen Schule und
des islamischen Religionsunterrichts 191
Irka-Christin Mohr

SCHLUSS

Islamwissenschaftliche Thesen zum islamischen Religionsunterricht 205
Michael Kiefer und Irka-Christin Mohr

Unterrichtsforschung in der Islamwissenschaft zwischen Beobachtung und Intervention 213
Michael Kiefer und Irka-Christin Mohr

Literatur 225

Autorinnen und Autoren 237


Leseprobe:
Vorwort
JAMAL MALIK
Wenn in den vergangenen zehn Jahren mit zunehmender Vehemenz
über die gesellschaftliche und politische Integration von Musliminnen
und Muslimen in Deutschland diskutiert wurde, dann
stand der islamische Religionsunterricht im Vordergrund dieser leidenschaftlich
und kontrovers geführten Debatten. Der islamische
Religionsunterricht als ein Träger von Institutionalisierung kann
auch Geltungskraft verleihen. Von seinen Befürwortern in Politik
und Gesellschaft wird er darum als ein gewichtiges Instrument zur
erfolgreichen zivilgesellschaftlichen Implementierung des Islams
angesehen. Der Unterricht soll eine Lesart des Islams vermitteln, die
sich kollisionsfrei in eine werteplurale Gesellschaft einfügen lässt.
Darüber hinaus soll der hiesige islamische Religionsunterricht ein
Gegengewicht bilden zum althergebrachten Koranunterricht mancher
Gemeinden, der nicht selten im Verdacht steht, antidemokratische
und integrationsfeindliche Auffassungen zu befördern. Mit
der Einführung eines ordentlichen islamischen Religionsunterrichts
soll nicht nur der Weg für einen nationalen Islam geebnet werden,
seine Befürworter wollen damit auch eine seit langem bestehende
Gerechtigkeitslücke schließen. Nach vier Dekaden muslimischer
Zuwanderung müsse man Musliminnen und Muslimen endlich
die gleichen Rechte einräumen wie den christlichen Kirchen, die im
Klassenzimmer seit vielen Jahrzehnten präsent sind und den gesellschaftlichen
Kalender in den verschiedensten Aspekten normativ
festlegen. Trotz zahlreicher Absichtserklärungen ist es bislang in
keinem Bundesland gelungen, einen ordentlichen islamischen Reli-
8
JAMAL MALIK
repräsentativen Ansprechpartners auf muslimischer Seite nicht befriedigend
gelöst werden konnte. Dies mag in der Natur der Sache
liegen: Der Islam entwickelte sich als Interpretationsreligion, die in
hohem Maße pluralistisch ist. Es besteht eine Spannung zwischen
tuellen Solidaritätsformen. Die Wechselbeziehungen zwischen zeit-
transnationalen Idealen haben Auswirkungen auf Migrations- und
folgende Sesshaftwerdungsprozesse. Vergegenwärtigt man sich die
bunte muslimische Öffentlichkeit in Deutschland, so kann durchaus
von religiösen Solidaritätsformen ausgegangen werden, die
sich nicht zuvorderst auf den Islam als Religion beziehen, sondern
auf gesellschaftliche und kulturelle Muster, die historisch mit dem
Islam und den Muslimen in Verbindung gebracht werden; sei es,
dass sie sich bei Muslimen selbst, aber auch, wenn sie sich bei Nicht-
Muslimen zeigen. Mit anderen Worten: Stete Wechselbeziehungen
verwischen religiöse und religiös legitimierte Grenzen, ganz im
Sinne von Marshall Hodgsons „islamicated“ Formen kultureller
Artikulation (Hodgson 1975: 59). Vielleicht deshalb haben die meisten
Bundesländer in einer pragmatischen Wende mittlerweile ganz
verschiedene – sich ergänzende bis widersprechende – Schulversuche
mehr oder weniger erfolgreich auf den Weg gebracht. Diese
paradigmatischen Bemühungen sollen den Weg für einen ordentlichen
islamischen Religionsunterricht über die Länderebenen hinaus
bahnen. Allerdings folgen die Debatten über Integration und
islamischem Religionsunterricht oft partei-politischen Präferenzen
und sind folglich unübersichtlich geworden. Der vorliegende
Band präsentiert eine Zwischenbilanz der gesellschaftlichen und
didaktischen Diskussionen zum islamischen Religionsunterricht
schungsprojekts „Mobilisierung von Religion in Europa“, das der
Lehrstuhl für Islamwissenschaft der Universität Erfurt maßgeblich
mitgestaltete, haben die Islamwissenschaftler Irka-Christin Mohr
und Michael Kiefer zwischen 2006 und 2009 wichtige Grunddaten
zur Unterrichtspraxis erhoben und in eine islamwissenschaftliche
Perspektive, die bisher in dieser heuristisch innovativen Form nicht
vorlag, eingeordnet.