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Geschichtskritik nach '1945' Aktualität und Stimmenvielfalt
Geschichtskritik nach '1945'
Aktualität und Stimmenvielfalt




Burkhard Liebsch (Hrsg.)

Meiner Hamburg
EAN: 9783787344345 (ISBN: 3-7873-4434-9)
600 Seiten, hardcover, 17 x 25cm, Juni, 2023

EUR 68,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Es steht außer Frage, dass keines der philosophischen Systeme in der Lage gewesen ist, uns »gegen den Schrecken der Geschichte zu verteidigen« (Mircea Eliade). Aber wie sollen wir unser Leben immer noch als geschichtliches begreifen, zumal wenn Geschichte weiterhin exzessiv gewaltförmig vonstattengeht und keinerlei Ausgleich für äußerste Ungerechtigkeit in Aussicht stellt? Bleibt jede(r) sich letztlich selbst überlassen?

Dieses Buch unternimmt in 36 Beiträgen eine weit ausholende Bestandsaufnahme wichtiger geschichtskritischer Positionen, die seit 1945 vertreten worden sind; sowohl seitens derer, die ›geschichts-philosophisches‹ Denken für weitgehend obsolet gehalten haben, als auch seitens ihrer Kritiker. Im Zentrum des Interesses steht dabei die sondern die Frage, wie uns die nach 1945 vorgebrachte Geschichtskritik noch heute herausfordert.



„Was auf dem Spiel steht, ist die Existenz der Geschichte selbst, sofern sie verstanden und darum erinnert werden kann.“

Hannah Arendt


Rezension
Theodor W. Adorno, Walter Benjamin, Herbert Marcuse, Jürgen Habermas, Karl R. Popper, Jean Améry, Karl Jaspers, Martin Heidegger, Karl Löwith, Günther Anders, Hannah Arendt, Jan Patočka, Hans Blumenberg, Michel Foucault, Jean-Francois Lyotard, Emmanuel Levinas, Niklas Luhmann, Eric Voegelin, Arnold J. Toynbee, Reinhart Koselleck, Simone Weil, Margarete Susman und Susan Taubes. Was verbindet diese Denker:innen miteinander? Alle haben in ihren Disziplinen – u.a. in der Philosophie, Soziologie, Geschichtswissenschaft, Kulturwissenschaft – zentrale Beiträge zur Geschichtskritik nach dem Zweiten Weltkrieg vorgelegt. Ihre Positionen bewegen sich zwischen radikaler Geschichtskritik und einer Perspektive auf eine zukünftige Geschichte, die im weitesten Sinne in der Tradition von Immanuel Kants Geschichtsauffassung steht.
Das Geschichtsdenken von den oben genannten und noch weiteren Intellektuellen wird in 36 Beiträgen in dem Band „Geschichtskritik nach ‚1945‘. Aktualität und Stimmenvielfalt“ fachlich fundiert beleuchtet. Herausgeber des im Meiner Verlag publizierten Buches ist Burkhard Liebsch (*1959), außerplanmäßiger Professor für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. Bekanntheit erlangte der politisch engagierte Experte für Sozialphilosophie, Geschichtsphilosophie und für französische Phänomenologie durch seine zahlreichen Bücher und Aufsätze, zum Beispiel durch seine Monographien „Gastlichkeit und Freiheit“(2005), „Renaissance des Menschen?“ (2010) und „Unaufhebbare Gewalt“(2015). Die Beiträge seines neuen Sammelbandes belegen die Vielfalt geschichtskritischer Reflexionen. Vertreten sind Denker:innen unterschiedlicher philosophischer Richtungen wie Kritische Theorie, Phänomenologie, Hermeneutik, Existenzphilosophie oder Kritischer Rationalismus. Besonders verdienstvoll ist es, dass in dem Werk auch in der Öffentlichkeit weniger bekannte Denker:innen und deren geschichtsreflexive Arbeiten gewürdigt werden. Lehrkräfte der Fächer Philosophie, Ethik und Geschichte erhalten durch das Buch hervorragende Anregungen und fundiertes Fachwissen, um sich in ihrem Fachunterricht mit Geschichtskritik differenziert und problemorientiert auseinandersetzen zu können.
Fazit: Der von Burkhard Liebsch herausgegebene Forschungsband „Geschichtskritik nach ‚1945‘“ leistet einen wichtigen Beitrag gegen Geschichtsvergessenheit. Zugleich demonstriert er die Aktualität von tiefsinnigen Geschichtsreflexionen angesichts der globalen Verbreitung von „Retrotopien“(Bauman).

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Es steht außer Frage, dass keines der philosophischen Systeme in der Lage gewesen ist, uns »gegen den Schrecken der Geschichte zu verteidigen« (Mircea Eliade). Aber wie sollen wir unser Leben immer noch als geschichtliches begreifen, zumal wenn Geschichte weiterhin exzessiv gewaltförmig vonstattengeht und keinerlei Ausgleich für äußerste Ungerechtigkeit in Aussicht stellt? Bleibt jede(r) sich letztlich selbst überlassen?
Dieses Buch unternimmt eine weit ausholende Bestandsaufnahme wichtiger geschichtskritischer Positionen, die seit 1945 vertreten worden sind; sowohl seitens derer, die ›geschichts-philosophisches‹ Denken für weitgehend obsolet gehalten haben, als auch seitens ihrer Kritiker. Im Zentrum des Interesses steht nicht eine umfassende Historiografie geschichtstheoretischer Diskussionen, sondern die Frage, wie uns die nach 1945 vorgebrachte Geschichtskritik noch heute herausfordert.
Denn die Diskussion darüber, inwiefern das Jahr 1945 eine tiefe Zäsur in der deutschen, europäischen und globalen Geschichte anzeigt, dauert an. Und angesichts einer Renaissance völkischer, antisemitischer, imperialistischer und rassistischer Ideologeme kann man kaum behaupten, sie sei bloß noch von ›historischem‹ Interesse. Weiterhin bleiben wir Menschen rückhaltlos geschichtlicher Gewalt ausgesetzt. Was schützt uns gegen sie?
Mit Beiträgen zu Adorno, Agamben, Alexijewitsch, Améry, Anders, Arendt, Auerbach, Badiou, Benjamin, Blumenberg, Cioran, Fackenheim, Foucault, Habermas, Hamburger, Heidegger, Jaspers, Kesting, Koselleck, Levinas, Löwith, Luhmann, Lyotard, Marcuse, Merleau-Ponty, Nancy, Patočka, Plessner, Popper, Ricœur, Sartre, Susman, Susan Taubes, Toynbee, Voegelin, Weil und White.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9
Burkhard Liebsch: Einleitung: Geschichtskritik nach ›1945‹ und deren gegenwärtige Aktualität 19
Gertrud Koch: Eine Art geschichtlicher Atempause. Theodor W. Adornos »Negative Dialektik« und die Unmöglichkeit einer Geschichtsphilosophie ohne Geschichtsschreibung 53
Michael Mayer: Die Illegitimität der Neuzeit. Giorgio Agamben liest Walter Benjamin 65
Ryan Crawford: Chroniken einer Philosophie der Auslöschung: Swetlana Alexijewitsch 84
Ryan Crawford: Die ausgebliebene Revolution: Jean Améry 99
Bernhard H. F Taureck: Die Absolutheit der Atombombe. Folgerungen aus der Diagnose von Günther Anders 121
Liliane Weissberg: Zwischen Deutschland und Afrika: Hannah Arendt 135
Burkhard Liebsch: Von der Rechtfertigung der Neuzeit zur Frage nach einer bewohnbaren Welt: Hans Blumenberg 152
Ryan Crawford: Experimente der Antiutopie: E. M. Cioran 167
Micha Brumlik: Gottes Gegenwart in der Geschichte und die weisende Stimme von Auschwitz: Emil Fackenheim 186
Michael Sonntag: Die gegenwärtigen Vergangenheiten des Wissens: Michel Foucault 196
Emil Angehrn: Zwischen Geschichtsphilosophie und Philosophiegeschichte. Konstellationen historischen Denkens im Werk von Jürgen Habermas 216
Annette Wolf: Literaturgeschichte als Deutung des Bruchs: Käte Hamburger und Erich Auerbach 229
Gabriel Motzkin: Heidegger and the significance of history 243
Burkhard Liebsch: Gegen ursprungs- und ziellose Geschichte: Karl Jaspers 251
Inka Sauter: Konfliktlinien: Hanno Kesting 265
Stefan-Ludwig Hoffmann: Von der Geschichte zur Theorie: Reinhart Kosellecks Historik 279
Jakub Sirovátka: Gerechtigkeit als der letzte Sinn der Geschichte. Zum eschatologischen Geschichtsverständnis von Emmanuel Levinas 293
Burkhard Liebsch: Auskehr aus ›heilloser‹ Weltgeschichte? Karl Löwith 304
Werner Stegmaier: Zufälle und Zuschreibungen: Niklas Luhmann 317
Andreas Herberg-Rothe: Das Ende von Moderne und Postmoderne – von der Grenze der Hegelkritik: Jean-François Lyotard 333
Ulrich Plass: »Keine Angst vor der Utopie« Herbert Marcuses geschichtskritischer Eigensinn 356
Wolfgang Knöbl: Abkehr von der totalisierenden Geschichtsbetrachtung Maurice Merleau-Pontys Denkbewegungen 373
Elad Lapidot: Die postmoderne Unterbrechung der Geschichte: Jean-Luc Nancy 390
Katerina Koci / Martin Koci: Eine ketzerische Deutung der Geschichtsphilosophie: Jan Patocka 399
Hans-Peter Krüger: Die Ablösung hochkapitalistischer Lebensmacht vom Westen und ihre Aneignung im globalen Osten. Helmuth Plessners strukturelle Problematisierung der Globalgeschichte nach dem Euro-Zentrismus zwischen Diktatur und Demokratie 414
Karl H. Metz Lasst Theorien sterben statt Menschen: Karl R. Popper 440
Burkhard Liebsch: Geschichtlicher ›Sinn‹, Verantwortung und zukunftsweisende Aufgaben – Umrisse von Paul Ricoeurs Lebenswerk im Kontext radikaler Geschichtskritik nach ›1945‹ 454
Erik M. Vogt: Zum Verhältnis von Geschichte und (kommunistischer) Politik: Jean-Paul Sartre – mit einem Blick auf Alain Badiou 477
Elisa Klapheck: Eine moderne Prophetin: Margarete Susman 489
Rachel Pafe: Atheistische Nachkriegsgeschichte der Unterdrückten: Susan Taubes 498
Adelheid Kühne: Arnold J. Toynbees Leben und Werk im Spiegel wissenschaftlicher Auseinandersetzungen 511
Karl H. Metz: Die Suche nach Ordnung in der Geschichte: Eric Voegelin 523
Sandra Lehmann: Ohne Zukunft, ohne Fortschritt. Simone Weils Heterotopie der Arbeit 535
Hasso Spode: Metahistory – Geschichtsschreibung als Poesie: Hayden White 552
Burkhard Liebsch: Epilog: ›Geschichtlich‹ existieren – trotz allem? 567
Zu den Autorinnen und Autoren 585
Namenregister 591