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Gesammelte Aufsätze zur Philosophie
Gesammelte Aufsätze zur Philosophie




Rudolf Eucken

Georg Olms Verlag
EAN: 9783487128955 (ISBN: 3-487-12895-0)
446 Seiten, hardcover, 15 x 22cm, März, 2005

EUR 88,00
alle Angaben ohne Gewähr

Rezension
Der Philosoph und Literaturnobelpreisträger Rudolf Eucken (1846-1926) zählt zu den vergessenen Denkern. Um 1900 sah dieses anders aus, Euckens gehörte zu den bekanntesten Philosophen seiner Zeit. Seine noologische Weltanschauung elaborierte er erstmals in dem 1888 publizierten Werk „Die Einheit des Geisteslebens in Bewusstsein und That der Menschheit“ (vgl. meine Rezension unter www.lbib.de). In seinen weiteren Schriften popularisierte der Philosoph seinen Neoidealismus und avancierte zum Weltanschauungsphilosophen des Bildungsbürgertums der Jahrhundertwende.
Eucken verfasste neben seinen Büchern zahlreiche Aufsätze zu philosophischen Fragen seiner Zeit sowie zur Philosophie- und Begriffsgeschichte. 1903 wurde eine erste Sammlung seiner Abhandlungen unter dem Titel „Gesammelte Aufsätze zur Philosophie und Lebensanschauung“ veröffentlicht. Dieser Sammelband ist zusammen mit dem 1906 in zweiter Auflage erschienenen Buch „Beiträge zur Einführung in die Geschichte der Philosophie“ als zweiter Band 2005 in der von Rainer A. Bast herausgegebenen „GesammeltenWerke“ Rudolf Euckens im Verlag „Olms-Weidmann“ abgedruckt.
Informationen über das philosophische Denken von Nikolaus von Cues, Paracelsus, Kepler, Bayle und Kant lassen sich seinen „Beiträgen zur Einführung in die Geschichte der Philosophie“ entnehmen, die gegenüber der ersten Auflage 1886 mit dem Titel „Beiträge zur Geschichte der neuern Philosophie“ um zwei Aufsätze erweitert wurden. So erfährt man u.a., dass der Ausdruck „Utilitarismus“ von Jeremy Bentham stammt (S. 148II). Euckens Aufsätze sind Zeugnisse des philosophischen Denkens, genauer der Probleme, mit denen sich Intellektuelle um 1900 beschäftigten: „Wohin wir blicken, überall Gegensatz, Zerwerfung, Kampf auf Leben und Tod“(S. 29I), schreibt Eucken in seinem Beitrag „Die innere Bewegung des modernen Lebens“. Diese geistige Krise durch eine neue Lebensanschauung zu bewältigen ist das Anliegen des Jenaer Professors für Philosophie. Bei seinen Würdigungen von Personen der Philosophiegeschihte fällt auf, dass er Immanuel Kant nicht als Vertreter der Aufklärung begreift (vgl. S. 32I) Aufschlussreich für das politische Denkens Euckens ist auch seine 1900 gehaltene „Festrede zur Jahrhundertfeier“, in welcher Bismarcks Sozialgesetzgebung als Aufstiegsmöglichkeit der „niederen Klassen“ gedeutet wird (S. 38I).
Für die Geschichte der Philosophiedidaktik bedeutsam ist Euckens Antwort auf die Frage „Was sollte zur Hebung philosophischer Bildung geschehen ?“ Der Philosoph erblickt den Beitrag philosophischer Bildung darin, angesichts des weltanschaulichen Pluralismus Orientierung im „geistigen Leben“ zu ermöglichen und das logische Denken zu schulen (S. 229). Ausdrücklich tritt er in dem Beitrag des Sammelbandes 1903 für einen eigenständigen zweistündigen Unterricht in philosophischer Propädeutik über einen Zeitraum von zwei Jahren ein (S. 233). Dabei lobt Eucken die Ausführungen des ersten geisteswissenschaftlichen Pädagogen Rudolf Lehmann in seinem Buch „Erziehung und Erzieher“(1901). Die Auseinandersetzung mit den „großen Helden des Denkens“(S. 235) Platon und Kant empfiehlt Eucken nicht zur direkten Übernahme ihrer Systeme, sondern um mittels geistiger Auseinandersetzung mit ihrem Werk ein „gewisses Niveau“ philosophischer Reflexion zu erlangen (S. 236).
Fazit: Dem Verlag „Olms-Weidmann“ kommt das Verdienst zu, Euckens bisher nicht mehr im Buchhandel erhältliche Werke in einer Gesamtausgabe neu aufzulegen. Dabei wird mancher zeitgeschichtliche Schatz gehoben, wie die Aufsätze Euckens zur Philosophie und Philosophiegeschichte im zweiten Band seiner „Gesammelten Werke“ demonstrieren.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Eucken, Rudolf
Gesammelte Werke
Mit einer Einleitung herausgegeben von Rainer A. Bast
Bd. 2: Gesammelte Aufsätze zur Philosophie und Lebensanschauung. Zusammen mit: Beiträge zur Einführung in die Geschichte der Philosophie.
Leipzig 1903 und 2., überarb. Aufl. Leipzig 1906. Reprint: Hildesheim 2005.
446 S.
Leinen
Reihe: HISTORIA SCIENTIARUM
Inhaltsverzeichnis
Gesammelte Aufsätze zur Philosophie und Lebensanschauung
I. Zur Moral und Lebensanschauung
A. Allgemeines
1. Ein Wort zur Ehrenrettung der Moral 1
2. Die moralischen Triebkräfte im Leben der Gegenwart 16
3. Die innere Bewegung des modernen Lebens 27
4. Festrede zur Jahrhundertfeier 35
5. Die Bedeutung der kleineren Nationen 47
B. Auf Persönlichkeiten bezüglich
1. Aristoteles’ Urteil über die Menschen 53
2. Goethe und die Philosophie 65
3. Fichte und die Aufgaben unserer Zeit 85
4. Friedrich Froebel als Vorkaempfer innerer Kultur 97
5. Zur Erinnerung an Immanuel Hermann Fichte 102
6. Runebergs Lebensanschauung 108
7. Moritz Seebeck 116
8. Zur Erinnerung an Karl Steffensen 134
II. Zum religiösen und religionsphilosophischem Probleme
1. Die Stellung der Philosophie zur religiösen Bewegung der Gegenwart 155
2. Der moderne Mensch und die Religion 172
3. Pierre Bayle, der große Skeptiker 186
4. Ein neuer Durchblick der Weltgeschichte 206
Anhang
Was sollte zur Hebung philosphischer Bildung geschehen? 229
Sachregister 239

Beiträge zur Einführung in die Geschichte der Philosophie
I. Forschungen zur älteren deutschen Philosophie
Vorbemerkung 1
1. Nikolaus von Cues als Bahnbrecher neuer Ideen 2
2. Paracelsus Lehren von der Entwickelung 22
3. Kepler als Philosoph 38
Rückblick 53
II. Zur kantischen Philosophie
1. Über Bilder und Gleichnisse bei Kant 55
2. Bayle und Kant. Eine Studie 82
III. Zur Erinnerung an Adolf Trendelenburg 111
IV. Parteien und Parteinamen in der Philosophie
1. Über philosophische Parteien 126
2. Zur Geschichte der Parteinamen 142
V. Gedanken und Anregungen zur Geschichte der Philosophie
1. Prinzipielle Erwägungen 157
2. Nebenaufgaben der Forschung 170
3. Zur Geschichte der Philosophie im alten Jena 182
Sachregister 193
Verzeichnis der behandelten Parteinamen 196