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Friedens- und Konfliktethik Ein Grundriss
Friedens- und Konfliktethik
Ein Grundriss




Marco Schrage

UTB , Barbara Budrich
EAN: 9783825259358 (ISBN: 3-8252-5935-8)
252 Seiten, paperback, 17 x 24cm, September, 2022

EUR 24,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Wann ist Gewaltlosigkeit richtig und wann ist es zulässig oder sogar geboten, mit Gegengewalt zu reagieren? Welche Maßstäbe gelten für das Anwenden legitimer Gegengewalt? Diese und weitere komplizierte Fragen zum Thema Frieden und bewaffneter Konflikt werden in diesem Buch aus ethischer Sicht unter besonderer Berücksichtigung der christlichen Tradition diskutiert. Der Autor behandelt dabei zum einen die sozialethischen Grundlagen und führt historisch an das Thema heran, zum anderen skizziert er eine gegenwärtige Konzeption von Friedens- und Konfliktethik im Bereich der politischen Ethik und den Umgang mit ethischen Herausforderungen. Er stellt damit das erste kompakte Lehrbuch zur Friedens- und Konfliktethik vor - in einer Zeit, in der dieses Thema wieder eine zunehmende Bedeutung hat.

Dr. theol. Marco Schrage, Projektleiter, Institut für Theologie und Frieden, Hamburg unter Mitarbeit von Daniel Peters, Heinz-Gerhard Justenhoven und Bernhard Koch.
Rezension
Mit dem brutalen Angriffskrieg Putins auf die Ukraine ist mitten in Europa wieder etwas in den Fokus gerückt, das länger als vergessen und kaum mehr vorstellbar erschien: Krieg und damit verbunden die Friedens- und Konfliktethik, die den klassischen und historisch ältesten Bereich innerhalb der gegenwärtigen Ethik der Internationalen Beziehungen darstellt, die sich heute wesentlich in ihren drei Hauptfeldern bewaffnete Konflikte und Friedensordnung, Elendsbekämpfung und Entwicklungsförderung sowie Flucht und geordnete Migration mit vielfältigen Fragen politischer wie sozialer Gerechtigkeit auseinandersetzt. Im ersten Hauptteil beginnt der Band mit ethischen und sozialethischen Grundlagen. Dann folgt der zweite Hauptteil mit einem diachroner Anweg, einem geschichtlichen Herangehen. Der dritte Hauptteil bietet einen synchronen Zugang, eine systematische Skizze dessen, was heutzutage eine Konzeption für Friedens- und Konfliktethik sein kann. Am Schluss steht im vierten Hauptteil der Umgang mit exemplarischen Herausforderungen: Wann ist Gewaltlosigkeit richtig und wann ist es zulässig oder sogar geboten, mit Gegengewalt zu reagieren? Welche Maßstäbe gelten für das Anwenden legitimer Gegengewalt? Das sind komplizierte Fragen, die am besten einzelnen Problemfällen exemplarisch erörtert werden können.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

Erster Hauptteil. Voraussetzungen – eine orientierende Verortung 11

1 Ethische Grundlagen 11
1.1 Moral – Ethos – Ethik 11
1.2 Grundlegende Weichenstellungen 11
1.2.1 Nicht-Kognitivismus – Kognitivismus 11
1.2.2 Relativismus – Absolutismus 15
1.3 Metaethik – deskriptive Ethik – normative Ethik 15
1.4 Verschiedene Typen normativer Ethik 17
1.4.1 Strebensethiken – Sollensethiken 17
1.4.2 Verfahrensethiken – Prinzipienethiken 18
1.5 Komplementäre Zugänge 22
1.5.1 Teleologisches, deontologisches und hermeneutisches Normbegründungsprinzip 22
1.5.2 Vorsatz – Norm(en) – Folge(n) – Haltung(en) 25
1.6 Wichtige Ergänzungen 30
1.6.1 Handeln durch Tun – Handeln durch Unterlassen 30
1.6.2 Prinzip der Doppelwirkung 32
1.6.3 Teleologische Vorzugsregeln 35
1.7 Übungsfall 36
2 Sozialethische Grundlagen 37
2.1 Gutes Leben – gerechtes Zusammenleben 37
2.2 Grundbegriffe 41
2.2.1 Personenprinzip 41
2.2.2 Freiheit und anthropologische Gleichheit 45
2.2.3 Gerechtigkeit 48
2.2.4 Solidaritätsprinzip 51
2.2.5 Subsidiaritätsprinzip 52
2.2.6 Gemeinwohlprinzip 54
2.3 Politische Ethik – Wirtschaftsethik – Gesellschaftsethik 55

Zweiter Hauptteil. Diachroner Anweg – Etappen der Entwicklung 57

3 Paradigmenwechsel in der Friedens- und Konfliktethik 57
3.1 Das naturrechtlich-christliche Verständnis 57
3.2 Das positivrechtlich-formale Verständnis 58
3.3 Das normativ-elementare Verständnis 59
4 Gerechtigkeitsgeleitetheit statt Hab- und Ruhmsucht (Marcus Tullius Cicero) 61
5 Auf- und Absteigen im Hinblick auf Ordnung, Einheit und Frieden (Aurelius Augustinus) 64
6 Innerchristliche Schutzpflicht (Thomas von Aquin) 68
7 Globale Schutzpflicht (Francisco de Vitoria) 73
8 Allgemeinverbindlich fundiertes Minimalrecht (Hugo Grotius) 78
9 Kriegsüberwindung in freiwilliger Friedensordnung (Immanuel Kant) 84
10 Institutionalisierte und zwangsbewährte Friedensordnung (Luigi Taparelli d’Azeglio) 89
11 Die Ausformung Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts 94
11.1 Die Problemlage 94
11.1.1 Aggressive Konkurrenz 94
11.1.2 Ethische Aushöhlung 94
11.2 Die Friedenskonferenzen 1899 und 1907 96
11.3 Neuansätze nach den Weltkriegen 96

Dritter Hauptteil. Synchroner Zugang – eine systematische Skizze 105

12 Unvermeidbarkeit von Konflikten 105
12.1 Vorüberlegungen 105
12.1.1 Anthropologisches Fundament 105
12.1.2 Weder Pazifismus noch Bellizismus 107
12.2 Konflikte 107
12.2.1 Konfliktarten 107
12.2.2 Umgangsformen mit Konflikten 108
13 Parameter eines gerechten Friedens 111
13.1 Das Leitbild des gerechten Friedens 111
13.2 Ein Koordinatensystem als erster Zugang 112
13.2.1 Zusammengehörigkeit von inner- und zwischenstaatlichem Bereich 112
13.2.2 Negativer und positiver Friede 112
13.2.3 Ein Acht-Stufen-Modell 113
13.3 Vier formale Kriterien des Friedensbildens 117
13.4 Vier interdependente Säulen als materiale Kriterien des gerechten Friedens 118
13.4.1 Menschenrechte und Armutsbekämpfung (1. Säule) 119
13.4.2 Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (2. Säule) 120
13.4.3 Wirtschaftsbeziehungen (3. Säule) 121
13.4.4 Kooperation und rechtsförmige Konfliktlösung (4. Säule) 123
13.4.5 Synopse 126
14 Selbstreflexive Vorbeugung bewaffneter Konflikte 128
Daniel Peters
14.1 Empirischer Überblick über das globale Konfliktgeschehen 129
14.2 Theorien über die Entstehung gewaltsamer Konflikte 131
14.2.1 Ethnische Erklärungsansätze 131
14.2.2 Ökonomische Erklärungsansätze 132
14.2.3 Strukturelle Erklärungsansätze 134
14.3 Handlungsoptionen selbstreflexiver Konfliktvorbeugung 137
14.3.1 Maßnahmen der direkten Konfliktprävention 138
14.3.2 Strukturelle Konfliktprävention I: Staatliche Ebene 139
14.3.3 Strukturelle Konfliktprävention II: Globale Ebene 141
15 Ius ad bellum / Ius in bello / Ius ex bello 144
15.1 Gewaltlegitimationskriterien 144
15.2 Ius ad bellum 145
15.3 Ius in bello 149
15.4 Ius ex bello 150
16 Nachsorge bewaffneter Konflikte durch statebuilding als Thema der Friedensethik 153
Heinz-Gerhard Justenhoven
16.1 Gesellschaft – Recht – Institutionen 155
16.2 Das Dilemma des externen statebuilding 158
16.3 Konzept des liberalen statebuilding in Afghanistan 159
16.4 Statebuilding ohne gesellschaftliche Verwurzelung 160
16.5 Import leerer institutioneller Hüllen 160
16.6 Mangelnde Kohärenz und partikulare Interessen der externen Akteure 162
16.7 Widerstand gegen externes statebuilding 163
16.8 Friedensethisches Fazit 164

Vierter Hauptteil. Umgang mit exemplarischen Herausforderungen 166

17 Nukleare Abschreckung 166
17.1 Einleitung 166
17.2 Das ‚Ob‘ der Abschreckung 167
17.3 Das ‚Wie‘ der Abschreckung 169
17.4 Kooperative Lösungsversuche 170
17.5 Verschiebungen nach dem Kalten Krieg 170
17.6 Schlussreflexion 175
18 Militärische Intervention zu humanitären Zwecken und
Responsibility to Protect 180
18.1 Militärische Intervention zu humanitären Zwecken 180
18.1.1 Beschränkung der Kriegsführungsgründe 180
18.1.2 Normativ rückgebundene Souveränität 180
18.1.3 Nicht-mandatierte militärische Interventionen 183
18.2 Die Responsibility to Protect 186
18.2.1 Der Entstehungsprozess der Responsibility to Protect 186
18.2.2 Die Responsibility to Protect im Überblick 190
18.3 Probleme der Responsibility to Protect 192
19 Die sogenannte ‚Revisionistische Theorie des gerechten Krieges‘ 196
Bernhard Koch
19.1 Michael Walzer und die „Theorie des gerechten Krieges“ 196
19.2 Die ‚moralische Gleichstellung‘ der Kombattanten/Kombattantinnen 197
19.3 Die These der moralischen Asymmetrie 198
19.4 Kollektive Gewalt 200
19.5 Individualismus versus Kollektivismus 201
19.6 Totalisierung des Krieges? 202
19.7 Weiterentwicklungen 203
19.8 ‚Revisionistische‘ Kriegsgründe 205
19.9 Staatliche und nicht-staatliche Konfliktparteien 206
19.10 Theoretischer Anspruch und moralische Lebenswirklichkeit 207
20 Operationell autonome Waffensysteme 209
20.1 Einordnende Überlegungen 209
20.1.1 Vorbemerkungen 209
20.1.2 Die zentralen Fragen 209
20.2 Teleologische Argumentation 212
20.3 Drei ethische Argumentationen im engeren Sinn 213
20.3.1 Einstiegsreflexion 213
20.3.2 Geltendes Recht als ethischer Wert 214
20.3.3 Töten durch operationell autonome Waffensysteme 217
20.3.4 Die Würde des Menschen 219

Schluss 222

Anhang. Fallbeispiel Intervention in Libyen 227

A.1 Der inner- und zwischenstaatliche Konflikt 227
A.2 Die multilaterale Intervention 229
A.3 Kriteriengeleitete Bewertung 233

Literaturverzeichnis 240